von Georgia Hädicke und Christian Kirchner, 1. November 2022
In unserem Genosektor-Ticker verfolgen wir Volks- und Raiffeisenbanken genauso wie PSD- und Sparda-Banken, die DZ-Bank-Gruppe genauso wie die Atruvia.
Hier unser Ticker für den Oktober 2022:
–––––––––––––––––––
Es sind zwei Welten, die da aufeinanderprallen. Auf der einen Seite steht Ulrich Coenen, ein Mann des digitalen Zeitalters, ganz früher mal Innovationschef bei E-Plus, später für die digitale Transformation der Commerzbank zuständig, seit zwei Jahren Co-Chef und „Chief Digital Officer“ des genossenschaftlichen IT-Dienstleisters Atruvia. Coenen soll die Volks- und Raiffeisenbanken fit machen für die neue Zeit, in der die Konkurrenz nicht mehr auf der anderen Straßenseite sitzt und „Sparkasse“ heißt, sondern überall lauert und mal als Neobank, mal als Vergleichsportal und mal als „Embedded Finance“-Tool die eigenen Kunden abgreift. Die Herausforderung ist also gewaltig – doch Coenen will sich ihr stellen und er weiß auch schon wie. Die VR-Banken sollen nämlich zum Vorreiter für Smart-Data-Lösungen werden, die „keine bloße Option“ mehr seien, sondern „ein zwingender Imperativ“, wie der Manager es in einem Gastbeitrag für die „BÖZ“ formulierte. Hier indes kommt nun die andere Seite ins Spiel – die Datenschützer. Die haben sich zuletzt auf den Genosektor regelrecht eingeschossen, verurteilten die Hannoversche Volksbank zu einem Bußgeld in Höhe von 900.000 Euro und drohen auch das sektorweite, von BVR und Atruvia aufgesetzte „Smart Data Project“ zu torpedieren (siehe unsere große Recherche hier). Und nun? Geben die Genossen klein bei oder wollen sie ihr Datenprojekt auch gegen behördliche Widerstände vorantreiben? Darüber haben wir mit Ulrich Coenen für die heutige Folge von „Finanz-Szene – Der Podcast“ ebenso gesprochen wie über die Cloud-Technologie, über neue Konkurrenten wie Mambu, über die steigenden Energiekosten der eigenen Rechenzentren und über die Frage, wie viel Geld die Volks- und Raiffeisenbanken vor Ort eigentlich in den nächsten Jahren für die Innovationsfreude der Atruvia werden berappen müssen. Auf geht’s: Finanz-Szene (frei zugänglich)
3,5 Jahre Haft für Sparda-Banker? Die Hintergründe des Kahl-Prozesses
Im genossenschaftlichen Bankensektor gibt es zwar nicht ganz so viele „Vergütungs-Millionäre“ wie bei den Sparkassen (siehe unser Stück hier) – trotzdem sind wir bei unserer Auswertung auf immerhin 22 von ihnen gestoßen. Hiervon entfielen 16 auf klassische VR-Banken, zwei auf die BB Bank und vier auf die Apobank, also auf das Düsseldorfer Klientelinstitut, das zwar genossenschaftlich organisiert ist, ansonsten allerdings nicht viel mit dem übrigen Sektor gemein hat. Da etliche Genobanken noch keinen Offenlegungsbericht für 2021 publiziert haben, könnte sich in den nächsten Wochen und Monaten noch das ein oder andere Institut mit siebenstelligen Vergütungen zeigen. Sehen Sie hier die komplette Tabelle, jetzt auch vor der Paywall: FS Premium
Die auffällige Häufung geplatzter Volksbank-Fusionen in diesem Jahr (siehe hier) wird noch ein bisschen auffälliger: So sind zuletzt gleich zwei avisierte Geno-Hochzeiten gescheitert. Erstens kamen laut einem Bericht der Regionalzeitung „Oberpfalz Medien“ die VR Nordoberpfalz (Bilanzsumme 3,9 Mrd. Euro), die Raiffeisenbank Neustadt-Vohenstrauß (577 Mio. Euro) und die Raiffeisenbank Oberpfalz NordWest (595 Mio. Euro) in ihren Sondierungsgesprächen zu einer Dreier-Fusion nicht zusammen. Die Raiba Oberpfalz NordWest bleibt nun eigenständig, die beiden anderen verhandeln weiter. Und zweitens scheiterte die Verschmelzung der Mendener Bank (Bilanzsumme 435 Mio Euro) mit der Volksbank Wickede (173 Mio. Euro) – allerdings nicht schon in der Sondierung, sondern etwas spektakulärer an einem abschlägigen Votum der Vertreterversammlung in Wickede.
Dabei war es im eigentlich fusionsfreudigen Volksbanken-Sektor lange Zeit eher ungewöhnlich, dass die Zusammenschlüsse am Ende doch nicht stattfinden. Doch ist der Konsolidierungsdruck gerade in diesem Jahr offenbar nicht überall vermittelbar, wie sich jüngst erst im Scheitern der VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall mit der Raiffeisenbank Hohenloher Land zeigte (siehe hier).
––––––––––––––––––––
Das verblüffend hohe Trading-Volumen bei Sparkassen und Volksbank
Dürfen wir noch einen kleinen Nachklapp zu unserer Geschichte -> „Keine Filialen, keine Firmenkunden: Raiffeisenbank wagt Revolution“ bringen? Denn: Dass die faktische Abschaffung des Schaltergeschäfts bei der Raiba Hochtaunus zu einem Murren und Gurren im Genosektor führen würde – davon war auszugehen. Vielen Genossinnen und Genossen ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass der Verbund jetzt für die Einlagen einer Bank haftet, die gar kein richtiges Vor-Ort-Institut mehr sein will, sondern sich als bundesweite Online-Bank mit angeschlossener Gewerbe-Immo-Finanzierung versteht.
Zum Unbehagen gesellen sich allerdings auch rechtliche Frage. Etwa: Kann eine VR-Bank die Filialen, das Bargeld und das Firmenkunden-Kreditgeschäft abschaffen, wenn sie zugleich in ihrer Satzung …
… als Zweck und Gegenstand nennt? Zumal: Sparprodukte will die Raiba Hochtaunus zwar noch anbieten. Aber nur noch digital. Wer mit Bargeld sparen will, bleibt außen vor.
Das Institut selber sieht hier keine Bedenken: „Wir nehmen ja lediglich eine Anpassung unserer Vertriebswege vor. Unsere Produktpalette bleibt mit Blick auf Spar- und Anlageprodukte bestehen. Wir nehmen diese Produkte nicht aus dem Portfolio, im Gegenteil, durch den Ausbau der Beratung gewinnen diese an Bedeutung.“ Nun denn.
Keine Filialen, keine Firmenkunden: Raiffeisenbank wagt Revolution
In einer Pressemitteilung zum Wiesbadener „Karten-Forum“ der DG Nexolution (also das, was früher mal der DG Verlag war) fand sich folgende überaus interessante Passage: „Gregor Roth, Bereichsleiter Transaction Management bei der DZ Bank, beleuchtete verschiedene aktuelle Entwicklungen für die Genossenschaftsbanken. In Bezug auf die Ankündigung von Mastercard, das Co-Badging mit Maestro einzustellen, sagte Roth: ‚Wir sind mitten in der Umstellung. Ziel ist es, bereits im November erste angepasste Karten zu testen.‘ In der zweiten Jahreshälfte 2023 wird DG Nexolution neue Girocards mit den Co-Badges Debit Mastercard und Visa Debit an die Kundinnen und Kunden von Genossenschaftsbanken versenden.“ Nur noch mal zur Erinnerung: Laut Mastercard soll die letzte Maestro im kommenden Juni emittiert werden. Allzu viel Puffer scheint’s im Zeitplan der Genossen nicht zu geben.
Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.
Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!