von Christian Kirchner , 14. Juli 2024
Das große Alexander-von-zur-Mühlen-Interview, das an diesem Wochenende in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ erschien (Überschrift: „Made in Germany hat noch immer einen guten Klang“), ist an Big-picture-Haftigkeit nicht zu überbieten. „Was denken Investoren in aller Welt über Deutschland?“, wird der Asien-Chef der Deutschen Bank zum Beispiel gefragt. Oder: „Macht die Bundesregierung insgesamt eine gute Figur?“ Oder, auch schön: „Sind die Deutschen zu bequem geworden?“
Fragen sind das, die man früher dem späten Helmut Schmidt gestellt hätte, aber heutzutage ist für das Big picture offenbar Alexander von zur Mühlen zuständig. Dagegen: Was ist los bei der Deutschen Bank? Oder: Was macht eigentlich Mühlen selbst so? Solche Themen bleiben außer vor. Dabei gäbe es durchaus eine Frage, die zumindest viele Deutschbanker dieser Tage durchaus interessiert. Nämlich:
Haben das größte deutsche Geldinstitut und sein Asien-Chef möglicherweise ein Compliance-Problem?
Aufgebracht hat diese Frage letzte Woche das auf Banken und Karrierethemen spezialisierte angelsächsische Fachmedium „efinancialcareers“. Dort ist zu lesen, dass der überwiegend von Singapur aus arbeitende Alexander von zur Mühlen eine ebenfalls in Singapur stationierte Kollegin geheiratet habe – nämlich Serene Chen, die bei der Deutschen Bank als „Global Co-Head der Emerging Market Sales“ sowie als „Head of FIC Macro Sales“ firmiert und vom Rang her der „Managing Director“-Ebene angehört. Dass die Geschichte faktisch richtig ist – daran besteht kein Zweifel, auch wenn in Deutsche-Bank-Kreisen darauf hingewiesen wird, dass die Hochzeit schon einige Monate zurückliege, die Sache so ganz frisch also nicht sei.
Nun hat im Normalfall natürlich nicht zu interessieren, mit wem so ein Deutsche-Bank-Vorstand verheiratet oder auch nicht verheiratet ist. Privatsache. Bloß – haben wir es im vorliegenden Fall mit einem Normalfall zu tun? Ist die Liaison reine Privatsache?
Die Kollegen von „efinancialcareers“ schreiben, im Singapur-Büro der Deutschen Bank habe der Fall „für Aufsehen“ gesorgt. Ein Insider wird zitiert, der sagt, zumindest im „Asia Macro Team“ (nach unserem Verständnis das Team, dem Serene Chen angehört) werde ein „gewisser Interessenkonflikt“ diagnostiziert. Die Sache sei irgendwie „sehr seltsam“ und „für die Kultur etwas schwierig“. Nicht nur am Standort Singapur, auch im hiesigen Deutschen-Bank-Umfeld gibt es Leute, die angesichts der Liebesbeziehung zwischen Mühlen und seiner Kollegin ein Störgefühl empfinden. Von einem Investor heißt es: „Im angelsächsischen Raum wäre ein solcher Fall nicht denkbar.“
In dem Artikel bei „efinancialcareers“ wird auf eine kürzlich erschienene „Bloomberg“-Story verwiesen, derzufolge ein Deutsche-Bank-Manager in den USA das Institut zuletzt verlassen habe im Zuge einer internen Untersuchung über eine angebliche persönlichen Beziehung zu einer Kollegin. „Bloomberg“ schreibt, bei der Frau habe es sich um eine „Untergebene“ des Managers gehandelt. Allerdings: Sie habe nicht in der direkten Berichtslinie unter ihm gestanden.
Tatsächlich kommt es compliance-technisch genau auf solche Feinheiten an. Im Falle Mühlens, so sagt eine mit dem Vorgang vertraute Person, sei die Beziehung entsprechend der internen Richtlinien offengelegt worden. Die Deutsche Bank verfüge über Prozesse, um potenzielle Interessenskonflikte in solchen Fällen zu vermeiden. Im Umfeld der Deutschen Bank wird auch hier auf die Berichtslinie verwiesen. Diese nämlich führe von Serene Chen nicht zu Alexander von zur Mühlen – sondern (weil Chen der CIB-Einheit unterstellt sei) zu Investmentbanking-Chef Fabrizio Campelli.
Ein Sprecher der Deutschen Bank wollte die ganze Angelegenheit am Freitag nicht kommentieren.
Für das größte Geldhaus der Republik, so scheint es, ist der Fall abgehakt. Und dass Alexander von zur Mühlen irgendeinen Schaden aus der Sache davontragen könnte – danach sieht es eher nicht aus. Wenn in Frankfurt über die beliebte Frage diskutiert wird, wer irgendwann mal die Nachfolge von Vorstandschef Christian Sewing antreten könnte, dann fällt immer wieder auch der Name des Managers, der schon heute „Big picture“-Interviews geben darf, als wäre er bereits der CEO.
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