von Christian C. Waldheim*, 2. November 2022
Lange Zeit sah es so aus, als ob sich Banken bei „Buy now, pay later“ (BNPL) mit der Zuschauerrolle begnügen würden. In einem boomenden, weitgehend unregulierten Markt überließen sie es B2C-Fintechs und Bezahldiensten, Gewinne abzuschöpfen. Bis sie schließlich fürchteten, den Kontakt zu den Generationen Y & Z zu verlieren – jungen Kunden, für die digitale Finanzierungslösungen selbstverständlich sind.
Inzwischen haben die Finanzinstitute ihre Einstellung geändert: Bereits 63% der Banken sind heute der Meinung, dass Embedded-Finance-Produkte wie BNPL zu ihrem Geschäftsmodell passen, das ergab eine aktuelle Studie von Credi2. White-Label-Lösungen bieten den Instituten dabei die Möglichkeit, sich auf ihre Kernkompetenzen zu fokussieren und mit Hilfe eines Technologie-Partners schnell und auf unterschiedlichen Wegen in diesen wachstumsstarken Markt einzutreten.
Eine entscheidende Rolle für die veränderte Sichtweise spielt die bevorstehende Regulierung von BNPL-Produkten. Es ist offensichtlich, dass einige B2C-Fintechs bislang teils zu sorglos mit der Bonitätsprüfung umgehen und ihr Geschäftsmodell durch Mahngebühren subventionieren.
Eine strengere EU-Richtlinie für Verbraucherkredite soll künftig dafür sorgen, dass BNPL-Anbieter stärker in die Pflicht genommen werden. Dann müssen B2C-Fintechs zeigen, ob sie die neuen Regeln umsetzen können. Während etablierte Finanzinstitute in der Lage sind, ihre ganze Erfahrung mit den Anforderungen der Regulierung auszuspielen und sich als vertrauenswürdige Marke in einem schnell wachsenden Markt zu positionieren.
Auch die Zinswende spielt den Banken in die Karten. So besitzen einige B2C-Fintechs zwar eine Banklizenz, aber für die von ihnen vergebenen Kredite müssen sie sich das Geld bei anderen Finanzinstituten beschaffen. Jetzt, wo die Zinsen steigen, ist die Refinanzierung der Kredite für diese Anbieter teurer geworden. Banken dagegen haben die liquiden Mittel und können die Zinswende deshalb zu ihrem Vorteil nutzen.
Ein Beispiel ist die Deutsche Bank, die nicht wartet, bis die neuen gesetzlichen Regelungen greifen, sondern schon jetzt mit einer BNPL-Lösung an den Markt kommt, die strengen Bonitätsrichtlinien standhält. Damit können schon bald tausende Online-Händler ihre eigenen flexiblen Bezahllösungen im Check-out des jeweiligen Shops anbieten.
Eine in den Bezahlprozess des Händlers integrierte White-Label-Lösung ist aber nur ein Weg für Banken, um ein BNPL-Produkt anzubieten und auf der Basis der gewonnenen Daten Cross-Selling-Potenziale auszuschöpfen. Eine weitere Möglichkeit bietet sich den Instituten als Kreditkarten-Anbieter.
Unternehmen wie American Express, Visa und Mastercard beobachten seit längerem, wie vor allem junge Menschen ohne Kreditkarte BNPL für größere Anschaffungen nutzen. Um langfristig größeren Umsatz-Einbußen zuvorzukommen, haben diese Unternehmen deshalb ihr Produkt erweitert. In Australien und den USA starteten sie mit BNPL per Kreditkarte. Nun nehmen die etablierten Kreditkarten-Konzerne auch europäische Länder ins Visier. So bietet zum Beispiel ING Italien eine Mastercard mit Teilzahlungsfunktion an, denn wie im klassischen Kreditkartengeschäft arbeiten die Unternehmen auch hier mit externen Banken und Fintechs zusammen.
Während sich Kunden bei einer vom Händler erstellten BNPL-Lösung bereits während des Kaufprozesses für flexible Raten entscheiden müssen, ist die Aufteilung der Kaufsumme bei BNPL für die Kreditkarte im Nachhinein möglich. Der Vorteil an dieser Lösung: Kunden erhalten einen besseren Überblick und können verhindern, dass ihr Konto durch die Abbuchung des gesamten Betrags ins Minus rutscht. In der Regel zieht der Anbieter der Kreditkarte bei einer Teilzahlungsfunktion am Ende des Monats einen vorher festgelegten Anteil der Kaufsumme ab. Die Rückzahlung des restlichen Betrags kann flexibel auf mehrere Monate aufgeteilt werden.
Mit einer White-Label-Lösung haben sowohl Banken als auch Kartenanbieter die Chance, bestehenden Kreditkarten-Kunden wie auch Neukunden zeitnah eine Teilzahlungsoption anzubieten und die Karten-Nutzung mit Bonusprogrammen zu verknüpfen.
Ob beim Händler oder auf der Kreditkarte: Bei beiden White-Label-Lösungen bleiben die Institute sichtbar – was der Mehrheit der Banken auch beim Geschäft mit BNPL-Produkten wichtig ist.
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Christian C. Waldheim ist Co-CEO beim Absatzfinanzierungs-Spezialisten Credi2, dessen Technologie hinter der BNPL-Lösung der Deutschen Bank steht. Credi2 gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zum Partner-Modell erfahren Sie hier.
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