Exklusiv: Der digitale Brain-Drain bei der Commerzbank

Erst fünf Wochen ist es her, dass Commerzbank-Chef Martin Zielke in einem Interview die digitalen Fähigkeiten seines Instituts in höchsten Tönen lobte: „Wir sind die disruptive Großbank in Deutschland. Und damit haben wir Erfolg“, prahlte der 54-Jährige. Da konnte er noch nicht ahnen, dass er kurz darauf ohne drei seiner wichtigsten Digitalmanager dastehen würde.

Als erstes kam ihm nach Recherchen von „Finanz-Szene.de“ die E-Commerce-Chefin Maren Heiß abhanden. Laut ihres Linkedin-Profils heuerte sie Anfang Oktober bei der Frankfurter Dependance der Schweizer Großbank UBS an. Heiß‘ Abgang wird von Insidern als „inhatlich bedauerlich“, aber „karrieretechnisch normal“ beschrieben. Die Managerin gehörte der Coba über viele Jahre an, wollte sich offenbar verändern. Und: Sie war dann doch „nur“ Abteilungsleiterin. Davon gibt es viele bei der Commerzbank.

Dann aber verabschiedete sich Ende vergangener Woche auch der direkte Vorgesetzte von Maren Heiß – nämlich der Director Directbanking, Ole Franke. Das war ein anderes Kaliber, zumal Franke eine Zeitlang als digitales Vorzeigegesicht der Commerzbank herumgereicht wurde (was auch daher rührte, dass er der Mobilfunkbranche entstammt und also über eine spannende Quereinsteiger-Biografie verfügt).

Innerhalb der Commerzbank kursieren zwei Erklärungen für die Demission. Zum einen war Franke zuletzt dem Bereichsvorstand Ulrich Coenen zugeordnet, der genau wie er selber einst für E-Plus gearbeitet hatte – und der dann, obwohl er deutlich später als Franke zur Commerzbank kam, im vergangenen Jahr dessen Chef wurde. Sprich: Keine ganz einfache Konstellation. Und die zweite Erklärung? Nach Informationen von „Finanz-Szene.de“ hat Franke einen spannenden neuen Job sicher, offenbar wieder in der Finanzbranche. So kam es, dass die Commerzbank den Manager, nachdem der zunächst gekündigt hatte, kurzentschlossen freistellte.

Auch das war allerdings noch nicht alles. Denn parallel zu Franke ging dem Bereichsvorstand Coenen noch ein weiterer seiner Topmanager von der Stange, nämlich Julian Mattes, der „Director Payments & Deposits“. Letzter Arbeitstag: 6. Oktober, exakt wie bei Franke. Auch Mattes hatte offenbar gekündigt und wurde daraufhin freigestellt. Bei seinem neuem Arbeitgeber soll es sich nach Informationen von „Finanz-Szene.de“ um den Venture-Capital-Fonds „Digital + Partners“ handeln, was insofern schlüssig klingt, als Mattes ein früherer McKinsey-Mann ist – und hinter „Digital + Partners“ auch ein paar Ex-Meckies stehen.

Alles in allem ergibt sich damit das Bild einer „disruptiven Großbank“, die zuletzt so ein bisschen sich selbst disruptierte. Denn, zur Erinnerung: Neulich wurde ja auch schon der Abschied von Christian Hoppe verkündet, als Gründer des hauseigenen Startup-Investor „Main Incubator“ auch so ein digitaler Hoffnungsträger, den die Commerzbank gern öffentlich vorzeigte. Und – zuvor hatte auch schon Hoppes Mit-Geschäftsführerin Birgit Storz die Frankfurter Großbank verlassen.

Daneben gab es  beim „Main Incubator“ offenbar noch einen weiteren hochrangigen Abgang, der bislang aber unbeachtet blieb – nämlich den des Investmentmanager Carsten Maybach. Der war an fast allen größeren Deals des „Main Incubators“ beteiligt, vom Dokumenten-Startup Gini über das Payment-Fintech Optiopay bis hin zum Buchhaltungs-Spezialisten Candis. Dann jedoch verließ er die Commerzbank und heuerte er beim Fintech-Investor Alstin an.

Angesichts dieses digitalen Brain Drains ist bemerkenswert, dass die Commerzbank einen prominenten Neuzugang, den sie jüngst getätigt hat, nicht öffentlich kommuniziert hat. Gleich zwei Insider berichten nämlich gegenüber „Finanz-Szene.de“, dass der Fintech-Promi Dominik Steinkühler, Ex-Chef der Samwer-Kreditplattform Lendico, jüngst bei der Coba angeheuert habe. „Der läuft auch schon durch die Kantine“, erzählt ein Commerzbanker.

Und ja – wie uns ein Institutssprecher gestern Abend bestätigte, hat Steinkühler zum 1. Oktober angefangen. Er soll die digitale Transformation des Firmenkundengeschäfts verantworten. Übrigens: Nicht nur in der Personalie Steinkühler sieht die Commerzbank einen Beleg dafür, dass eben nicht nur gute Digitalleute gehen – sondern auch welche kommen. So verpflichtete das Frankfurter Institut vor wenigen Monaten – auch dies blieb öffentlich weitgehend unbeachtet – den früheren Google-Manager Kerem Tomak. Er leitet jetzt den Konzernbereich „Big Data & Advanced Analytics“

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