Partner-Blog

Die Bankenbranche ist sehr profitabel – wächst aber vor allem abseits der Bilanzen

Weltweit befinden sich die Banken im Aufwind. Nach herausfordernden Jahren – geprägt von digitalen Disruptionen, wachsendem Wettbewerb und stärkerer Regulierung bei historisch niedrigen Zinsen – war die globale Bankenbranche zuletzt so erfolgreich wie seit mehr als zehn Jahren nicht: So wird die durchschnittliche Quote von Revenues zu Assets in der Branche 2023 bei 2,9% liegen, ein weiterer Anstieg gegenüber 2,8% im Vorjahr und nur 2,0% im Jahr 2020. Auch andere Kennzahlen konnten die Banken zuletzt steigern. So wird sich der Gewinn des Sektors in diesem Jahr etwa voraussichtlich global auf 1,4 Billionen US-Dollar belaufen – eine Verdoppelung, verglichen mit 2017. Dabei erwirtschafteten die Institute bereits 2022 Rekorderträge in Höhe von insgesamt 6,8 Billionen US-Dollar. In der Folge hat sich auch die durchschnittliche Kernkapital-Quote der Geldhäuser erhöht, die mit einem Wert von 13,8% jüngst ein Zehn-Jahres-Hoch erreichte.

Hauptgrund für die erfolgreiche Entwicklung: Sowohl im laufenden als auch im vergangenen Jahr herrschten für Banken ausgezeichnete Bedingungen. Viele Institute konnten in der frühen Phase des Zinsanstiegs von einem hohen Spread zwischen Einlagen- und Kreditzinsen sowie von Aufhol-Effekten in der Realwirtschaft nach der Pandemie und weiter niedrigen Beständen an Non-Performing Loans (NPL) profitieren. Doch die Bedingungen werden schwieriger: Die Zins-Spreads engen sich ein, die Zahlen für NPLs steigen wieder, und die schwache wirtschaftliche Dynamik hemmt die Kreditnachfrage.

Zudem bleiben langfristige Herausforderungen im Sektor bestehen, der jüngsten positiven Entwicklung der Banken-Profitabilität zum Trotz. In der „Global Banking Annual Review“ von McKinsey analysieren wir deshalb zwei zentrale Entwicklungen, welche die Finanzwelt kontinuierlich verändern und die Institute vor Herausforderungen stellen: zum einen die zunehmende Bedeutung außerbilanzieller Finanzierungs- und Anlage-Instrumente, zum anderen die Verlagerung von Transaktions- und Distributions-Aktivitäten hin zu Finanzspezialisten.

Wie äußert sich dies – und wie können Banken trotz schwierigerer Bedingungen und grundlegender Veränderungen ihren nachhaltigen Erfolg sicherstellen?

Marktanteile verschieben sich zu unabhängigen Drittanbietern

Außerbilanzielle Finanzierungs- und Anlage-Instrumente gewinnen seit Langem an Bedeutung, allerdings hat sich die Entwicklung seit 2008 erheblich beschleunigt. Beispiele hierfür sind die Umschichtung von Bankeinlagen in Geldmarktfonds, die direkte Finanzierung durch Pensionsfonds sowie das starke Wachstum von Private Equity. So kamen zwischen 2015 und 2022 mehr als 70 Prozent der weltweiten Nettozuflüsse an Finanzierungen nicht aus Bankbilanzen (und damit aus Einlagen, Bank-Anleihen und Eigenkapital). Sowohl in den USA (21%) als auch in Europa (23%) stammte nur noch knapp jeder vierte Euro aus den Bilanzen der Banken. 

Parallel dazu lässt sich eine weitere Verlagerung beobachten: Die Marktanteile bei Transaktionen verschieben sich immer mehr von traditionellen Banken hin zu Spezialisten wie Brokern, eigenständigen Asset-Managern, Payment-Spezialisten und Asset-Dienstleistern.

  • Im Kapitalmarktgeschäft zum Beispiel gewinnen spezialisierte Investmentbanken und Broker bei verschiedenen Produkten Marktanteile von klassischen Banken. Bei Eigenkapital-Transaktionen etwa stieg ihr Anteil von 44% (2015) auf 59% (2022).
  • Auch im Asset Management können von Banken oder Versicherern unabhängige Anbieter immer stärker profitieren. 2022 lag ihr Anteil an den verwalteten Vermögen bei 81% – gegenüber 77% fünf Jahre zuvor.
  • Im Zahlungsverkehr konnten die Spezialisten ihren Marktanteil gegenüber den traditionellen Banken über die vergangenen Jahre auf 55% im Jahr 2022 ausbauen. Durch Trends wie „Embedded Finance“, also integrierte Finanzdienstleistungen, dürfte sich diese Entwicklung künftig weiter fortsetzen.

Die Spezialisten sind oft weniger kapitalintensiv, nutzen moderne Infrastruktur und sind somit anpassungsfähiger. Zudem profitieren sie von technologischen Innovationen, die neuen Anbietern die Skalierung und damit die Reduktion von Kosten erleichtern. Die Entwicklung zeigt sich auch an der Bewertungslücke der traditionellen Institutionen zu den Spezialisten. So ist das Kurs-Buch-Verhältnis von Payment-Spezialisten etwa sieben Mal so hoch wie das von traditionellen Banken, bei Kapitalmarktinfrastruktur reden wir über einen Faktor von drei.

Banken müssen sich strategisch neu ausrichten

Die Verschiebungen in der Finanzbranche erfordern von vielen klassischen Banken eine strategische Neuausrichtung, wenn sie langfristig profitabel wachsen und auch künftig erfolgreich sein wollen. Dabei stehen drei Bereiche besonders im Fokus:

  • Investitionen in neue Technologien und (generative) KI: Technologie steht im Zentrum der Finanzbranche. Wer hier nicht state-of-the-art ist, wird langfristig abgehängt werden. Zum Beispiel mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und Advanced Analytics können Banken ihre Produktivität, Effizienz und Qualität signifikant verbessern; dabei ist eine Umsetzung oftmals auch als Schnellboot möglich (anders als bei klassischer IT). Eine flexible, cloudbasierte, plattform-orientierte IT-Infrastruktur und hohe Expertise im Umgang mit technologischen Risiken sind hierfür wichtige Voraussetzungen.
  • Innovationen in den drei Grundfunktionen Transaktionen, Distribution und Kapital-Intermediation: Hier geht es erstens um eine klare Positionierung im Transaktionsgeschäft. Im Zahlungsverkehr, im Kapitalmarkt-Geschäft sowie im Asset Management ist Größe ein entscheidender Erfolgsfaktor. Banken sollten dafür einen strategischen Fokus setzen: entweder durch einen konsequenten Ausbau des eigenen Geschäfts (auch mittels M&A zur Nutzung von Skaleneffekten) oder durch Partnerschaften. Zweitens bedarf es eines Ausbaus des Vertriebs: Banken müssen den direkten und indirekten Vertrieb sowie ihre Beratung an die sich verändernden Kundenbedürfnisse anpassen. Embedded Finance, digitale Marktplätze und die Nutzung von KI-basierter Kundenberatung sind dabei zentral. Ein integriertes Omni-Kanal-Modell kann die Vorteile von Automatisierung und persönlicher Interaktion verbinden. Drittens ist eine Flexibilisierung der Bilanz gefordert. Diese kann durch die Syndizierung von Finanzierungen, Originate-to-Distribute-Modellen (auch in Bereichen wie der ESG-Projektfinanzierung) und die Zusammenarbeit mit Drittparteien (zum Beispiel im Rahmen von Banking-as-a-Service-Anwendungen) erreicht werden. Zugleich wird ein verstärkter Fokus auf die Gewinnung von Einlagen immer wichtiger.
  • Anpassungsfähigkeit im Risikomanagement: Die Fähigkeiten im Risikomanagement müssen stark weiterentwickelt werden – insbesondere mit Blick auf den Einsatz neuer Technologien, Klimaeffekte und geopolitische Spannungen. Finanzinstitutionen müssen sich zudem kontinuierlich an die sich stetig verändernden Risikobedingungen anpassen. Dazu gehören makroökonomische Faktoren wie Inflation, unsichere Wachstums-Aussichten und gestiegene Kreditrisiken in einigen Branchen. Aber auch steigende regulatorische Anforderungen, Cyber- und Betrugsrisiken sowie die Integration von KI in das Bankensystem erfordern kontinuierliches Management. Eine Stärkung des Risikomanagements kann daher ein echter Wettbewerbsvorteil sein.

––––––––––––––––––––

*Miklos Dietz und Eckart Windhagen sind Senior Partner, Reinhold Hall ist Partner bei McKinsey & Companyeinem der Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier.

Rechtehinweis

Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.

Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!

To top