von Heinz-Roger Dohms, 4. August 2018
„Finanz-Szene.de“ macht zwei Wochen Pause und ist am 14. August mit neuen Top-Stories aus der deutschen Banken- und Fintech-Branche wieder für Sie da. Um die Zeit zu überbrücken, „wiederholen“ wir die zehn meistgelesenen Geschichten aus den vergangenen zwölf Monaten. Heute: „Ein deutscher Banker kostet 105.000 Euro – bringt seiner Bank aber nur 38.000 Euro“. Der Artikel erschien am 2. Februar.
Tagelang hat Deutschland über die Milliardenboni bei der Deutschen Bank diskutiert. Doch, wenn man es mal rein betriebswirtschaftlich sieht: Sind wirklich die Spitzensaläre der Investmentbanker das Problem? Oder sind die Personalkosten bei Deutschlands Geldhäusern nicht generell zu hoch? Wobei: Wie hoch sind sie eigentlich?
Um dies herauszufinden, hat sich „Finanz-Szene.de“ im dritten Teil der großen Vergütungsstudie die Personalaufwendungen bei den 30 wichtigsten deutschen Banken vorgeknöpft. Das Ziel lautete, nicht nur die Topverdiener im Investmentbanking, sondern wirklich alle Mitarbeiter zu erfassen, also die Filialmenschen bei der Kölner Sparkasse genauso wie die Spezialbanker bei der Aareal, die Abfindungs-Einheimser bei der HSH Nordbank genauso wie die Pensions-Profiteure bei der BayernLB, die Einstecktuchbanker bei Trinkaus genauso wie die Low-Cost-Kollegen bei der Polen-Tochter der Commerzbank.
Herauskam, vielleicht nicht unbedingt überraschend, aber zum ersten Mal exakt dokumentiert: Deutschlands Banken haben – gemessen an ihrer geringen Ertragskraft – tatsächlich mit hoch anmutenden Kosten für ihre Mitarbeiter zu kämpfen. So summierten sich die Personalaufwendungen bei den 30 untersuchten Geldhäusern 2016 auf exakt 26,935 Milliarden Euro. Verteilt auf die 255.217 Mitarbeiter* dieser Banken ergaben sich damit durchschnittliche Kosten von 105.538 Euro pro Beschäftigtem. Zur Einordnung: Gleichzeitig erwirtschafteten dieselben 30 Banken (wegen der unterschiedlichen Bilanzstandards nur grob gerechnet) rund acht Millarden Euro Vorsteuergewinn, also runtergebrochen auf den einzelnen Beschäftigen gerade einmal rund 38.000 Euro. Wären die Personalkosten also nur zehn Prozent niediger, dann wäre der operative Gewinn gleich mal um knapp 28 Prozent höher.
Erwartungsgemäß zeigt die Untersuchung ein paar spektakuläre Ausreißer nach oben. So ließ sich die Deutschland-Tochter von Goldman Sachs die Dienste ihrer 138 Mitarbeiter hierzulande hübsche 51 Millionen Euro kosten, also 369.565 Euro pro Edelbanker (dieselben Edelbanker erwirtschafteten allerdings auch jeweils gut eine halbe Million Euro Gewinn für ihr Haus!). Auch die Hamburger Berenberg-Bank (durchschnittliche Personalkosten: 152.990 Euro) entlohnte ihre Mitarbeiter offenkundig ausreichend. Trotz dieser Ausreißer sind es allerdings nicht nur die vornehmen Privatbanken und die Deutschland-Dependancen der Wall-Street-Häuser, die deutlich über die 100.000-Euro-Grenze liegen. Die Hypo-Vereinsbank zum Beispiel kam mit ihren knapp 15.000 Beschäftigten auf durchschnittliche Aufwendungen von 113.110 Euro. Bei der Deutschen Bank lagen die Personalkosten je Kopf bei 119.045 Euro – und das obwohl die eingerechneten gut 18.000 Postbanker (77.021 Euro) den Durchschnittswert zumindest ein bisschen dämpften. Auch die beiden Immobilienfinanzierer Aareal (140.489 Euro) und Deutsche Pfandbriefbank (135.850 Euro) sparten eher nicht am Personal.
Klar ist: In den Personalkosten verstecken sich auch einmalige Aufwendungen. So nahm zum Beispiel die BayernLB eine Neubewertung von Rückstellungen schwerpunktmäßig für die Altersvorsorge vor, was zu einem exorbitantan (aber eben nicht dauerhaften) Anstieg der Personalkosten auf 175.482 Euro je Mitarbeiter führte. Ein ähnliches Phänomen zeigte sich bei der Frankfurter Sparkasse, die auf – für eine Filialbank eigentlich viel zu hohe – Durchschnittskosten von 94.671 Euro kommt. Anderen Banken wiederum hatten mit Restrukturierungskosten zu kämpfen – wie zum Beispiel die UBS Deutschland, die zwar zum vierten Mal in Folge rote Zahlen schrieb, aber trotzdem für jeden Beschäftigen durchschnittlich 147.577 Euro aufwendete. Wobei: Auch Einmalkosten sind halt Kosten.
Letzten Endes fragt man sich natürlich, wie erhellend die Rechnungen überhaupt sind. Denn üblicherweise wird bei Banken ja der Gesamtaufwand in Relation zum Ertrag gesetzt, nicht der Personalaufwand in Relation zum Gewinn. Andererseits zeigt der Vergleich, welcher enorme Hebel (zumindest theoretisch) in den Personalkosten liegt. Zumal, so sieht es der frühere S&P-Bankenanalyst Stefan Best: „Es macht durchaus Sinn den Personalaufwand in den Vordergrund zu rücken, da er einen höheren Anteil am Gesamtaufwand hat als der Sachaufwand.“
Gleichwohl gibt Best zu bedenken, dass sich neben der Schlussfolgerung, die Personalkosten seien zu üppig, noch eine weitere Interpretation anbietet: „Am Ende ist es wohl so, dass die vermutlich zu hohen Cost-to-Income-Ratios nicht nur Ausdruck eines Aufwandsproblems, sondern auch eines Ertragsproblems sind. Letzters würde bedeuten, dass Bankdienstleistungen zu billig sind.“
So gesehen liegt es also an den Banken, ihre Kunden zu überzeugen, dass ihre Mitarbeiter die gut 105.000 Euro auch wirklich wert sind.
(*Anm.: Wo immer möglich haben wir in Vollzeit-Äquivalenten gerechnet. 13 Banken wiesen die VZÄ allerdings nichts aus. Bei diesen Instituten sind i.d.R. die Teilzeitkräfte als volle Mitarbeiter eingerechet, so dass der Personalaufwand je Mitarbeiter statistisch etwas geringer ausfällt als er es wäre, wenn man mit den VZÄ rechnen würde)
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