von Ralf Hesse*, 11. Dezember 2024
Ähnlich, wie die Jungfrau niemals von allein zum Kinde kam, ist auch die Bezahlmethode „Click to Pay“ nicht einfach vom Himmel gefallen. Um das Feature-Set, den Anwenderkreis, aber auch die Zukunft dieser Bezahlmethode ein wenig besser zu verstehen, lohnt sich der Blick in die Vergangenheit.
Seien Sie versichert, hier wird keine neue Evolutionstheorie aufgestellt und auch die prähistorischen Zeitalter werden nicht neu sortiert. Wir wollen nur einmal aufzeigen, wie sich diese Zahlart entwickelt hat und vielleicht weiter entwickeln könnte.
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Zahlungen im E-Commerce auszulösen, das geht mittlerweile einem jeden von uns leicht von der Hand. Aber Zahlungen durchzuführen, ohne dabei direkte Zahlungsmittel-bezogene Angaben (wie z.B. die Kreditkartennummer oder den eigenen Namen) machen zu müssen, das ist schon nicht mehr eine Alltäglichkeit für jeden von uns. Möglich machen das die sog. „Wallet-basierten“ Bezahlmethoden, wo real existierende Bezahlmittel (Kreditkarte, Debitkarte, girocard, etc.) hinter einem fiktiven Kürzel (meist E-Mail-Adresse) gespeichert werden. Wenngleich auch immer mehr Menschen Wallet-Lösungen wie z.B. PayPal nutzen, gibt es dennoch einen potenziellen Markt von Nicht-Wallet-Nutzern.
Und um genau diese „Wallet-losen“ Nutzer mit „bordeigenen“ Mitteln zu fangen (und natürlich auch, um der Konkurrenz nicht den verbleibenden Markt vollständig überlassen zu müssen), haben die Big 5 der Kreditkartenorganisationen (Visa, Mastercard, American Express, Discover, JCB und China Union … und dann sind es dann doch eigentlich sechs) mit ihrem Vehikel EMVCo (die haben seinerzeit auch schon die SCA-Spezifikation im Namen der KKOs eingeführt) ein Tool mit Namen „Click to Pay“ auf den Markt gebracht, welches ähnlich einem Wallet Zahlungsmittel registriert und dann Zahlungen ohne Eingabe der eigentlichen Zahlungsdaten durchführt.
Das heißt konkret, dass der abrechnende Händler gar keine Zahlungsdaten sieht bzw. erfasst, sondern nur das Registrierungskürzel des „Click to Pay“-Benutzers, und erst im “stillen Kämmerlein“ der KKOs wird dann dieses Kürzel mit der vom Nutzer gewählten Zahlungsmethode und den dazugehörigen Anmeldedaten verknüpft.
„Auch nicht wirklich neu“, wird so mancher sagen, aber hier werden die Kreditkartendaten (bzw. die Daten der im Wallet hinterlegten Bezahlmittel) zur Abwicklung der Zahlung erst im hauseigenen KKO-Netzwerk hinzugefügt und nicht bei „irgendwelchen windigen Payment Service Providern“ – ein zusätzlicher Sicherheitsaspekt.
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Es war einmal vor langer, langer Zeit … stop, so lange ist es gar nicht her, dass sich die ersten frühen Lebensformen von Click to Pay zeigten. Nur damals hätte diese Lebenszeichen niemand primär einer Bezahlmethode zugeschrieben. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends haben viele der großen „E-Commerce-Magnaten“ (wie z.B. Otto, Eventim o.a.) darauf gesetzt, die ohnehin schon in ihren Systemen gespeicherten Kundendaten sinnvoller und effektiver zu nutzen. Händler-spezifische Kundenprofile wurden auf Basis der bei den Händlern gespeicherten Einkaufs- und Checkout-Daten erstellt. Daraus resultierte dann die Idee, die ohnehin schon vorhandenen Benutzer-Registrierungen mit einer Bezahlfunktion auszustatten.
So entstanden seinerzeit z.B. Projekte wie „one-click-payment“, was aber damals vielmehr das Kauferlebnis bei nur einem Dienstleister und dort nur bei den registrierten Kunden optimieren sollte. Die Idee war nicht, marktübergreifend eine Optimierung des Zahlverfahrens zu generieren, sondern vielmehr im Vorsprung zum leidigen Wettbewerb das Zahlungserlebnis für die treuen Kunden im eigenen E-Commerce-Shop zu vereinfachen.
Und dennoch sind genau diese Bewegungen Grundstein für eine Bezahlmethode wie Click to Pay oder genereller gesprochen den Wallets, denn diese Überlegungen der damaligen Produktverantwortlichen waren sozusagen der Nährboden für eine marktübergreifende Lösung, die das Bezahlen unabhängig vom Händler direkt adressieren sollte.
In den 2010er Jahren machten sich dann einige Protagonisten des E-Commerce auf den Weg, genau diesen zuvor beschriebenen (und eigentlich längst überfälligen) Evolutionsschritt anzugehen: raus aus der Händlerfokussierung und rein in die Zahlungsfokussierung. Ebay hat diesen Schritt mit der PayPal-Übernahme Anfang des Jahrtausends schon frühzeitig vorbereitet und verschaffte dem so erworbenen Partner – damals noch ein Zahlungsmittel unter vielen – Zutritt quasi „über Nacht“ zu einem Millionenpublikum, ohne das PayPal vermutlich niemals seine heutige Marktstellung (zumindest auf dem deutschen Markt) hätte ausbauen können.
Apple ist mit seiner ApplePay-Lösung ein weiteres erfolgreiches Evolutions-Beispiel, wobei Apple ja ApplePay selbst nur als einen Baustein in seiner viel größeren Evolutions-Strategie sieht. Und dennoch folgt es der gleichen Strategie: Ich bringe den Endkundenkontakt und du – liebes Zahlmittel – skalierst meine Transaktionen (ergo: meine Umsätze). Bei welchen Händlern ApplePay zum Einsatz kommt, ist der Bezahlmechanik (und mittlerweile auch dem ApplePay-Benutzer) reichlich egal.
Einmal abgesehen von der Tatsache, dass mit diesem Evolutionsschritt (die Fokussierung vom Händler zum Bezahlmittel) auch beim jeweiligen Händler ein breiteres Publikum adressiert werden konnte, so war diese Entwicklung folgerichtig auch ein höherer Anreiz für Payment Service Provider und Netzbetreiber, diese „neuen“ Bezahlmethoden in ihr Portfolio mit aufzunehmen. Denn wo keine Henne, da kein Ei – und das Problem ist uns allen ja bekannt.
Click to Pay erblickte offiziell 2020 das Licht der Welt. Seitdem vermarkten die KKOs diese Bezahlmethode unter ihrem jeweils eigenem Label. Mit der token-basierten Bezahlmethode wollen sich die KKOs ihren Anteil am Kuchen der wallet-basierten Zahlarten sichern. Das ist sicher nicht so leicht, wie das seinerzeit die Produktverantwortlichen der KKOs konzipiert haben. Denn ein einigermaßen an Wallet-Lösungen gesättigter Markt ist schwer von neuen Bezahlmethoden zu begeistern.
Die Idee der KKOs war aber seinerzeit, nicht nur ein wallet-ähnliches Produkt zu veröffentlichen, sondern vielmehr auch Händlern einen Anreiz zur bevorzugten Nutzung von Click to Pay mit an die Hand zu geben. Und genau hier kommt der token-basierte Ansatz ins Spiel, bei welchem Händler keine konkreten Zahldaten Ihrer Kunden abfragen müssen (das steckt alles in dem Token und kann nur durch die KKO entschlüsselt werden). Dieses Verfahren sollte die Händler in die komfortable Lage bringen, die mitunter sehr großen Aufwände der PCI-Compliance maximal zu minimieren. Wie gesagt, ein wirklich guter Ansatz für Händler, der auch noch einen zusätzlichen Sicherheitsaspekt mit sich bringt im Vergleich zu „kommerziellen Wallets“, deren Datenverwaltung „nur“ einer privatwirtschaftlichen Ordnung unterliegt und eben nicht der „seligmachenden“ Datensicherheit der großen Kreditkartenorganisationen.
Dummerweise entscheidet aber der Händler sich nur für einen „neuen Besen“ im Sortiment, wenn dieser gut kehrt – also auch durch Kunden angewandt wird. Und da sind wir dann wieder im altbekannten „Henne-Ei-Problem“, welches schon so manches Bezahlverfahren Kopf und Kragen gekostet hat.
Das eigentliche Asset von Click to Pay ist aber nicht die „erhöhte Datensicherheit“, sondern vielmehr die Technik im Inneren, nämlich das Tokenization-Verfahren der Schemes. Dieses erlaubt nämlich, Transaktionsabläufe mit Hilfe der Scheme-Tokens über verschiedene Payment-Dienstleister hinweg zu realisieren (das ist besonders im Travel-Segment sehr wichtig). Und genau das kann keines der privat-wirtschaftlich betriebenen Wallets – zumindest nicht ohne Kooperation mit der jeweils dritten Partei.
Ob und inwieweit sich also Click to Pay auch unter Beobachtung der sich parallel entwickelnden Bezahlmethoden (EPI, girocard 4.0, D-Euro, Crypto-Währungen etc.) weiter in den Vordergrund drängen wird, hängt stark von der Akzeptanzseite ab. Die Schemes müssen es also schaffen, Händler flächendeckend von diesem neuen Bezahlmittel zu überzeugen, und das bedingt maßgeblich eine technische Bereitstellung durch Payment Service Provider und Netzbetreiber. Deren Hang zu neuen Zahlmethoden ist bekannterweise eher zurückhaltend, da diese eher etablierte Bezahlverfahren in ihrem Portfolio fördern. Und zu einer etablierten Bezahlmethode kann Click to Pay nur werden, wenn die Marketingmaßnahmen der Schemes die zuvor erläuterten Vorteile plakativ und omnipräsent an den Endkunden herantragen.
Wallets – Stand heute – haben immer noch ein gewisses Geschmäckle, was die Datensicherheit der in den Wallets hinterlegten Bezahldaten angeht. Das schwindet zwar zusehends, aber genau diese Barriere aus den Köpfen der Nicht-Wallet-Nutzer herauszubekommen, ist die Herausforderung an die Produktmanager von Click to Pay. Und hier denken die KKOs, sie haben einen geringfügigen Vorsprung zu PayPal und Co. Wie sie genau diesen „Vorsprung“ in Zukunft ausbauen, hängt entscheidend mit dem Erfolg von Click to Pay zusammen.
*Ralf Hesse ist Manager bei der auf Payment-Themen spezialisierten Unternehmensberatung Osthaven. Mehr zur Zukunft des Zahlverhaltens findet sich in der Osthaven-Studie „Payment 2034 – Die Zukunft des Bezahlens“ (hier direkt zum Download).
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