von C. Kirchner, B. Neubacher & G. Hädicke, 30. November 2022
In unserem „Groß- und Direktbanken“-Ticker verfolgen wir, was bei Deutsche Bank, Commerzbank, ING Diba usw. los ist.
Hier der Ticker für den November 2022:
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„Herr Utecht, erleben wir gerade das Ende des Baufi-Booms?“ – so lautete Mitte August die Überschrift unseres Podcasts mit Interhyp-Chef Jörg Utecht. Dazu muss man in Erinnerung rufen: Das Fragezeichen hatte zum damaligen Zeitpunkt durchaus noch seine Berechtigung. Denn: Die Zinsen waren zwar kräftig gestiegen, während mancherorts die Preise zu bröckeln begannen und die Konjunktur bereits spürbar schwächelte. Allerdings: Nicht nur Utecht, sondern auch etliche andere Marktteilnehmer gingen seinerzeit noch fest davon aus, dass es in der privaten Baufinanzierung lediglich zu einer Eintrübung kommen würde – nicht aber zu einem Einbruch. Wie die Geschichte weiterging, das ist bekannt. Irgendwann in der zweiten Septemberhälfte knickte das Geschäft in der Wohnimmobilien-Finanzierung regelrecht ein. Und nach allem, was man weiß, hat es sich bis heute nicht wieder stabilisiert. Utecht selber drückte es vor einigen Tagen wie folgt aus: „Käuferinnen und Käufer sind nicht mehr bereit, jeden Preis zu zahlen. Gleichzeitig wollen Verkäuferinnen und Verkäufer ihre Immobilie häufig nicht unter dem gewünschten Preis verkaufen. Eine neue Balance zwischen Angebot und Nachfrage muss sich erst noch einspielen.“ Und nun? Zieht Interhyp – bekanntlich eine Tochter der ING Deutschland und noch vor Hypoport der größte Baufinanzierungs-Vermittler hierzulande – harte Konsequenzen. Hier unsere exklusiven Informationen: FS Premium
Der Mann mit dem Rosshaar-Besen: DWS-Chef Hoops und das Ancien Régime
Der Bund als größter Aktionär besetzt den Aufsichtsrat der Commerzbank nach seinem Gusto: Am Wochenende war ja schon bekannt geworden, dass Ex-Bundesbank-Präsident Jens Weidmann an die AR-Spitze rücken soll. Wie am Donnerstag nun zunächst der „Spiegel“ und dann auch weitere Medien berichteten, hat das Finanzministerium auch die Besetzung der beiden dem Bund zustehenden Aufsichtsposten geregelt. Demnach soll der frühere FDP-Schatzmeister und Ex-Banker Harald Christ anstelle des langjährigen KfW-Managers Frank Czichowski in das Kontrollgremium einziehen. Daneben könnte den Berichten zufolge auch Jutta Dönges weiterhin den Bund im Coba-Aufsichtsrat vertreten – obwohl sie jüngst als Geschäftsführerin der Finanzagentur ausgeschieden war
Deka und DeuBa als Vorreiter: Erste deutsche Banken ziehen ins Metaverse
Es ist eigentlich immer dasselbe. Sobald eine unserer Banken vorprescht (was oft ein bisschen dauert), preschen alle anderen hinterher (was dann meist relativ schnell geht). Das war bei der Abschaffung des kostenlosen Girokontos so. Bei der Einführung des Verwahrentgelts. Bei der Abschaffung desselben. Und erst recht scheint das Prinzip bei Mitarbeiterbelangen aller Art zu gelten. Man denke nur an den Anspruch auf Homeoffice – ein Trend, dem sich am Ende einzig die Querköpfe von Berenberg noch widersetzen mochten. Und nun, Herbst 2022? Die Inflationsprämie! Interessant hierbei: Wie schon vor einigen Monaten bei der Abschaffung des Verwahrentgelts war’s auch diesmal wieder die ING Diba, die flink vorweg marschierte. Binnen 1-2 Wochen taten es ihr dann dermaßen viele Wettbewerber nach, dass sich die Kollegen von „Bloomberg“ sogar veranlasst sahen, eine Art Live-Ticker einzurichten („Diese Banken zahlen Inflationsbonus„), wo mittlerweile vermerkt sind: die Deutsche Bank, die Commerzbank, die KfW, die LBBW, die DKB, die HVB, die HCOB, Hauck Aufhäuser Lampe, die Münchener Hyp, die Haspa, die DZ Bank, die Reisebank, das Bankhaus Metzler, Universal Investment sowie seit dieser Woche auch die Union Investment und M.M. Warburg.
Indes – und hier wird’s nun spannend: So lang die Liste auch mittlerweile sein mag, alle Namen sind noch nicht drauf. Die Helaba zum Beispiel fehlt bislang ebenso wie die NordLB, die Deka ebenso wie Berenberg (das sind sie wieder, unsere Querköpfe), die NRW-Bank ebenso wie alle anderen Landesförderbanken. Und nun??? Der ein oder andere Vorstand hatte vermutlich gehofft, die Angelegenheit einfach aussitzen zu können. Stattdessen steigt nun mit jeder neuen Bank auf der Liste der Druck auf jene Banken, die sich immer noch verweigern. Beispielhaft sei die HSBC Deutschland genannt, bei der sich der Flurfunk bis Ende letzter Woche sicher war (so hören wir jedenfalls), dass keine Prämie fließen würde. Doch nun? Scheint die Sache möglicherweise zu drehen, „wir sind an dem Thema dran, es ist aber noch nicht final“, heißt es auf Anfrage. Um einfach mal eine These rauszuhauen: Letzten Endes wird der Inflationsbonus bei den allermeisten fließen – außer vielleicht bei Berenberg.
Als wir im Mai das geheime Berliner Digitalbank-Projekt von J.P. Morgan enthüllten, da gab’s erstmal noch nicht viel zu sehen – außer: 1.) gut 20 Stellenausschreibungen, die irgendwas mit Girocard und Endkunden-Geschäft nahelegten, siehe hier); und 2.) eine Adresse in einem Friedrichshainer Co-Working-Space. Ein halbes Jahr später wird nun allmählich greifbar, was die J.P. Morgan da eigentlich plant. Und vor allem: Mit wem! Zwar hüllt die größte US-Bank ihr deutsches Retail-Projekt auch weiterhin in klandestines Getue. Im Recruiting allerdings hat die Heimlichtuerei allem Anschein nach nicht geschadet! (okay, wenn so ein 40.000-Abonnenten-Newsletter nun schon zum dritten Mal groß berichtet, hilft das natürlich …). Konkret: Neben einem fluffigem Mission Statement („We believe that engaging, relevant and contextual content is at the heart of personalized customer experiences.“) verfügt J.P. Morgan in Berlin inzwischen auch über eine ganze Reihe namhafter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wobei sich fürs erste drei Muster herausschälen: 1.) Die Amerikaner rekrutieren mit größter Vorliebe bei der Commerzbank – oder genauer, sie holen genau die Leute, die einst für die Coba deren nie verwirklichtes „Corpernicus“-Projekt (alle Hintergründe hier) aufsetzen sollten; 2.) Bei den großen Berliner Fintechs bedient man sich ebenfalls, wobei eine gewisse Krypto-Affinität kein Nachteil zu sein scheint; und 3.) Im höheren Management setzt J.P. Morgan dann aber doch auf altgediente Berliner bzw. Düsseldorfer B2C-Banking-Expertise. Hier der Überblick mit allen Namen, Positionen und Funktionen: FS Premium
Die Commerzbank, ihre ESG-Ziele – und ihre Kaffeekapseln
DWS vollzieht Plattform-Deal – und könnte die Deutsche Bank gen 8% schieben
Als Axel Weber 2011 bei der Bundesbank ausschied – da wurde er bald darauf Verwaltungsratschef der sehr bedeutenden Schweizer Großbank UBS. Und nun? Soll Jens Weidmann also Aufsichtsratschef der nicht ganz so bedeutenden Commerzbank werden (die News vom Wochenende mit allen Details finden Sie hier). Bewusst despektierliche Frage: Spricht nun gegen Weidmann, dass es für ihn nur für die Coba reicht? Antwort: Nun ja, vielleicht spricht es ja auch umgekehrt für die Commerzbank, dass sie zu so einem personellen Coup (wieder) in der Lage ist. Und vielleicht spricht genau das ja sogar den für amtierenden AR-Chef Helmut Gottschalk. Denn, zwei Dinge lassen sich über den 71-Jährigen ja einigermaßen gefahrlos behaupten: 1.) Die Coba steht heute zumindest nicht schlechter da als bei Gottschalks Amtsantritt im Mai 2021 (die Aktie z.B. notiert fast ein Drittel höher); und 2.) Anstelle des jahrelangen personellen Chaos ist fast so etwas wie personelle Kontinuität getreten. Was möglicherweise damit zu tun hat, dass Gottschalk (anders als seine Vorgänger Kohlhaussen, Müller und Schmittmann) ein externer Kandidat war. Und damit, dass er selber bei der Personalauswahl bislang ebenfalls konsequent auf externe Kandidaten setzt (Oliveri del Castillo-Schulz, Schaufler, Mlnarsky). Was freilich auch Teil der Wahrheit ist: In gewisser Weiser stand der Name Gottschalk (Ex-Chef der Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg) stellvertretend für die Verzwergung der Commerzbank. Als dagegen am Samstagabend der Name Weidmann über die Ticker lief, da überkam einen als geneigter Coba-Watcher ein kurzes „Wow“-Gefühl. Gleichwohl, nur zur Erinnerung: Als dieses Gefühl das letzte Mal bei einer Commerzbank-Personalie aufkam (Boekhout, 2019), währte die Liaison nur gut ein Jahr.
Muss der Deutsche-Bank-Vize von Rohr um seinen Job fürchten?
Letzte Woche wurde Christian Ossig eigentlich zurückerwartet. Doch es kam anders. Eine Debatte in Brüssel, an welcher der BdB-Chef nach monatelanger Absenz teilnehmen sollte, wurde kurzfristig abgesagt. So bleibt fürs Erste offen, wann Ossig zurückkehrt. Der Bankenverband will sich auf Anfrage auch weiterhin auf kein konkretes Datum festlegen (siehe hierzu auch schon unser Briefing vom 2. September). In gewisser Weise steht die schwierige Lage rund um den BdB-Hauptgeschäftsführer – der sich von einem im Sommer erlittenen Unfall erholt – stellvertretend für die schwierige Lage, in der sich der Lobby-Verband der privaten Kreditwirtschaft insgesamt befindet. Nach der Pleite der Greensill Bank hatte der BdB sich und dem ihm unterstellten Prüfungsverband (der vom Greensill-Kollaps kalt erwischt worden war) eigentlich einen Neustart verordnet. Einfachere Strukturen. Klarerer Fokus. Frisches Personal. Indes: Was als Reform gedacht war, sieht im Moment eher nach einer einzigen Großbaustelle aus. Führungskräfte kommen und gehen, die Fliehkräfte scheinen zuzunehmen, das Gemurre im Verband (der de facto führungslos ist, weil Ossigs langjähriger Co-Chef Andreas Krautscheid zu Jahresbeginn abserviert worden war) nimmt zu. Die Stimmung? Den Umständen entsprechend. Finanz-Szene hat tief in den BdB hineingehört. Hier das Ergebnis unserer Recherchen, die unter anderem eine Reihe weiterer Abgänge zutage fördern: FS Premium
Nächster Deal wackelt – zieht sich die Coba aus dem Co-Branding zurück?
Die Deutsche Bank hat nun auch die seit drei Jahren notorisch skeptischen Analysten (fast) davon überzeugt, dass sie ihr großes Ziel von 8% Eigenkapitalrendite erreichen wird. Laut der am Mittwoch veröffentlichten Konsens-Schätzung glauben die Research-Abteilungen nun im Schnitt mit 7,8% RoTE im laufenden Jahr. Zum Vergleich: Vor einem Monat hatte die Durchschnitts-Schätzung noch bei 6,6% gelegen und selbst der größte Optimist glaubte nur an 7,4%. Hintergrund: In der neuesten Schätzung konnten die Analysten die Ende Oktober präsentierten, überraschend guten Q3-Zahlen (siehe hier) berücksichtigen – ebenso wie einige flankierende Ausführungen des Managements, die offenbar positiv ankamen (ein Beispiel: CEO Christian Sewing erklärte im Analystencall, die 8% seien „absolut in Reichweite“ und moderierte zudem zwei Einmaleffekte im Q4 an, einen aus einem Verkauf in Italien, einer aufgrund einer Steuergutschrift). Der größte Optimist sieht nun sogar 8,5% als machbar an. Abgerechnet wird das Jahr zwar erst am 27. Januar. Wenn die Deutsche Bank nun aber sogar die Analysten von den 8% (oder nahezu 8%) überzeugt hat, dann dürfte so wahnsinnig viel nicht mehr schiefgehen.
Ist ja nicht so, als hätten unsere Banken nicht vieles versucht, um ihre Geldautomaten zu schützen. Sie haben Barrieren errichtet. Vernebelungsmaschinen installiert. Und die manchmal sehr rührige Frankfurter Volksbank hat – coûte que coûte – irgendwann sogar einen Wachdienst mandatiert (siehe unser kleines Themen-Dossier weiter unten). Welche Maßnahme am Ende wie viel gebracht hat, sei mal dahingestellt. Fest allerdings steht: Unterm Strich ist das Verbrechen stärker gewesen. Oder wie sonst soll man die faktische Teilkapitulation der Deutschen Kreditwirtschaft im Kampf gegen die Automatensprenger werten? Nur noch mal zur Erinnerung, die Beschlusslage von letzter Woche: SB-Foyers sollen in Zukunft nachts schließen, der Bargeldbestand gesenkt werden – und DSGV-Vorstand Joachim Schmalz formulierte gar: „Der komplette Abbau von Geldautomaten ist für uns zwar weiterhin die Ultima Ratio, aber alternativlos, wenn durch den für Kriminelle reizvollen Standort des Automaten Gefahr für Leib und Leben Dritter besteht.“ Alternativlos. Sic! Nun sind die Motive für den Teilrückzug von Banken und Sparkassen zweifellos nachvollziehbar. Wer will schon riskieren, dass es irgendwann den ersten Toten gibt? Gleichwohl sei die Frage erlaubt: Wären die Geldautomaten, die demnächst dann zähneknirschend demontiert werden, ohne das Problem der Sprengungen allesamt noch jahrelang betrieben worden? Denn: Dass neben den Filialen auch immer mehr SB-Infrastruktur demontiert wird, dieses Phänomen haben wir ja eingehend beschrieben – und eine Wechselwirkung besteht naturgemäß auch, schließlich ist die natürlichste Behausung für den Geldautomaten immer noch die Filiale. Womit wir nun also bei der Commerzbank wären. Die nämlich hat sich nach der Schließung hunderter Zweigstellen für die Cash-Versorgung ihrer Kunden was ganz Besonderes einfallen lassen. Unsere Recherche: FS Premium
Finanz-Szene-Dossier Geldautomat (frei zugänglich):
HVB zahlt Frauen im Top-Management 25% weniger als Männern
Man mag es aus heutiger Sicht kaum glauben, aber die Meldung „Unicredit erwägt Übernahme der russischen Bank Otkritie“ stammt aus welchem Jahr? Genau, 2022! Mitte Januar war es, als die Nachricht über die Ticker lief. Einen Monat später rollten dann die ersten russischen Panzer über die ukrainische Grenze, und wieder einen Monat später vermeldeten die Nachrichtenagenturen: „Unicredit erwägt Rückzug aus Russland“ – womit über die Zeiten, in denen wir leben, eigentlich alles gesagt ist, denn was gestern noch galt, gilt heute schon nicht mehr, und morgen gilt dann möglicherweise sogar das Gegenteil. Doch nun zu unseren eigenen Banken: Diese haben ja insofern Glück (wobei Glück vermutlich nicht das richtige Wort ist), als dass ihr eigenes, jedenfalls direktes Russland-Exposure relativ gering ausfällt, verglichen mit besagter Unicredit, aber auch verglichen mit der Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft gegenüber Russland insgesamt. Trotzdem bedeutet der Ukraine-Krieg natürlich auch für die Risikomanager hiesiger Kreditinstitute eine Zeitenwende. Soll man in autoritären Staaten überhaupt noch Geschäfte machen, gar nicht mal aus moralischer, sondern zunächst einmal aus betriebswirtschaftlicher Sicht gefragt? In Bezug auf Russland haben unsere Banken diese Frage mehr oder weniger beantwortet. Doch was ist mit China??? Denn: Xis China mag zwar berechenbarer sein als Putins Russland. Anlass zur Gelassenheit geben die jüngsten Nachrichten aus Peking allerdings nicht wirklich. Und so ist nur folgerichtig, dass nun erste deutsche Banken verstärkt über ihr dortiges Exposure nachdenken – wobei ein großes Institut sogar schon konkret eine Reduzierung eruiert. Unsere Recherche: FS Premium
Der Kiosk als Bank: Wie die BNP Paribas unsere Sparkassen angreift
Nach allem, was man weiß, wähnt sich die DKB bei ihrem Umbau von der „Direktbank“ zur „Tech-Bank“ weiterhin auf Kurs. Und auch bei der BayernLB, also bei der in München ansässigen Mutter, scheint das Vertrauen in die Berliner Tochter ungebrochen. Beleg: Erst im Sommer wurden die Verträge mit Vorstandschef Stefan Unterlandstättner (intern: „Ula“) und Privatkundenvorstand Tilo Hacke ein weiteres Mal verlängert. Zugleich werfen die gestern präsentierten Quartalszahlen allerdings die Frage auf, ob beim 2019 eingeläuteten DKB-Umbau wirklich alles nach Plan läuft. Denn: Bei der Cost-Income-Ratio (einer normalerweise eher untrüglichen Kennziffer) ist die zweitgrößte Online-Bank der Republik bezogen auf die ersten neun Monate des Jahres bei nunmehr 75% angelangt. Zur Einordnung: Damit liegt die DKB erstaunlicherweise über dem 2021er-Durchschnitt der deutschen Kreditwirtschaft insgesamt (73%) – und das, ohne eine einzige Filiale beheizen zu müssen. Nun gilt es fairerweise drei Fußnoten zu setzen: 1.) Die DKB investiert massiv in Technologie; 2.) Der Anstieg der Aufwandsquote ist daher ein Stück weit intendiert (für dieses Jahr waren bis zu 65% einkalkuliert); und 3.) Die von der BayernLB für die Tochter ausgewiesene CIR liegt methodisch bedingt meist 1-2 Punkte über dem Wert der DKB selber … Und doch: Wir reden hier von einer Bank, deren Cost-Income-Ratio zwischen 2010 und 2018 neun Geschäftsjahre in Folge den Korridor von 45-55% nicht ein einziges Mal verlassen hat und die damit neben der ING Diba als das Role Model für effizientes Banking made in Germany galt. Klar, es sind nicht nur die Kosten (auf 9M22-Sicht 9% über der Vorjahresperiode); es sind auch die Erträge (17% unterm TLTRO-geschwängerten Vorjahr), die Sorgen bereiten. Aber macht’s das besser??? Hier für die DKB-Watcher noch ein kurzer Blick auf die aktuelle Drei-Monats-Periode: FS Premium
Nach den Q3-Zahlen: Fünf Thesen zur Lage der Commerzbank
Die Commerzbank hat im abgelaufenen Quartal trotz hoher Belastungen im Polen-Geschäft einen Nettogewinn von 195 Mio. Euro erwirtschaftet. Das war zwar nur halb so viel wie im Vorjahresquartal, schlug aber die Erwartungen der Analysten; hier lag die optimistischste Schätzung bei 169 Mio. Euro. Zudem bestätigte die zweitgrößte deutsche Privatbank sämtliche Jahresziele – also mindestens 1 Mrd. Euro Nettogewinn und maximal 6,4 Mrd. Euro Kosten – und will bei der Kernkapitalquote sogar bei mindestens 13,5% statt wie bisher bei zumindest 13% landen. Aufgrund der Geschäfts- und Zinsentwicklung erhöhte die Commerzbank den Ausblick für 2024, also dem Zieljahr der im vergangenen Jahr verkündeten Strategie. Statt 9,1 Mrd. Euro strebt die Coba nunmehr Erträge von 10,0 Mrd. Euro an, statt 3,0 Mrd. Euro will sie 3,2 Mrd. Euro vor Steuern verdienen. Damit einher gehen allerdings auch höhere Kosten, diese sollen nun 6 Mrd. Euro statt 5,4 Mrd. Euro betragen.
Einen wesentlichen Gewinnbeitrag lieferte im dritten Quartal das Zinsergebnis, das infolge der Zinswende um 44% zum Vorjahr auf 1,621 Mrd. Euro anstieg. Die größte Gewinnüberraschung gab es im Firmenkundengeschäft. Hier fiel der operative Gewinn mit 536 Mio. Euro fast doppelt so hoch aus, wie Analysten im Schnitt erwartet hatten. Es ist das beste Quartalsergebnis der Sparte seit sieben Jahren.Unauffällig blieb derweil die Risikovorsorge, sie lag mit zusätzlichen 84 Mio. Euro unterhalb der im Schnitt erwarteten 133 Mio. Euro. Die bereits Ende September angekündigten Belastungen aus den Franken-Krediten in Polen verbucht die Commerzbank nicht im Risikoergebnis, sondern als sonstigen Ertrag/Belastung.
Eine Überraschung ist es nicht mehr – aber bitter natürlich trotzdem: Die Fidor Bank soll laut exklusiven Informationen von Finanz-Szene bis Mitte 2024 liquidiert werden. Damit zieht die hinter Fidor stehende französische Großbank BPCE sechs Jahre nach der Übernahme einen Schlussstrich unter eine jahrelange strategische Irrfahrt mit kumulierten Verlusten im mittleren dreistelligen Millionenbereich. Das Neukundengeschäft soll den Informationen zufolge eingestellt werden, den Bestandskunden dürfte ab Anfang 2023 gekündigt werden. Die Mitarbeiter wurden am Mittwoch bei einem Townhall Meeting informiert. BPCE hatte die Fidor Bank 2016 für einen kolportierten Kaufpreis von rund 100 Mio. Euro erworben. Das Engagement entwickelte sich bald zu einer Investitionsruine. Um Verluste unter anderem aus verunglückten Kredit-Engagements zu kompensieren, mussten die Franzosen bis 2021 Eigenkapital im Umfang von aggregiert 281 Mio. Euro nachschießen. Operativ kam die Fidor Bank, die einst als Wegbereiter für Fintech-Banken wie N26 oder Solaris galt, nie wirklich in Schwung. Im 2020er-Geschäftsbericht wies die 2009 gegründete Challenger-Bank 166.000 Kunden, eine Bilanzsumme von 1,4 Mrd. Euro sowie einen kumulierten Zins- und Provisionsüberschuss von gerade mal noch 16 Mio. Euro aus – bei Verwaltungsaufwendungen in Höhe von 53 Mio. Euro. Unseren Informationen zufolge soll die Fidor Bank bei ihrer Abwicklung von KPMG begleitet werden.
Commerzbank verliert ihre Comdirect-Bereichsvorständin Alena Kretzberg
Rein stochastisch war es nur eine Frage der Zeit, bis die Bonner Finanzaufsicht und das größte Geldhaus der Republik mal wieder aneinandergeraten. Schließlich hat die Bafin zuletzt fast wöchentlich irgendeine Bank da draußen öffentlich zur Ordnung gerufen. Rein inhaltlich dagegen? Hatte man zuletzt den Eindruck, die Deutsche Bank habe bei der Finanzaufsicht ein bisschen Kredit aufgebaut. Klar, der notorische Sonderbeauftragte schlich immer noch in den Doppeltürmen herum. Zugleich war aus dem Umfeld der Bafin allerdings wiederholt zu hören, die Deutsche Bank komme bei ihren Problemthemen (Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung) eigentlich ganz gut voran.
Seit Freitag weiß man, dass das eine Fehleinschätzung gewesen ist (ob unsererseits oder seitens der Bafin, sei mal dahingestellt). Da nämlich teilte die Finanzaufsicht – trotz Kommafehlers unmissverständlich – mit: „Die BaFin hat am 28. September 2022 gegenüber der Deutsche Bank AG zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung spezifische Maßnahmen angeordnet, die die Bank zur Umsetzung der Anordnungen der BaFin vom 21. September 2018 und vom 15. Februar 2019 zu ergreifen hat und für den Fall der Nichterfüllung Zwangsgelder angedroht.“ Sprich: Die alten Probleme sind nach Einschätzung der Aufseher also sehr wohl noch akut. Bleibt die Frage, ob die Deutsche Bank die Dinge in den letzten Monaten hat schleifen lassen. Oder ob bei der Bafin die neue Exekutivdirektorin für Geldwäschethemen (Frau Rodolphe) anders und im Zweifel kritischer draufschaut als der alte Exekutivdirektor (Herr Pötzsch).
Blaue Wunder gibt es solche und solche. Die hiesigen Baufi-Spezialisten beispielsweise mussten im Oktober erleben, wie ihre Geschäfte tageweise „fast zum Stillstand“ kamen (so der baden-württembergische Sparkassen-Präsident Schneider wörtlich). Ganz anders die Deutsche Bank, deren blaues Wunder darin bestand, dass sie ihr 8%-Renditeziel tatsächlich untermauern konnte, allen Unkenrufen und allem Krisengeheul zum Trotz. War der Oktober unterm Strich also ein guter oder ein schlechter Monat für die deutsche Bankenbranche? Fest jedenfalls steht: Es war jede Menge los. Und so schlagen unsere beiden Frankfurt-Korrespondenten Bernd Neubacher und Christian Kirchner in ihrem Monats-Podcast diesmal die ganz großen Bögen, von der Deutschen Bank bis zur Commerzbank, von der Risikovorsorge bis zur inversen Zinskurve. Eine der Leitfragen dabei: Sind die bislang sehr ordentlichen Q3-Zahlen (nach der „Deutschen“ und der ING Diba kommen diese Woche übrigens die Coba, die BayernLB und die Aareal) ein Beleg für die Widerstandskraft unserer Kreditwirtschaft? Oder sind sie ganz im Gegenteil eher ein Zeichen der Realitätsverweigerung? Und wenn unsere Banken trotz aufziehender Rezession immer noch kaum Risikovorsorge bilden – wie werden sie es dann demnächst mit den Dividenden halten?? Und wie mit den Bonuszahlungen??? Unser Dank gilt dem Sponsor der heutigen Folge, nämlich der Unternehmensberatung zeb. Auf geht’s: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Warum DZ Bank, Coba, Helaba und Unicredit auf den Giralgeld-Token setzen
Dass der Einbruch des Neugeschäfts in der Baufinanzierung nicht alle Player gleichermaßen stark getroffen hat – so viel ist ja klar. Indes: Dass sich irgendeine Bank da draußen der Kontraktion in der Wohnimmobilien-Finanzierung weitgehend oder sogar gänzlich entziehen kann, das hätten wir nicht für möglich gehalten. Doch, siehe da: Wie aus den gestern früh vorgelegten Zahlen der niederländischen ING Groep hervorgeht, hat deren deutsche Tochter ihr Volumen in der privaten Baufinanzierung zwischen Juli und September allen Ernstes von 88,7 Mrd. Euro auf 90,2 Mrd. Euro in die Höhe geschraubt.
Nun gilt es natürlich darauf hinzuweisen, dass 1.) der branchenweite Einbruch nach allem, was man bislang weiß, erst im September so richtig an Schärfe gewann (sich in den Q3-Zahlen also erst partiell widerspiegeln kann) und dass 2.) Bestandszahlen was anderes sind als Neugeschäftszahlen, was 3.) vor allem insofern gilt, als der Baufi-Bestand immer stark von Sondertilgungen geprägt ist – und außer der Reihe getilgt wird bei 10% Inflation und stark gestiegenen Zinsen logischerweise weniger. Also: Man darf die Zahlen nicht überinterpretieren. Aber erstaunlich sind sie doch! Und für alle, die sich für die Q3-Zahlen der deutschen ING in Gänze interessieren – siehe hier: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Wenn Banken mit ihrem Vergütungsbericht auf den Weihnachtsmann warten
Alle Meldungen zu Großbanken und Direktbanken aus dem Oktober
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