Von Christian Kirchner
Gelegentlich plagt uns fürchterliche journalistische Neugier. Zum Beispiel wären wir gern mal dabei gewesen, wenn Comdirect-CEO Walter bei Commerzbank-Chef Zielke und Privatkundenvorstand Mandel in den letzten Jahren vorstellig war, um mit ihnen über die Dienstleistungs-Verträge zwischen Mutter und Tochter zu sprechen. Oder über die Neukundenakquise. Oder darüber, wie weit Quickborn überhaupt gehen darf, ohne dass Frankfurt “Stopp” ruft.
Der Hintergrund unseres Interesses: Die Incentivierung des Herrn Walter (und der übrigen Comdirect-Vorstände) in den vergangenen Jahren kann als durchaus kreativ bezeichnet werden. Vor allem unter Corporate-Governance-Gesichtspunkten. Denn aktuelle und frühere Comdirect-Obere erhielt seit 2014 zwar üblich anmutende “Aktien-Incentives” in Höhe von 1,2 Mio. Euro bei Gewährung …
… allerdings, und hier wird es unüblich: nicht auf Basis des Aktienkurses der Bank, für die sie arbeiten. Sondern von der Mutter. Die Comdirect-Vorstände profitieren also bei ihren Boni nicht, wenn es der Comdirect und damit der Comdirect-Aktie gut geht. Sondern wenn es der Commerzbank und deren Aktie gut geht.
Wörtlich heißt es im Vergütungsbericht seit Jahren:
“Jeweils 50% der LTI- sowie der STI Komponenten werden als Barauszahlung und 50% nach einer sechsmonatigen Sperrfrist auf Basis von Aktien der Commerzbank AG vergütet.”
[Anmerkung: “LTI” steht für “Long-Term Incentives”, “STI” steht für “Short-Term Incentives”]
Hier, welcher Comdirect-Vorstand seit 2014 wie viel erhielt (alle Zahlen jeweils in tausend Euro, Wert bei Gewährung)
Aktien-Short Term Incentives | |||||
2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | |
Arno Walter | 34 | 54 | 46 | 40 | |
Martina Palte | 32 | 35 | 30 | 26 | 5 |
Holger Hohrein | 43 | 41 | 13 | ||
Sven Deglow | 12 | 30 | 26 | ||
Dietmar von Blücher | 10 | 19 | 20 | ||
Matthias Hach | 19 | ||||
Aktien-Long Term Incentives | |||||
Arno Walter * | 51 | 81 | 70 | 60 | |
Martina Palte | 23 | 45 | 39 | 7 | 21 |
Holger Hohrein | 29 | 27 | 20 | ||
Sven Deglow | 8 | 45 | 39 | ||
Dietmar von Blücher | 15 | 28 | 31 | ||
Matthias Hach | 21 | ||||
Total | |||||
Arno Walter | 436 | ||||
Martina Palte | 263 | ||||
Holger Hohrein | 173 | ||||
Sven Deglow | 160 | ||||
Dietmar von Blücher | 123 | ||||
Matthias Hach | 40 | ||||
2014-2018 | 1195 |
Quelle: Geschäftsberichte
Nun könnte man dies als Lappalie abtun und sich auf den Standpunkt stellen, dass das, was gut für die Tochter ist, ja auch der Mutter hilft. Und man darf auch so viel Anstand und Verantwortung von einem Vorstand erwarten, dass niemand bewusst seinen direkten Arbeitgeber schröpft zugunsten der Ergebnisse der Mutter – beispielsweise wenn es um die Frage geht, welche Dienstleistungen man zu welcher Verrechnung intern bezieht oder wer die kostspielige Neukundenakquise übernimmt.
Ein Geschmäckle hat die Konstruktion dennoch. Denn wie das Ergebnis der Commerzbank ausfällt und mithin auch die Aktie läuft, darauf haben Comdirect-Vorstände nur mittelbar Einfluss. Die Commerzbank ist gemessen an der Bilanzsumme 17x so groß und gemessen an der Mitarbeiterzahl 31x so groß wie die Comdirect.
Die Comdirect sagt dazu: Hintergrund sei eine konzerninterne Vereinheitlichung der Incentivierungsprogramme im Jahr 2011 gewesen – in der man sich nun mal für die Commerzbank als Basis entschieden hätte.
Rückblickend wäre den ehemaligen und aktuellen Comdirect-Vorständen übrigens zu wünschen gewesen, ihre Vergütung würde sich bei Gewährung am eigentlichen Arbeitgeber orientieren . Denn für die Comdirect-Aktie steht über die letzten fünf Jahre ein Plus von 20% zu Buche.
Und für die Commerzbank-Aktie? Ein Minus von 60%.
Kursentwicklung Commerzbank + Comdirect in Euro über fünf Jahre
Quelle: boerse.de; jeweils Jahresschlusskurse + letzter Kurs (2019)
Aber wie heißt es? Wenn es nicht schnell genug geht, wechsele die Pferde.
Ab diesem Jahr wird daher laut Beschluss der Hauptversammlung den “Incentives” der Comdirect-Vorstände auch die Comdirect-Aktie zugrundegelegt.
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