von C. Kirchner, B. Neubacher und H.R. Dohms, 1. November 2022
In unserem „Groß- und Direktbanken“-Ticker verfolgen wir, was bei Deutsche Bank, Commerzbank, ING Diba usw. los ist.
Hier der Ticker für den Oktober 2022:
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Besitzer einer Miles & More-Kreditkarte der Lufthansa haben seit Tagen mit teils fünfstelligen Fehlbuchungen auf ihren Kreditkarten-Konten zu kämpfen. Ursache ist eine IT-Panne beim Herausgeber und Co-Branding-Partner der Karten, also bei der DKB. Konkret berichten Kundinnen und Kunden von scheinbar willkürlichen Belastungen und Gutschriften, die sie selbst weder getätigt noch bestätigt haben. Erstmals aufgetreten sind die Fehlbuchungen allem Anschein nach am Samstag, teilweise handelte es sich dabei um die Wiederholung von Buchungen, die die Kunden vor Jahren tatsächlich mal ausgelöst hatten.
Innerhalb des Kreditkarten-Bankings schaltete die DKB am Montag eine Warnung, es sei am Wochenende zu „fehlerhaften Buchungen auf Ihrer Kreditkarte“ gekommen, die nun korrigiert würden. Tatsächlich waren offenbar schon in der Nacht zuvor erste Korrekturen an Buchungen vorgenommen worden. Vollständig gelöst war das Problem zur Wochenmitte allerdings immer noch nicht. „Wir korrigieren die Umsätze schnellstmöglich“, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage. Betroffene Kunden müsst nichts weiter tun. IT-Schwierigkeiten bei Banken sind keine Besonderheit – in der Regel beschränken sie sich allerdings auf die Nicht-Erreichbarkeit des Online-Bankings oder von Apps. Konkrete Fehlbuchungen, die dann auch relevant für Limits, Zinsen und die Rechnungsstellungen sind, kommen eher selten vor.
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HVB legt starkes Quartal hin – irritiert jedoch mit sinkendem Zinsergebnis
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Die Deutsche Bank hat im dritten Quartal einen Gewinn vor Steuern von 1,6 Mrd. Euro erwirtschaftet und die Schätzungen der Analysten damit um knapp 300 Mio. Euro geschlagen. Auch beim Nettogewinn überraschte die Bank positiv; unter dem Strich verblieb ein Nettogewinn von 1,2 Mrd. Euro und damit rund 0,2 Mrd. Euro mehr als erwartet. Wesentlicher Gewinntreiber sind die Erträge, die sich auf 6,9 Mrd. Euro statt den erwarteten 6,5 Mrd. Euro beliefen. Dabei spielte die Zinswende die Hauptrolle, der Zinsüberschuss legte um 9% gegenüber dem Vorquartal und um 32% (!) gegenüber dem Vorjahresquartal zu. Zudem überraschten die meisten Sparten positiv, lediglich im Asset Management (=DWS) fiel der Vorsteuergewinn mit 141 Mio. Euro niedriger als im Vorjahr (193 Mio. Euro) und auch als von Analysten erwartet worden war (179 Mio. Euro).
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Geheimprojekt „Yellowfin“: Was plant die Coba da im Asset Management?
Ob Zufall oder nicht – als jedenfalls die DKB am Freitagmorgen ihr neues Tagesgeld-Angebot in die Welt hinausposaunte, erinnerte kurz darauf die ING Diba ihre Kunden per E-Mail daran, dass sie denselben Schritt ja vor zwei Wochen schon vollzogen hat (siehe in unserem „Produkt & Kunde“-Ticker der zweite Eintrag von oben). Spätestens jetzt hat der Wettbewerb um die Einlagen so richtig begonnen. Und neben den beiden Immobilien-Finanzierern PBB und Aareal stützen sich also auch die beiden größten Direktbanken des Landes in den Konkurrenzkampf. Nun lassen wir mal offen, wem aus dem Quartett es wirklich nur um das Funding als solches geht (wir vermuten: PBB und Aareal) und wer den werblichen Effekt zumindest einbezieht in seine Kalkulation (wir vermuten: DKB und ING) – fest steht: Zunächst einmal wird der Zinswettstreit ins Geld gehen. Und hier wird’s nun interessant. Denn nachdem die beiden Online-Marktführer in den letzten Jahren bemüht waren, sich nicht gegenseitig wehzutun bei den Konditionen (siehe -> Zwei Banken, ein Produkt: Die Copycat-Moves von ING und DKB), ist es diesmal dann doch ein bisschen anders: Die Frankfurter preschten als Marktführer vor (0,3% ab 6. Dezember; für Neukunden vier Monate lang 1,0%); die Berliner zogen als Herausforderer nach bzw. teilweise sogar vorbei (0,4% per sofort; keine Sonderkonditionen für Neukunden)
Wird die Diba hierauf nun kontern? Das ist nicht ausgeschlossen, aber auch keineswegs ausgemachte Sache. Für die Oranje-Bank ist das Zinsrennen nämlich ein durchaus kostspieliges Unterfangen. Konkret: Die ING Diba gebot zuletzt per Ende 2021 über 128 Mrd. Euro an Einlagen, wovon unseren Schätzungen zufolge knapp vier Fünftel auf die „Extra-Konto“ genannten Tagesgeldkonten entfielen (und nur um diese geht es bei den Aktionen). Wir reden also von einem betroffenen Einlagenbestand von ungefähr 100 Mrd. Euro – was je Zehntelprozent Verzinsung auf einen Aufwand von 100 Mio. Euro p.a. (bzw. 300 Mio. Euro insgesamt) hinausläuft. Die DKB hingegen? Hatte zuletzt Einlagen von 84 Mrd. Euro – wovon unseren Schätzungen zufolge jedoch allenfalls die Hälfte auf Tagesgeldkonten lag (weil die DKB das Produkt nie so gepusht hat wie die Diba). Geht man mithin von rund 40 Mrd. Euro aus, dann reden wir hier von 40 Mio. Euro Aufwand je 10 Basispunkte. Insgesamt käme man bezogen auf den Bestand somit bei 160 Mio. Euro raus, was trotz höherer Verzinsung nur gut halb so viel Aufwand wäre wie bei der ING Diba.
Wenn Bankenverbände Vergütungs-Millionäre hervorbringen
Zahl der „Millionäre“ bei deutschen Banken steigt auf breiter Front
Als die DKB vor drei Jahren ihre neue Konzernstrategie vorstellte, da fielen die Begriffe „Wachstum“ und „Digital“ dermaßen inflationär, dass man sich beim Lesen der Pressemitteilung vorkam, als würde man zwei Amateurboxern zusehen, die mit wildesten Schwingern um die Aufmerksamkeit der Punktrichter buhlen. Nach einem überaus eng geführten Schlagwörterabtausch über insgesamt zehn Absätze setzte sich dank des besseren Stehvermögens letztlich die Digitalisierung mit zwölf Nennungen gegen das Wachstum mit lediglich acht Nennungen durch – und rückblickend bleibt festzuhalten: Ganz, ganz, ganz vielleicht war das ja damals schon ein Zeichen! Denn: Von ihrem Wachstumsziel hat sich die DKB im Laufe der vergangenen Monate peu à peu verabschiedet, siehe unsere Berichterstattung hier und hier. Die Digitalisierung dagegen? Ist auch weiterhin der zentrale Wesenskern der DKB!!! Wie sollte es anders auch sein! Ähhh, oder? Naja, sagen wir es so: Dass die zweitgrößte deutsche Direktbank auch weiterhin beträchtliche Investitionen stemmt auf ihrem – noch ein Zitat aus der 2019er-Mitteilung – „Weg zur Tech-Bank“, daran kann es angesichts der kontinuierlich steigenden Sachaufwendungen (siehe hier) kaum Zweifel geben. Zugleich allerdings bleiben die Fortschritte bei digitalen Prestigeprojekten (App, Robo) oft seltsam überschaubar. Und nun? Nähert sich die zweitgrößte Direktbank der Republik allmählich dem nächsten Strategie-Zyklus. Und ausgerechnet jetzt haben nach Recherchen von Finanz-Szene der Strategiechef und drei weitere Top-Shots aus der Abteilung das Haus verlassen. Was hat das zu bedeuten? Hier die Namen, welche Rolle die Manager(innen) innerhalb der DKB spielten und wohin sie gewechselt sind: FS Premium
Die DKB stellt ihren Robo Advisor nach einem Jahr schon wieder ein
Postbank kündigt sämtlichen Kunden die Dispo-Linie – aber wieso?
Die Commerzbank will mehr Filialen schließen als ursprünglich annonciert (wobei Finanzchefin Orlopp genau das ja schon angedeutet hatte, siehe Anfang Juni das Stück -> Minimum=Optimum? Commerzbank will weitere Filialen abbauen). Wie am langen Wochenende zunächst das „Handelsblatt“ (Paywall) und dann auch weitere Medien berichtete, soll das Filialnetz statt auf 450 Zweigstellen auf nur noch rund 400 Zweigstellen schrumpfen. Laut „FAZ“ soll zudem die Comdirect aufgewertet werden. Angedacht seien Investitionen in die Banking-App sowie eine stärkere Fokussierung auf das Thema Baufinanzierung.
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