von Heinz-Roger Dohms, 29. September 2017
Die Postbank hat im Zuge der Gebührenerhöhung im vergangenen Herbst eine wohl beispiellose Abwanderung von Bestandskunden verkraften müssen. Wie Recherchen von „Finanz-Szene.de“ zeigen, verlor das Bonner Geldinstitut binnen zwölf Monaten rund zehn Prozent seiner angestammten Giro-Kunden. Durch die gleichzeitige Akquise von Neukunden konnten die Verluste allerdings zum Teil kompensiert werden.
Nach eigenen Angaben verfügte die Postbank Mitte vergangenen Jahres noch über 5,25 Millionen Girokonten. Zwölf Monate später waren es dagegen nur noch „knapp fünf Millionen“, wie dem jüngst veröffentlichten Halbjahresbericht zu entnehmen ist. Netto lag das Minus also bei über 250.000. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass die Postbank im ersten Halbjahr dieses Jahres zugleich 170.000 neue Kunden gewann – mithin büßte die Deutsche-Bank-Tochter in ihrem Bestand mindestens 420.000 Kunden ein. Hinzu kommen die in der zweiten Jahreshälfte 2016 akquirierten Neukunden. Das waren nach früheren Angaben von Vorstandsfrau Susanne Klöß rund 130.000. Daraus ergibt sich insgesamt ein Bruttoverlust von mindestens 550.000 Kunden (wobei diese Zahl neben den Kündigungen naturgemäß auch Sterbefälle beinhaltet).
Finanz-Szene.de untersuchte für die Analyse sämtliche Geschäfts- und Zwischenberichte der Postbank seit Mitte 2015. Dabei zeigte sich, dass die Zahl der Kunden im März 2016 mit 5,3 Millionen ihren Höhepunkt erreichte; selbst unterm Strich hat die Traditionsbank nun also mindestens 300.000 Giro-Kunden weniger als vor 15 Monaten. Das entspricht einem Minus von mehr als fünf Prozent.
Die Postbank hatte die Gebührenerhöhungen Mitte August 2016 angekündigt und zum 1. November umgesetzt. Die Entgelte reichen von 1,90 Euro monatlich für ein reines Online-Konto bis hin zu 9,90 Euro für ein Konto mit diversen Extras. Zwar verlangen inzwischen auch viele andere Banken mehr Geld für die Kontoführung – darunter eine große Zahl an Sparkassen und Volksbanken. Allerdings war die Postbank das erstere größere Geldhaus, das wieder Gebühren einführte, nachdem die Konten zuvor für fast alle Kunden gratis waren.
„Finanz-Szene.de“ legte der Postbank die Berechnungen vor – das Institut widersprach ihnen nicht. Allerdings wies ein Sprecher darauf hin, dass die „rund fünf Millionen Kunden“, die nun mehrheitlich Kontogebühren entrichteten, für die Banken einen anderen Wert hätten als 5,25 Millionen Kunden, die mehrheitlich keine Kontogebühren gezahlt hätten. Bislang hatte die Postbank bestritten, dass es zu Massenkündigungen gekommen sei.
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