von Dr. Ivan Monahov*, 28. November 2025
Die Bankenbranche steht unter permanentem Druck: schrumpfende Margen, steigende Regulierung, neue Wettbewerber und ein technologischer Wandel, der kaum noch planbar ist. Fintechs und „Big Techs“ skalieren mit Tempo, während klassische Institute in komplexen Strukturen festhängen. Die entscheidende Frage lautet nicht mehr, ob sich Banken transformieren, sondern wie schnell und steuerbar dieser Wandel gelingt – ohne dabei Risiko und Rentabilität aus den Augen zu verlieren.
Hier entscheidet die Enterprise Architecture über Erfolg oder Stillstand. Sie ist weit mehr als ein technisches Schaubild: Sie bildet das strategische Cockpit, mit dem eine Bank ihr Geschäftsmodell in eine handlungsfähige IT- und Prozesslandschaft übersetzt.
In vielen Häusern wird Enterprise Architecture noch immer als eine Art Inventarliste der Systeme verstanden – statisch, technisch und wenig geschäftsrelevant. Diese Sicht ist überholt. Architektur muss wirken, nicht nur beschreiben. Sie schafft Transparenz über Zusammenhänge, definiert Leitplanken für Entscheidungen und verankert IT als Teil der Gesamtsteuerung.
Sie wirkt auf drei zentrale Steuerungsgrößen: Ertrag, Risiko und Geschwindigkeit.
Große Transformationsprogramme scheitern selten an Technologie, sondern an fehlender Steuerung. Projekte starten ambitioniert, verlieren dann an Richtung und enden in Komplexität. Hier braucht es Architektur, die gestaltet und zugleich kontrolliert. Die verbindliche Standards festlegt, deren Einhaltung prüft und Transparenz darüber schafft, wo Abweichungen notwendig oder riskant sind.
Ein belastbares Enterprise Architecture Management (EAM) ist kein Selbstzweck, sondern ein Governance-Instrument. Es prüft, ob Initiativen zum strategischen Zielbild passen – und es hat die Autorität, Projekte zu stoppen, wenn sie sich außerhalb definierter Leitplanken bewegen. Nur so lässt sich die Balance zwischen Innovationsfreiheit und Stabilität halten.
Die Rolle des Softwarearchitekten verändert sich grundlegend. Er ist kein reiner Systemgestalter mehr, sondern strategischer Übersetzer zwischen Business, IT und Finanzsteuerung. Er muss außerdem verstehen, was das Management – insbesondere der CFO – erwartet. Denn ein CFO denkt in Ergebnissen, Risiken und Effizienz, und Architektur liefert ihm die Grundlage, diese Größen fundiert zu steuern.
Ein CFO, der erkennt, dass Architektur Transparenz über Kosten, Abhängigkeiten und Wertbeiträge schafft, begreift sie nicht mehr nur als Kostenstelle, sondern als Steuerungsinstrument. So werden „Make or Buy“-Entscheidungen, TCO-Analysen oder Effizienzprogramme faktenbasiert – und Transformation planbar.
Wie gravierend fehlende Architektur wirkt, zeigt sich in der Praxis: Wenn eine Bank eine andere übernimmt, werden strategische Entscheidungen oft ohne architektonische Bewertung getroffen. Die Folge: doppelte Systeme, fragmentierte Prozesse und teure Integrationsprojekte.
Eine integrierte Enterprise Architecture kann diesen Prozess steuern – indem sie Zielbilder definiert, Redundanzen identifiziert und Schnittstellen standardisiert. Sie schafft damit den entscheidenden Unterschied zwischen einer kontrollierten Fusion und einem IT-Patchwork, das Millionen kostet.
Viele Häuser formulieren Architektur-Prinzipien, die gut klingen, aber wenig steuern. Begriffe wie „Cloud first“ oder „Microservice only“ sind strategische Schlagworte, doch sie entfalten erst Wirkung, wenn sie in überprüfbare Standards übersetzt werden. Architektur-Prinzipien müssen konkret beantworten, welche Fähigkeiten aufgebaut, welche Systeme ersetzt und welche Risiken akzeptiert werden.
Nur so entstehen handlungsfähige Architekturen. Nicht als Sammlung von Buzzwords, sondern als Steuerungsrahmen, der die Brücke zwischen Technik und Geschäft schlägt.
Die erfolgreichsten Banken nutzen Architektur heute als gemeinsame Sprache im Management. Sie übersetzt strategische Ziele in operative Maßnahmen: Welche Fähigkeiten sind differenzierend, welche standardisierbar? Welche Plattformen tragen zur Profitabilität bei, welche behindern sie?
Damit wird Enterprise Architecture zum Bindeglied zwischen Fachstrategie und technischer Umsetzung. Sie sorgt dafür, dass Technologie kein Selbstzweck ist, sondern konsequent auf das Geschäftsmodell einzahlt.
Enterprise-Architektur ist kein Schaubild, sondern das strategische Cockpit der Bank. Wer sie auf Organigramme oder Buzzwords reduziert, verschenkt ihr Potenzial. Architektur muss steuern – nicht nur Systeme, sondern Ertrag, Risiko und Geschwindigkeit.
Beginnen Sie mit einer klaren Standortbestimmung: Wo steht Ihre Organisation in Bezug auf Architektur, Governance und Transformationsfähigkeit? Ein strukturiertes Assessment schafft Transparenz über Stärken, Schwächen und Prioritäten – die Grundlage für jede strategische Entscheidung.
Darauf folgt der entscheidende Schritt: Bringen Sie externe Perspektiven ins Spiel. Der Austausch mit erfahrenen Architekten und Branchenexperten liefert neben Best Practices auch belastbare Benchmarks für „Make or Buy“-Entscheidungen, Investitionsprioritäten und die Ausgestaltung Ihrer Zielarchitektur.
So entsteht ein klarer Fahrplan: von der Analyse zur Umsetzung, von Kostenkontrolle zu Wertschöpfung. Wer diesen Weg konsequent geht, macht Architektur zum Hebel für Profitabilität, Resilienz und Geschwindigkeit – und sichert die Zukunftsfähigkeit der Bank.
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*Dr. Ivan Monahov ist Bereichsleiter Unternehmensarchitekturmanagement (EAM) und IT-Strategie bei msg for banking. msg for banking gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier.
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