von Christian Kirchner und Bernd Neubacher, 31. Januar 2025
In unserem Makro-Ticker behalten wir alle volkswirtschaftlichen und politischen Oberthemen im Blick, die das Geschäft unserer Banken und Fintechs beeinflussen.
Hier der Ticker von November 2024 bis Januar 2025:
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Der Markt für Unternehmenskredite kommt trotz sinkender Zinsen nicht in Schwung: Wie aus dem gestern veröffentlichten „Bank Lending Survey“ (sprich der vierteljährlichen Bundesbank-Umfrage) für das vierte Quartal hervorgeht, fiel die Darlehensnachfrage schwächer aus als erwartet – auch wenn im Vergleich zum Vorquartal ein minimaler Aufwärtstrend zu konstatieren war. Auch für die kommenden drei Monate rechnen die Banken mit einer schwachen Nachfrage.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Kreditbedingungen restriktiver werden. Laut „Bank Lending Suervy“ fordern die Banken umfangreichere Sicherheiten, legen bei den Zusatz- und Nebenvereinbarungen strengere Maßstäbe an und preisen höhere Margen ein. Das habe nicht zuletzt mit der steigenden Risikovorsorge zu tun. Und damit, dass die Umsetzung der Basel-III-Vorgaben die risikogewichteten Aktiva steigen lassen dürfte, was eine weitere Straffung der Vergaberichtlinien erfordern könnte.
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Sinkender Bestand trotz steigenden Neugeschäfts – kippen jetzt die Kreditbücher?
Wieder einiges los am Finanzplatz Zürich: Während die UBS hunderte Jobs streicht, zieht sich bei Julius Bär (genau, das waren die mit dem Benko-Exposure) der Verwaltungsratschef Romeo Lacher zurück. BB/Wiwo (UBS); HB/MSN (Bär)
Der helle Wahnsinn, was da draußen gerade passiert. Da will die DZ Bank also die Commerzbank übernehmen, während am Freitag nun auch noch die LBBW ein Übernahmeangebot für die BayernLB abgegeben hat. Keine Frage, die Konsolidierung am deutschen Bankenmarkt nimmt jetzt so richtig Fahr … – ach nein, upps, Entschuldigung: Wir haben uns versehentlich in der Spalte vertan. Es ist ja gar nicht der deutsche Bankenmarkt, auf dem die Nummer zwei gemessen an der Bilanzsumme die Nummer vier übernehmen will und die Nummer sechs die Nummer acht. Sondern es ist, wie Sie richtigerweise gleich bemerkt haben, liebe Leserinnen und Leser: der italienische. Erst der Griff der Unicredit nach der Banco BPM. Und nun also auch noch der Griff der Banca Monte dei Pasci nach der Mediobanca. Gut 13 Mrd. Euro bietet die einstige Skandalbank aus dem schönen Siena für die Rivalin aus der Finanz-Kapitale Mailand. Südlich der Alpen nimmt die Konsolidierung also jetzt tatsächlich Fahrt auf. Und hierzulande? Nun, der deutsche und der italienische Bankenmarkt sind natürlich nur bedingt miteinander vergleichbar. Das erkennt man schon daran, dass es sich bei der deutschen Nummer zwei um ein genossenschaftliches Spitzeninstitut, bei der Nummer vier hingegen um einen Zwitter aus Privat- und Staatsbank handelt (und die Nummer drei ist sogar eine waschechte Staatsbank). Oder anders: Hierzulande gibt es überhaupt nur zwei börsennotierte Banken mit einer Marktkapitalisierung von >5 Mrd. Euro – in Italien sind es deren acht. Würde die DZ Bank die Commerzbank übernehmen wollen, könnte sie zumindest schon mal nicht in Aktien bezahlen. Und würde die Commerzbank anstreben (wie ihr im Herbst von Beratern angeblich souffliert wurde), einen mittelgroßen deutschen Wettbewerber zu akquirieren, dann bliebe ihr, würde sie in Aktien bezahlen wollen, eigentlich nur die Deutsche Pfandbriefbank. Es ist halt alles nicht so leicht auf dem deutschen Bankenmarkt. Ganz allgemein gesprochen. Aber auch speziell, was das Thema Konsolidierung angeht. Bleibt hierzulande also alles so zerklüftet wie es ist? Nicht unbedingt! Hier entlang: FS Premium
Starke Indizien für Jahresend-Rally in der privaten Baufinanzierung
Banken zahlen erstmals >200 Mio. Euro für die Bafin – Gesamtetat steigt wieder an
Die DAI-Zahlen mögen rätselhaft sein – ein Schock für die Banken sind sie trotzdem
Fast 7.000 (!) Konten – doch was kann das neue Bafin-Vergleichsportal wirklich?
Da letztes Jahr in der deutschen Finanzbranche ja viel diskutiert wurde über Work-Life-Balance, Homeoffice, Workation und solche Themen, wollen wir das neue Jahr einfach mal mit einer diesbezüglich frohen Botschaft beginnen: Liebe Bankvorstände und Fintech-Manager – wenigstens Ihre Consultants sind auch weiterhin umfassend leistungsbereit! So lieferten die 25 Beraterinnen und Berater, die wir um einen Beitrag für unseren traditionellen Berater-Ausblick gebeten hatten, nicht nur allesamt brav ihre Texte ab. Sondern: Der letzte noch ausstehende Beitrag erreichte uns allen Ernstes am 26. Dezember, einem Tag, an dem selbst wir die Arbeit schon fast eingestellt hatten. Das nennen wir mal Einsatz! Und so hatten wir also so pünktlich wie noch nie wirklich alle Texte für unseren Berater-Ausblick beisammen, wobei natürlich dieselben Regeln galten wie in den vergangenen Jahren auch: Erklären Sie auf maximal 2.025 Zeichen (okay, letztes Jahr waren es 2.024), welches Thema die deutschen Banken und Fintechs im Geschäftsjahr 2025 besonders umtreiben wird. Kurzum: Auch diesmal ist ein hochspannendes Sammelsurium kleiner und großer Thesen zusammengekommen. Etwa, welches Szenario die deutsche Banken bis 2026 kumulativ 300bps ihrer CET1-Quote kosten könnte. Wie die Institute es schaffen, ihre Eigenkapital-Rendite mittelfristig um bis zu 8 Ppt. zu erhöhen. Und wieso die Kosten (jetzt aber wirklich!) von nun an um 5% pro Jahr runter müssen. Weitere Takes zu galten zum Beispiel der „Instant Payments“-Pflicht, der EPI-Wallet „Wero“ sowie dem endlosen Kampf der Regionalbanken, ihre Kunden zumindest mal fürs Online-Banking zu gewinnen. Und sonst so? Klar, jede Menge KI, KI, KI! Allen Autorinnen und Autoren ein herzlicher Dank fürs Mitmachen – und los geht’s: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Die Erholung in der privaten Baufinanzierung setzt sich fort. Laut neuesten Bundesbank-Daten reichten Banken und Sparkassen im November frische Kredite im Umfang von 17,7 Mrd. Euro aus. Das entsprach annähernd dem Niveau des Vormonats, bedeutete ein sattes Plus (32%) verglichen mit dem November 2023 – und war der drittbeste Monatswert überhaupt seit dem Baufi-Crash vor zweieinhalb Jahren.
Bemerkenswert an den neuen Zahlen ist vor allem, dass sich der Aufschwung ein Stück weit vom Zinsverfall zu entkoppeln scheint. So haben die für das Baugeld entscheidenden mittelfristigen Zinsen seit dem Sommer kaum noch nachgegeben, die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen pendelt seit Monaten relativ konstant zwischen 2,1% und 2,4% (was bei der typischen Baufinanzierung mit zehnjähriger Zinsbindung eine Verzinsung von etwa 3% nach sich zieht). Sollte sich das Baufi-Geschäft tatsächlich auch ohne die für die nächsten Monate erwarteten EZB-Zinssenkungen stabilisieren, wäre das vor allem für Sparkassen und Genossen eine gute Nachricht – siehe unsere Analyse von Montag –> Diese vier Faktoren entscheiden 2025 über die Ertragslage von Banken und Sparkassen.
Pension-Buy-Outs – wie die Finanzbranche auf die Rentenwelle reagiert: Viele Banken, Sparkassen und andere Finanzdienstleiter bekommen den demografischen Wandel bereits in ihren eigenen Büchern zu spüren, nämlich in Form steigender Pensionsansprüche. Wann es strategisch sinnvoll ist, die Bilanz durch einen Pension-Buy-Out zu entlasten: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Der 22. September 2022 war der Tag, an dem der Baufi-Markt crashte. Um 20.25 Uhr veröffentlichte die Hypoport AG (also der zweitgrößte Baugeld-Vermittler der Republik) eine hölzern formulierte Pflichtmitteilung, wonach das zweite Halbjahr „bisher eine sehr schwache Nachfrage in der privaten und institutionellen Immobilienfinanzierung“ gezeigt habe. Konsequenz: „Die derzeitige Jahresprognose wird deutlich verfehlt werden. Da […] nicht prognostizierbar ist, ob die Zurückhaltung […] in der privaten Immobilienfinanzierung bereits im weiteren Jahresverlauf beendet sein wird, setzt der […] Vorstand die Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2022 aus.“ Um es kurz zu machen: Nein, die Zurückhaltung endete damals nicht. Sie war gekommen, um zu bleiben, mehr oder weniger bis heute. Und der Mann, den der Absturz so unmittelbar traf wie niemanden sonst (nämlich Hypoport-Chef Ronald Slabke) – er wundert sich immer noch, wie schnell das damals alles ging. Denn: Eigentlich hatten ihm die historischen Daten gesagt, dass die Zinswende natürlich negative, aber keineswegs verheerende Folgen für den Baufi-Markt haben werde. Weil: Klar, Baugeld würde teurer werden. Aber zugleich, so jedenfalls las Slabke die ihm vorliegenden Zeitreihen, würden Immobilien billiger werden – womit der Markt ein neues Gleichgewicht finden würde. Stattdessen: Blieben Immobilien teuer. Und reagierten potenzielle Käufer geradezu allergisch auf die steigenden Zinsen. Von bis zu 32 Mrd. Euro monatlich stürzte die Neukreditvergabe auf bis zu 12 Mrd. Euro ab. Und erst jetzt, seit dem Spätsommer, scheint sich das Geschäft angesichts der mittlerweile wieder fallenden Zinsen ein wenig zu festigen. Ist es also so, dass ebenjene Zinssensitivität, die das Geschäft vor zwei Jahren einbrechen ließ, jetzt für die Erholung sorgt? Steht der leidgeprüften Branche gar ein neuer (zumindest kleiner) Boom ins Haus? Und was ist eigentlich mit den anderen Schlagwörtern, die Baufi-Menschen gerade umtreiben? Die digitale Immobilienbewertung. Die Instant-Baufinanzierung. Und die (angebliche) Abkehr von der Plattformisierung. Themen genug, um den bekanntermaßen notorisch meinungsfreudigen Hypoport-Chef Slabke in unseren Podcast zu bitten. Auf geht’s: Finanz-Szene (frei zugänglich)
DWS? Amundi! Drei Takes zur möglichen AGI-Übernahme durch die Franzosen
Die Erholung in der privaten Baufinanzierung ist weiterhin intakt. Im Oktober summierte sich das Neugeschäft auf 17,9 Mrd. Euro – ein Plus von 8% zum Vormonat und sogar von 30% verglichen mit dem Vorjahresmonat. Höher war der Wert in diesem Jahr überhaupt nur im Juli (19,5 Mrd. Euro), der allerdings auch zwei Arbeitstage mehr aufwies. Branchenkenner führen die wieder besser laufenden Geschäfte in erster Linie auf die sinkenden Zinsen zurück. So fiel die Rendite auf zehnjährige Bundesanleihen (ein wichtiger Indikator für die Höhe der Bauzinsen) im Oktober zeitweise auf bis zu 2,1% – das waren grob gerechnet bis zu 90 Basispunkte weniger als noch vor einem Jahr. In den Banken geht man angesichts weiter sinkender Zinsen von einem ordentlichen Jahresendgeschäft aus.
Die vier wichtigsten Takes aus dem Finanzstabilitäts-Bericht der Bundesbank
Der ganz große Job-Boom ist zwar ausgeblieben. Zu den Brexit-Gewinnern gehörte Frankfurt aber trotzdem, die „Europe SEs“ und eine (bezogen auf alle Auslandsbanken) explodierte Bilanzsumme von zuletzt 2.400 Mrd. Euro zeugen davon. Indes: Viele Nicht-EU-Banken erwärmen sich längst auch für andere EU-Finanzplätze. J.P. Morgan und Goldman Sachs beispielsweise sind inzwischen in Paris stark vertreten, dasselbe gilt (auf Kosten Düsseldorfs, nicht Frankfurts) bekanntlich für HSBC – und kürzlich erst berichtete „Le Figaro“, dass die UBS Europe im kommenden Jahr zumindest einige Händler vom Main an die Seine verschiffen will. Das aber ist noch nicht alles. Denn: Eine hiesige Auslandsbank verlegt jetzt sogar ihren Sitz von Deutschland ins benachbarte Ausland – wenn auch nicht nach Paris, sondern nach Amsterdam (wo, aber das nur nebenbei, zuletzt ja auch schon die einst in Berlin gestarteten Fintechs Mambu und Modifi ansiedelten). Die Details: FS Premium
Liebe Banker, ein einziger Hinweis zum Wochenende: Es sind die Zinsen, stupid!
Als hätte der gestrige Tag nicht schon genug Unwägbarkeiten gebracht, ist gestern Abend dann also auch noch die Berliner Koalition zerbrochen. Heißt aus Sicht von Banken und Fintechs unter anderem, dass der Ende September lancierte BMF-Entwurf zum „Gesetz zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge“ zur Makulatur werden könnte. Besonders für die Neobroker wäre das misslich, schließlich hatten diese sich ja mit einiger Berechtigung (siehe –> Wie Banken und vor allem Fintechs von der „Riester-Alternative“ profitieren) am allermeisten von den Lindner-Plänen versprochen. Wobei: Wenn irgendwer in unserer Leserschaft gestern dann doch einen „Händereib-Tag“ hatte, dann die Jungs und Mädels von den Neobrokern. So summierten sich die Handelsumsätze an der LS Exchange (das ist der Marktplatz, über den Trade Republic seinen Handel abwickelt) bis zum Abend auf irrwitzige knapp 1,3 Mrd. Euro. So weit für uns nachvollziehbar ein neues Allzeithoch.
Donald Trump, die deutschen Banken – und 56-Mrd.-Boost für Berliner Digitalbank
Sämtliche Makro-News aus September und Oktober 2024
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