von Christian Kirchner, 7. Oktober 2020
Die führenden deutschen Banken haben im zweiten Quartal einen Nettogewinn von 1,8 Mrd. Euro erwirtschaftet – der höchste Wert seit rund zwei Jahren. Das geht aus den gestern veröffentlichten Statistiken der EZB-Bankenaufsicht hervor. Sie überwacht die 21 wichtigsten Geldinstitute hierzulande, darunter Deutsche Bank, Commerzbank, DZ Bank, alle großen Landesbanken sowie anderweitig als systemrelevant identifizierte Häuser wie die Volkswagen Bank oder die Haspa (Liste siehe hier). Vierteljährlich veröffentlicht die EZB-Aufsicht aggregierte Daten über die Entwicklung der Profitabilität dieser Institute.
Die Ergebnis überraschen insofern, als die größten deutschen Banken damit ausgerechnet im “Corona-Quartal” die besten Zahlen seit langem zeigen. Zur Erinnerung: Seit Mitte März und bis weit in das zweite Quartal hinein hielten die meisten Banken und Sparkassen ihre Filialen geschlossen. Zudem mussten die Institute ihre Risikovorsorge deutlich erhöhen. Ganz offenbar ist dieser Effekt allerdings weniger stark ins Gewicht gefallen als die positiven Effekte aus dem kurzfristigen Finanzierungsbedarf der Unternehmen, aus den Sondereffekten durch Corona-Hilfskredite (siehe u.a. hier) und aus dem Handelsergebnis (siehe u.a. hier). Die Daten sind ein wichtiger Fingerzeig über die Ertragslage der Institute, da nicht alle Institute unterjährig über ihr Zahlenwerk berichten.
Beim Ergebnis vor Steuern, Abschreibungen und Risikovorsorge schnellte das Quartalsergebnis gar auf den höchsten Wert seit Beginn der EZB-Datenaufzeichnungen, nämlich: 4,9 Mrd. Euro.
Die EZB-Daten sind mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, da die Quartalsergebnisse häufig stark mit den Verlusten und Abschreibungen einiger weniger großen Institute wie etwa der Deutschen Bank oder der Commerzbank fluktuieren. Und: Unter dem Strich steht für die deutschen Institute laut EZB-Daten auch lediglich ein Return on Equity von 0,9% seit Jahresbeginn zu Buche.
Ein genauer Blick auf die Ergebnisbestandteile legt indes offen, dass die Banken an einer entscheidenden Stelle sichtbare Fortschritte machen: den Kosten. Noch immer haben deutsche Institute die dritthöchste Cost-Income-Ratio in Europa, nämlich zuletzt 79%. Die Kostenbasis der 21 systemrelevanten Institute sank aber im Q2 um 6% zum Vorquartal und um 1% zum Vorjahresquartal auf den niedrigsten Stand seit Beginn der EZB-Datenerhebung um Jahr 2015. Das ist insofern bemerkenswert, als dass in der Vergangenheit der Preis höherer Erträge meist auch entsprechend höhere Kosten (zum Beispiel über höhere Vergütungen) war.
Hier ein detaillierter Blick auf sämtliche Ergebnisbestandteile sowie die Veränderungen zum Vorquartal und Vorjahresquartal:
Quelle: ECB Supervisory Data, gerundet, Differenzen bei Summenbildung wg. Währungsdifferenzen
Der “Corona-Effekt” macht sich deutlich negativ bei den Abschreibungen und der Risikovorsorge bemerkbar. Die Summe beider Werte schnellte im Q2 auf knapp 3,0 Mrd. Euro nach nur 1,4 Mrd. Euro im Q1. Das Provisionsgeschäft entwickelte sich derweil – trotz der neu entfachten Lust vieler Deutscher am Wertpapiersparen und vielfach erhöhter Kontogebühren (siehe etwa hier, hier, hier und hier) – eher schwach: Hier stieg das Ergebnis nur unmerklich zum Vorjahresquartal (+2%) und sank sogar um 9% gemessen am Q1.
Als Gewinntreiber erwies sich neben den Kosten das Handelsergebnis mit gut 2 Mrd. Euro Ergebnisbeitrag. Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass in die Statistik auch die deutschen bzw. in Frankfurt ansässigen europäischen Einheiten von Morgan Stanley, Goldman Sachs, der UBS und JP. Morgan eingehen. Allerdings: Nicht nur die hiesigen Auslandsbanken schnitten bemerkenswert gut ab. Wie neulich schon mal aufgedröselt, blieben etliche hiesige Institute im Frühjahrsquartal in den schwarzen Zahlen. Vor allem Häuser mit hohem Anteil von Handel, Provisionsgeschäft und Investmentbanking (exemplarisch etwa die Comdirect oder Berenberg) zeigten sich zuletzt mit ihren Zwischenergebnissen sehr zufrieden.
Die Abhängigkeit vom Zinsgeschäft blieb derweil bestehen …
… während das Bestreben, das Zinsgeschäft über eine Ausweitung des Kreditvolumens zu steigern, zusehends ins Leere läuft: Zum Vorquartal sank das Zinsergebnis der Großbanken im Q2 um 1%, obwohl die Kredite an inländische Unternehmen und Privatpersonen insgesamt um 1% zum Vorquartal anstiegen.