Deep Dive

Warum hängt die Aareal Bank die Pfandbriefbank plötzlich meilenweit ab?

Dass sich die Kennzahlen hiesiger Banken signifikant verbessern, sobald sie von Private Equity übernommen werden – für diese These gibt es ja zwei prominente Belege, nämlich die Oldenburgische Landesbank und die Hamburg Commercial Bank. Seit dieser Woche steht nun fest, dass mit der Aareal Bank ein weiteres namhaftes deutsches Geldinstitut unter die Fittiche von Finanzinvestoren kommt.

Und siehe da (auch wenn vermutlich mehr Koinzidenz als Korrelation dahintersteckt): Schon setzt auch beim Wiesbadener Immobilienfinanzierer ein unvermittelter Performance-Aufschwung ein – zumal, wenn man das Ganze in Relation setzt zum wichtigsten Wettbewerber, der zuletzt eher enttäuschenden Deutschen Pfandbriefbank.

Dazu muss man nun wissen, dass die Aareal und die PBB gewissermaßen Doppelgänger sind. Beides Hypothekenbanken. Beide mit grob 50 Mrd. Euro Bilanzsumme ausgestattet. Und beide mit rund 30 Mrd. Euro an Immobilien-Krediten unterwegs.

Seit Neuestem enden die Ähnlichkeiten allerdings da, wo die GuV beginnt. So gelang es der Aareal, ihren Betriebsgewinn von Januar bis März verglichen mit dem Vorjahr auf 62 Mio. Euro zu verdoppeln – während die PBB trotz Zinswende ein Viertel ihres Ergebnisses einbüßte und bei nur mehr 32 Mio. Euro landete.

Ist die Aareal Bank wirklich so viel besser als die PBB? Geht sie womöglich auch einfach nur stärker ins Risiko? Oder steckt ganz was anderes dahinter? Unser „Deep Dive“ in acht Akten, hier entlang:ten.

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1. Zinsüberschuss: Die PBB hinkt seit drei Jahren hinterher

Das Betriebsergebnis beider Häuser steht und fällt mit dem Zinsüberschuss: Im Startquartal machte er bei der Aareal Bank rund das Dreifache des Provisionsüberschusses (und damit etwa drei Viertel der operativen Erträge) aus, bei der PBB stand er gar für 89% der operativen Erträge. Ein näherer Blick zeigt eine bemerkenswerte Entwicklung dieser zentralen Ertragskomponente.

Noch in den Jahren 2017 bis 2019 hatte sich der Zinsüberschuss der PBB jenem der Aareal Bank sukzessive angenähert. Ab Ende 2019 lagen die Werte beider Institute dann für sechs aufeinander folgende Quartale recht nah beieinander, innerhalb einer Spanne, die nie mehr als 15 Mio. Euro betrug. Dann aber, nach dem dritten Quartal 2020, öffnete sich die Schere wieder – zu Ungunsten der PBB. Das erste Quartal dieses Jahres ist nur ein besonders krasser Ausdruck dieser Entwicklung.

Um den Unterschied zu illustrieren, lohnt ein Vergleich mit dem dritten Quartal 2020 als Stichdatum. Damals lagen PBB und Aareal fast gleichauf, mit 125 Mio. Euro respektive 128 Mio. Euro Zinsüberschuss. Im ersten Quartal 2023 hingegen kam die PBB nur noch auf 106 Mio. Euro, ein Minus von 15% sowie der niedrigste Quartalswert seit 2017 – während die Aareal auf 222 Mio. Euro kam, ein Plus von 73% und der höchste Wert in all diesen Jahren! Wer annimmt, die Zinswende müsste doch beiden Banken im gleichen Maß zugutekommen, irrt gewaltig.

Im gesamten vergangenen Jahr verzeichnete die PBB im Zinsüberschuss trotz Zinswende ein Minus von 1% (auf 489 Mio. Euro), während die Aareal ein Plus von fast 18% erzielte (auf 702 Mio. Euro).

PBB-Vorstandschef Andreas Arndt führt die Flaute im Zinsüberschuss seiner Bank zurück auf:

  • auslaufende TLTRO-Geschäfte respektive die einseitige Änderung ihrer Konditionen durch die EZB; dies hatte schon 2022 signifikante negative Folgen gezeitigt – damals resultierte daraus "ein Modifikationsverlust für finanzielle Verbindlichkeiten in Höhe von 21 Mio. Euro", den der Konzern im sonstigen betrieblichen Ergebnis auswies (während er die 46 Mio. Euro Einnahmen aus den TLTRO im Zinsergebnis verbuchte); wie hoch dieser Effekt nun im Q1 war, ist nicht bekannt
  • rückläufige Einnahmen aus Zinsuntergrenzen im Darlehensgeschäft: In der Ära der Negativ-Zinsen hatte die PBB Mindestzinsen (sogenannte "Floors") festgelegt, die Kreditkunden auf jeden Fall zahlen mussten, mit dem Ziel zu verhindern, vom Markt unter die Null-Linie gezogen und damit gezwungen zu werden, Schuldnern auch noch Zinsen zahlen zu müssen; damals stützten diese Untergrenzen die Erträge, doch in Zeiten deutlich gestiegener Zinsen fällt der positive Effekt naturgemäß weitgehend weg; auch hier nannte die PBB keine Zahlen

So plausibel das alles klingt: Zumindest den Gegenwind infolge von TLTRO-Geschäften hatte auch die Aareal Bank zu meisten, abzulesen am sogenannten Abgangsergebnis, das im vierten Quartal 2022 auf minus 23 Mio. Euro drehte (nach plus 8 Mio. Euro vor Jahresfrist), weil die Bank nach der einseitigen Änderung der Konditionen durch die EZB Absicherungsgeschäfte auflösen musste, die sie für die Langfrist-Tender abgeschlossen hatte. Dennoch blieb bei ihr aus diesen Geschäften unterm Strich noch ein Ergebnisbeitrag in einstelligem Millionenvolumen übrig. Somit können diese Effekte allein die aktuell stark divergierende Entwicklung von PBB und Aareal kaum erklären.

Schauen wir uns daher die Komponenten des Zinsüberschuss doch einmal einzeln an – beginnend mit dem...

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2. Zinsertrag: Hier liegt die Quelle für die neue Stärke der Aareal Bank

Bekanntlich ist der Zinsüberschuss, grob gesprochen, die Differenz von Zinsertrag und Zinsaufwand. Und vor allem beim Zinsertrag hat die Aareal die PBB zuletzt deutlich abgehängt. Daten für das Quartal liegen nicht vor, daher ziehen wir für unseren Vergleich die Werte für die vergangenen Jahre heran. So lag die PBB zwar 2022 nach absoluten Zahlen noch vorne, mit 1.613 Mio. Euro versus 1.200 Mio. Euro bei der Aareal Bank. Allerdings kletterte deren Zinsertrag im vergangenen Jahr deutlich, um 52% (respektive 410 Mio. Euro). Bei der PBB beschränkte sich der Zuwachs hingegen auf 8% (respektive 115 Mio. Euro). Der im Jahr 2021 noch deutliche Abstand zwischen beiden Banken schmolz somit zusammen.

Zur Erklärung führt PPB-Chef Arndt die Sichteinlagen an, welche die Aareal Bank wie andere Banken auch aufs Buch genommen habe – und welche im Lichte der Zinswende den Zinsertrag treiben würden. Die PBB habe keine Sichteinlagen, betont Arndt. Ob er damit primär auf das rentable Hinterlegen solchen Gelds bei der EZB oder dessen Ausleihen gegen höhere Zinsen abzielte, blieb offen.

Nun ist sein Hinweis zwar höchstens die halbe Wahrheit: Auf ihrer Website "PBB Direkt" wirbt die Bank mit Sitz im bayrischen Garching nicht nur Festgelder ein, sondern bietet auch (bis zu einer Summe von 100.000 Euro) 1,75% Zinsen auf Tagesgeld an. Mag sein, dass niemand dieses Angebot wahrnimmt oder die eingeworbenen Beträge kaum ins Gewicht fallen (wie viel Tagesgeld die PBB führt, ist nicht bekannt) – völlig fremd ist Arndts Bank das Thema aber nicht.

Ganz falsch aber dürfte der PBB-Chef mit seinem Hinweis nicht liegen. Denn ein Blick in den Geschäftsbericht 2022 der Aareal Bank liefert interessante Einblicke, was das Volumen ihrer (kurzfristig abziehbaren) Sichteinlagen angeht: So ergibt sich aus der Aufschlüsselung der kurzfristigen Geldmarkt-Verbindlichkeiten von damals 18,9 Mrd. Euro, dass die Aareal sich Ende vergangenen Jahres insbesondere

  • über Einlagen der Wohnungswirtschaft in Höhe von 13,1 Mrd. Euro refinanzierte, von denen sie stolze 10,2 Mrd. Euro (sprich 78%!) als "täglich fällige Einlagen" auswies, und
  • über Einlagen institutioneller Investoren (inklusive Privatkunden) in Höhe von rund 3,8 Mrd. Euro (bei denen allerdings unklar bleibt, wie sie sich auf täglich fällige Einlagen und Termingelder aufteilen).

Wenn wir einmal außer Acht lassen, dass es für ein großes Vertrauen in die 3.700 Kunden der Wohnungswirtschaft und in die Stabilität der Beziehung spricht, wenn eine Bank mindestens 21,5% ihrer gesamten Bilanz über täglich fällige Einlagen refinanziert: Unter dem Aspekt der Ertragssteigerung bieten diese Mittel in Zeiten der Zinswende natürlich ordentlich Potenzial.

Und in der Tat: Im Startquartal 2023 legte der Zinsüberschuss der Aareal Bank im Vorjahresvergleich um 63 Mio. Euro zu (von 159 Mio. Euro auf 222 Mio. Euro). Davon kamen 40 Mio. Euro (gut 60%) aus der Sparte Banking & Digital Solutions, die das Geschäft mit den Einlagen der Wohnungswirtschaft widerspiegelt – und nur der Rest aus der Sparte für Immobilienfinanzierungen. Die Effekte aus dem Passivgeschäft überstiegen somit die Effekte aus dem Aktivgeschäft deutlich (das insgesamt allerdings 176 Mio. Euro und damit den weit größeren Anteil beisteuerte).

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3. Zinsaufwand: Die Aareal Bank nimmt höhere Kosten in Kauf, um ihre Marge zu hebeln

Schauen wir nun auf den Zinsaufwand. Auch dort lässt sich ablesen, dass die Aareal Bank aufdreht. Während sich der Zinsaufwand der PBB im vergangenen Jahr nur um 12% auf 1.124 Mio. Euro erhöhte, schoss er bei der Aareal Bank 2022 um sage und schreibe 160% in die Höhe, auf 498 Mio. Euro.

Ökonomisch bedeutet das erstmal nur, dass sie ihren Gläubigern viel, viel mehr Zinsen zahlen musste, zum einen weil das Volumen stieg, zum anderen weil die Zinssätze stiegen. Betriebswirtschaftlich betrachtet, nimmt die Aareal Bank damit zumindest für den Moment einen kräftigen Anstieg ihrer Kosten in Kauf, um schlicht mehr Spielmasse zu haben und ihre Zinsmarge zu hebeln.

Am besten illustrieren lässt sich das am Aufbau einer Retail-Depositenbasis. Im Bemühen, ihre Refinanzierung zu diversifizieren, ein Ansinnen, das nicht zuletzt durch die Beschränkung der freiwilligen Einlagensicherung der privaten Kreditwirtschaft angefacht wurde, setzt die Aareal Bank seit kurzem verstärkt auf Privatanleger. Für das Einwerben von deren Einlagen hat sie 2022 Kooperationen mit Raisin und der Deutschen Bank gestartet. Tagesgeld bietet sie Retail-Kunden nicht, wohl aber Termingeld:

  • Für Festgeld mit der Laufzeit von einem Jahr bietet sie derzeit 2,75% Zinsen – mehr als die PBB mit 2,5%.
  • Bei einer Laufzeit von drei Jahren bietet die Aareal 3,60% Zinsen, die PBB nur 3,25%.

Dies zeigt: Insgesamt ist die Aareal aggressiver unterwegs, mit dem Erfolg, dass sie das Volumen ihrer Retail-Depositen allein im ersten Quartal 2023 um 0,8 Mrd. Euro auf 1,4 Mrd. Euro steigern konnte, es somit mehr als verdoppelte. Doch wer Nachholbedarf hat, muss nun mal höhere Kosten in Kauf nehmen.

Denn darum geht es: Nachholbedarf. Die Aareal Bank ist "late in the game", wenn es um Privatkunden geht. Die PBB hat diese schon vor Jahren als Quelle der Refinanzierung für sich entdeckt. Sie steigerte das Volumen an Retail-Depositen im ersten Quartal zwar nur um ein Viertel, das aber von einer deutlich höheren Basis aus – so dass sie Ende März bereits auf 5,4 Mrd. Euro von rund 75.000 Retail-Anlegern blicken konnte.

Möglich, dass die Aareal Bank in diesem Feld künftig noch mehr Gas geben muss, denn bei ihrem anderen großen Einlagen-Posten, den Einlagen der Wohnungswirtschaft, zeigte der Trend im ersten Quartal nach unten. Zwar betrachtet die Aareal traditionell das "durchschnittliche" Volumen dieser Einlagen (weil Mietzahlungen meist Anfang des Monats auf dem Konto sind, die Salden dann aber abnehmen), und dieses lag imm ersten Quartal bei 13,7 Mrd. Euro, somit höher als Ende 2022 und auch höher als geplant. Im Vergleich der Stichtagswerte ist das Volumen dieser Einlagen allerdings von 13,1 Mrd. Euro per Ende 2022 auf 11,9 Mrd. Euro per Ende März gesunken – ein Minus von mehr als 9% binnen drei Monaten! Die Aareal betrachtet dies als normale Schwankung, doch zur Wahrheit gehört auch, dass der Vergleichswert im ersten Quartal 2022 noch bei plus 4,3% und im ersten Quartal 2021 bei plus 1,3% lag.

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4. Kreditneugeschäft: Bei der PBB rächt sich eine mehrjährige Zurückhaltung

Steigen wir einmal tiefer in die Zahlen ein, zeigt sich schnell, dass die PBB im Neugeschäft seit Jahren tendenziell vorsichtiger agiert als die Aareal. Zwar lagen die beiden Banken im vergangenen Jahr mit jeweils rund 9 Mrd. Euro Neugeschäft in etwa gleichauf. Doch das war nicht immer so; so lag die PBB noch im Jahr 2017 bei diesem Posten rund 32% über der Aareal. Nur reduzierte sie dann in den Jahren 2018 bis 2020 ihr Volumen stetig:

  • 2018 (vs. 2017): -9%
  • 2019 (vs. 2018): -14,3%
  • 2020 (vs. 2019): -19%

In Summe bedeutete dies einen Rückgang von 37% binnen drei Jahren. Das ist viel, auch wenn klar ist, dass 2020 das erste Jahr der Pandemie war und die Aareal ihr Neugeschäft von 2018 auf 2020 auch um rund 23% reduzierte. Das Problem ist: Angesichts von bis zu 15 Jahre lang laufenden Finanzierungen frisst sich solch eine starke, stetige Reduktion der Finanzierungsaktivitäten langsam, aber unaufhaltsam in den Zinsüberschuss hinein – und es dauert, solche Dellen wett zu machen. Wie heißt es immer so treffend? Das Neugeschäft von heute ist der Zinsüberschuss von morgen.

Umso interessanter wird es sein zu beobachten, wie sich das Neugeschäft 2023 entwickelt. Denn: Im ersten Quartal, in einem verunsicherten Markt, hielten sich beide Banken stark zurück. So registrierte die PBB nur ein Neugeschäft von 1 Mrd. Euro, das war weniger als die Hälfte des Vorjahreswerts (2,1 Mrd. Euro). Und Konkurrentin Aareal Bank buchte mit 1,1 Mrd. sogar nur ein Drittel des Vorjahresvolumens (3,3 Mrd. Euro) ein.  Zugleich haben sich beide Häuser aber fürs Gesamtjahr ein Neugeschäft von jeweils 9 Mrd. bis 10 Mrd. Euro vorgenommen. Beides zusammen setzt PBB wie Aareal mächtig unter Druck, bis Jahresende umso stärker Finanzierungen abzuschließen (wenn sie denn an ihrem Ziel festhalten).

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5. Kreditbestand: Die Aareal Bank hat das größere Portfolio – die PBB leidet unter früheren Entscheidungen

Es gibt noch einen weiteren wichtigen Unterschied in der gewerblichen Immobilienfinanzierung beider Institute: das Gesamtvolumen. Dort haben die Wiesbadener die Wettbewerberin aus Garching schon 2020 überflügelt. Seither liegt die Aareal hier über der PBB, was schlicht bedeutet, dass sie heute, in Zeiten der Zinswende, ein größeres Portfolio hat, mit dem sie arbeiten und ihren Zinsüberschuss steigern kann.

Anders als zu vermuten wäre, ist der Grund für diese Entwicklung weniger im Neugeschäft zu suchen, denn trotz ihrer vorsichtigeren Gangart hat die PBB in allen Jahren von 2017 bis 2019 mehr Neugeschäft kontrahiert als die Aareal Bank (siehe Punkt 5). Dies deutet darauf hin, dass

  • die von der Aareal Bank ausgereichten Finanzierungen entweder einfach länger laufen als jene der PBB oder dass
  • die in der Nullzins-Phase forcierten Umschuldungen und vorzeitigen Rückzahlungen von Darlehen bei der PBB in den vergangenen Jahren höher ausgefallen sind als bei der Aareal.

Auf jeden Fall sind vorzeitige Tilgungen für die PBB ein Ergebnisfaktor. Im Geschäftsbericht 2022 begründete sie den Rückgang ihres Vorsteuer-Ergebnisses um 12% auf 213 Mio. Euro just mit diesem Faktor. Dieser sei "insbesondere auf geringere Vorfälligkeits-Entschädigungen zurückzuführen, die aus vom PBB Konzern nur bedingt beeinflussbaren vorzeitigen Rückzahlungen von Kunden resultierten". Zur Illustration führte die PBB an, dass der größte Einzelfall bei den Rückzahlungen 2022 nur 4 Mio. Euro gebracht habe, während 2021 allein drei Fälle für 38 Mio. Euro an Entschädigungen gesorgt hätten.

Schon 2019 hatte die PBB Vorfälligkeits-Entschädigungen in Höhe von damals insgesamt 39 Mio. Euro berichtet (2018: 16 Mio. Euro). Verbucht werden diese Zahlungen immer im Realisationsergebnis, das 2019 bei 48 Mio. Euro und 2021 bei 81 Mio. Euro lag, im vergangenen Jahr aber nur 15 Mio. Euro betrug.

Übersetzt heißt das: In den vergangenen Jahren hatte die PBB wiederholt signifikante vorzeitige Rückzahlungen zu verzeichnen, die kurzfristig das Ergebnis stützten, langfristig aber das zinstragende Geschäft reduzierten. Es wurden Erträge vorgezogen und schlagartig verbucht, die der PBB nun als regelmäßige Einnahmen fehlen, weshalb diese Schritte – wie die Bank selbst im Prognoseberichte 2021 gewarnt hatte – "belastend wirken". Derweil das Portfolio und damit die Basis für Einnahmen bei der Aareal stabil blieb, ja wuchs. Somit kommt ihr der Segen der Zinswende stärker zugute.

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6. Zinsmargen: Die Aareal Bank ist risikobereiter

Wichtig für die Höhe des Zinsüberschusses ist neben der Summe dessen, was eine Bank an Geld bewegt, auch das, was sie mit diesem Geld anstellt. Dabei gilt die Faustregel: Wer mehr Risiko eingeht, erhält auch mehr Zinsen. Und wenn wir uns die Bruttomargen im Neugeschäft in den Jahren von 2017 bis 2022 ansehen, bleibt nur der Schluss, dass die Aareal Bank generell, aber gerade auch 2021 und 2022 risikobereiter war. Schon in den Jahren zuvor lag ihre Bruttomarge regelmäßig höher als die der PBB, gleichwohl lief die Entwicklung damals noch mehr oder minder parallel. In den vergangenen beiden Jahren allerdings öffnete sich auch bei den Margen die Schere, die Aareal enteilte der PBB und holte deutlich mehr herein.

Besonders deutlich wird diese Entwicklung im Startquartal des laufenden Jahres. Da konnte das bayerische Institut seine Bruttozinsmarge im Neugeschäft bei allgemein reduzierten Finanzierungsaktivitäten in einem turbulenten Umfeld gegenüber 2022 um 30 Basispunkte auf rund 200 Basispunkte steigern. Die Aareal Bank allerdings meldete einen Zuwachs binnen Jahresfrist um 80 Basispunkte auf zuletzt 300 Basispunkte.

Unterschiede in der Risikotoleranz zeigen sich auch andernorts: Bei der PBB liegt der Anteil fauler Kredite am Forderungsportfolio bei 1,6%, bei der Aareal Bank bei 3,4%. Die Risikovorsorge wiederum ging zwar bei beiden Banken im ersten Quartal im Vorjahresvergleich zurück – bei der PBB von 18 Mio. Euro auf nur noch 2 Mio. Euro und bei der Aareal von 49 Mio. Euro auf 32 Mio. Euro. Allerdings fiel das Niveau bei der Aareal sichtlich höher aus. Schuld daran waren insbesondere 21 Mio. Euro an Pauschalvorsorge für Engagements im US-Markt für Gewerbeimmobilien.

Was zum unterschiedlichen Charakter der Gewerbeimmobilien führt: Mehr USA, ambitioniertere Projekte – so ließe sich das Portfolio der Aareal im Vergleich zu dem der PBB kurz zusammenfassen.

  • Bei der Aareal Bank liegen in diesen unruhigen Zeiten knapp 26% des 30,3 Mrd. Euro schweren Gewerbeimmobilien-Portfolios in den USA, konkret 7,8 Mrd. Euro – und davon wiederum die Hälfte im US-Markt für Büroimmobilien. Deutschland macht lediglich 9% des Portfolios aus. Bei der PBB dagegen liegen nur 16% des Forderungsvolumens in den USA und dafür 44% in der Bundesrepublik.
  • Im Neugeschäft lagen Aareal und PBB zwar mit durchschnittlichen Beleihungswertausläufen per Ende März von 54% in Garching sowie 53% in Wiesbaden auf demselben Niveau. Für den nicht Not leidenden Bestand weist die PBB allerdings einen Wert von 51% aus, die Aareal Bank dagegen 55%. Das ist negativ zu bewerten, denn der Beleihungswertauslauf besagt, welcher Anteil am Wert einer Immobilie kreditfinanziert ist; fällt in einer Krise der Marktwert einer Immobilie (sprich der Nenner der Gleichung), schießt der Auslauf in die Höhe. Deshalb ist es zum Beispiel auch kein gutes Zeichen, wenn die US-Büroimmobilien einen durchschnittlichen Beleihungswertauslauf von 63% aufweisen.

Weniger Marge, mehr Langeweile, so ließe sich die PBB im Vergleich zur Aareal überspitzt beschreiben. Ihr vorsichtigerer Ansatz zeigt sich auch im Ausblick der beiden Konzernchefs, bezogen auf den Markt für Gewerbeimmobilien: Während Aareal-Bank-Chef Jochen Klösges eine Erholung schon im weiteren Jahresverlauf prognostiziert, erwartet PBB-Chef Arndt eine Bodenbildung erst gegen Ende des Jahres.

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7. Volatilität: Mehr Risiko bedeutet für die Aareal auch größere Schwankungen

Die Kehrseite größerer Risikofreude, auch das ist eine Faustregel: Sie vermasselt einem häufiger mal das Geschäft. Während sich das Vorsteuerergebnis der PBB von 2017 bis 2022 in einer Spanne von nur 88 Mio. Euro, sprich innerhalb eines relativ engen, stabilen Korridors bewegte (Spitze: 242 Mio. Euro, Tiefpunkt: 154 Mio. Euro), weisen die Betriebsergebnisse der Aareal Bank im selben Zeitraum Unterschiede von bis zu 403 Mio. Euro auf (Spitze: 328 Mio. Euro, Tiefpunkt: minus 75 Mio. Euro). Schuld daran ist insbesondere ein Fehlbetrag im Pandemie-Jahr 2020, als die Bank ihre Risikovorsorge auf 344 Mio. Euro knapp verdreifachte.

Trotzdem gilt auch hier: Wer die Vorsicht, die Langeweile bevorzugt, ist bei der PBB besser bedient. Wer es gerne lukrativer hat und dafür auch mal Ausschläge nach unten bereitwillig in Kauf nimmt, der wird die Aareal Bank besser finden. Und mit Blick auf die Erklärung des besseren Ergebnisses aktuell bleibt der Punkt, dass mehr Risiko in Zeigen steigender Zinsen tendenziell auch mehr Einnahmen bedeutet.

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8. Ausblick 2023: Aareal optimistisch, PBB najaaa

Zusammengefasst lässt sich sagen: Bei der Aareal wirkt das höhere Zinsniveau über ein größeres Portfolio, längere Laufzeiten, mehr Risikobereitschaft und höhere Margen stärker als bei der PBB. Was zur Frage führt, was beide Banken für das laufende Jahr erwarten.

Die Aareal gibt sich moderat: Das Marktumfeld bleibe "herausfordernd", doch sie erwarte für 2023 weiter ein Betriebsergebnis von 240 Mio. Euro bis 280 Mio. Euro. Das wäre im Maximum ein Plus von 17% und damit klar weniger, als das hervorragende erste Quartal vermuten lassen könnte. Allerdings erwartet die Aareal auch Zusatzaufwendungen für den forcierten Abbau leistungsgestörter Kredite sowie für Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in der IT-Sparte Aareon (die für das Gros der insgesamt 3.300 Mitarbeiter steht).

Bei der PBB (mit insgesamt 800 Mitarbeitern, gerechnet nach Vollzeitstellen) stellt Chef Arndt für das zweite Halbjahr eine Erholung des Zinsüberschusses in Aussicht. Dieser soll sich peu à peu verbessern. Denn die Bank will den Anteil ihrer relativ hoch verzinsten Refinanzierung über vorrangige unbesicherte Schuldtitel sukzessive mit Hilfe günstigerer Retail-Einlagen reduzieren. Dies soll vor allem auf lange Sicht wirken, gepaart mit einem Ausbau der gewerblichen Immo-Finanzierung und einer Ausweitung des bisher praktisch nicht existenten Provisionsgeschäfts. Kurzfristiges Ziel ist weiter ein Vorsteuerergebnis von 170 Mio. Euro bis 200 Mio. Euro, somit nochmal ein Rückgang, der im Fall des schlechteren Wertes rund minus 20% betragen würde. Langfristig, bis 2026, will die PBB ihr Vorsteuerergebnis dann aber auf 300 Mio. Euro steigern.

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