Geno-Ticker

Ein verurteilter Bankchef – und eine geplatzte Revolution: Alle Geno-News aus dem März

In unserem Genosektor-Ticker verfolgen wir Volks- und Raiffeisenbanken genauso wie PSD- und Sparda-Banken, die DZ-Bank-Gruppe genauso wie die Atruvia.

Hier unser Ticker für den März 2023:

Wie die Berliner Volksbank 66 Mio. € Abschreibungen wegsteckt

Dass die großen Sparkassen hierzulande operativ zugelegt haben, hatten wir Ihnen ja kürzlich erst erzählt (siehe hier). Und im Genosektor? Scheint sich dieser Trend zu bestätigen – jedenfalls wenn die gestern vorgelegten 2022er-Ergebnisse der Berliner Volksbank (Bilanzsumme: 18 Mrd. Euro), der Gradmesser sind. Zwar ist auch hier die Zinswende beträchtlich ins Bewertungsergebnis eingeschlagen, das auf minus 66 Mio. Euro rutschte (nach -8 Mio. Euro im Vorjahr), wovon knapp 61 Mio. Euro auf die Eigenanlagen entfielen. Allerdings können die Berliner diese Scharte durch das operative Ergebnis wieder ausgleichen. Das stellt sich dann so dar:

  • Der Zinsüberschuss legte um 24% auf 288 Mio. Euro zu. Zum einen, weil das Kundenkreditgeschäft um 10 Mio. Euro wuchs, vornehmlich aber, weil das Einlagengeschäft durch „Sicherung und Aussteuerung von Zinsänderungsrisiken“, wie es heißt, um 48 Mio. Euro anzog. Diese Maßnahmen umfassten nach Aussage der Bank den Verkauf von Wertpapieren Anfang 2022 und später durch Termingeschäfte.
  • Der Provisionsüberschuss ging indes leicht um 1% auf 126 Mio. Euro zurück, auch weil die Berliner anders als andere Volksbanken zwar kaum selbst private Baufinanzierung ausgeben, aber als Vermittler agieren – sich der marktbreite Einbruch in diesem Berei´ch somit im Provisionsergebnis widerspiegelt.
  • Der Verwaltungsaufwand stieg um 4% auf rund 238 Mio. Euro, getrieben von durch die Inflation gestiegenen Altersvorsorge-Aufwendungen sowie Ausgaben für IT und Digitalisierung.

Im Ergebnis kommt die Berliner Volksbank so auf eine Cost-Income-Ratio von 57,4% (Vorjahr: 63,6%) und ein Betriebsergebnis vor Bewertung, das mit 178 Mio. Euro satten 0,97% der durchschnittlichen Bilanzsumme entspricht. Und während der Geno-Sektor als Ganzes an Mitgliederschwund leidet, verzeichnet die Hauptstadt-Volksbank immerhin noch leicht steigende Mitgliederzahlen (+1% auf 219.600). Die Dividende wurde von 2% auf 3% erhöht.

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Kurz getickert

  • Bei der Sparda Ostbayern hat sich der ohnehin überschaubare Jahresüberschuss laut vorläufigen Jahreszahlen von 2 Mio. Euro im Jahr 2021 auf 1 Mio. Euro 2022 halbiert. Die Bilanzsumme wuchs um 5% auf  3,14 Mrd. Euro, das Kreditgeschäft um 4% auf 1,78 Mrd. Euro.
  • Wie wiederum das Jahr 2022 bei der Sparda Augsburg (Bilanzsumme: 1,7 Mrd. Euro) operativ lief, ist der vierseitigen Mitteilung zum Geschäftsjahr 2022 nicht zu entnehmen, Angaben zu Ergebnissen fehlen vollständig. Dafür schreiten die Arbeiten am „Flammkuchen-Mobil“ voran, ist zu erfahren.
  • Die 50 Volksbanken und Raiffeisenbanken der Region Weser-Ems haben in 2022 ein operatives Ergebnis vor Bewertung in Höhe von 343 Mio. Euro (0,94 der durchschnittlichen Bilanzsumme) erwirtschaftet – wovon nach Bewertung allerdings nur 0,5o% der DBS übrig blieben.
  • Und noch zwei Fusionen: Die Bremische Volksbank (Bilanzsumme: 1,6 Mrd. Euro) und die Volksbank Wümme-Wieste (742 Mio. Euro) sondieren einen Zusammenschluss, ebenso wie die Volksbank Hohe Mark (762 Mio. Euro) und die Volksbank Gemen (237 Mio. Euro).

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Exklusiv: Volksbank-Revolution bleibt aus – Gericht billigt umstrittene Fusionspraxis

Es war ein Beben, das den Geno-Sektor in seinen Grundfesten zu erschüttern drohte: Vor einem Jahr wurden ernste juristisch Zweifel an jenem ebenso gängigen wie umstrittenen Verfahren laut, nach dem hierzulande die meisten Fusionen von Volks- und Raiffeisenbanken vollzogen werden. Konkret ging es um den – gemessen an der Bilanzsumme rund 5,4 Mrd. Euro schweren – Zusammenschluss dreier VR-Banken aus Nürnberg, Erlangen und Neustadt an der Aisch im Jahr 2021. Die Gemengelage, grob gesagt: Gemessen am Eigenkapital, an der Rentabilität und an der Dividende war die „VR meine Bank“ aus Neustadt zum Zeitpunkt der Fusion das mit Abstand stärkste der drei Institute. Trotzdem entfielen nach der Fusion lediglich 21% des Geschäftsguthabens auf die Neustädter Genossen – während die Nürnberger auf 47% kamen und die Erlanger auf 32%. Darf das sein? Das war die Frage, die das Landgericht Nürnberg-Fürth damals aufwarf. Und die in den genossenschaftlichen Bankenverbänden für helle Aufregung sorgte. Ein Jahr später ist die hochbrisante Frage nach Informationen von Finanz-Szene nun erst einmal beantwortet: Ja, das Prozedere ist rechtens, glaubt das Landgericht – scheint sich seiner Sache so ganz sicher aber auch nicht zu sein und öffnet den Weg in die nächste Instanz. Der Fall ist also nur vorläufig entschieden. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten: FS Premium

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Verurteilter Sparda-Banker Kahl: „Das System hat mir keine Grenzen auferlegt“

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Kurz getickert

  • Die DZ Bank konkretisiert ihre ESG-Ziele. So soll die sogenannte „CO2-Intensität“ der Geschäftsportfolien in den Bereichen „Energie“, „Automobil“, „Stahl“, „Zement“ und „Luftfahrt“ bis 2025 um insgesamt 14% und bis 2030 um 36% sinken. (Mitteilung)
  • Nächstes Geno-Institut mit einer elfstelligen Bilanzsumme: Das Geschäftsvolumen der ostwestfälischen Verbund-Volksbank OWL ist infolge der Fusion mit der VB Brilon-Büren-Salzkotten sowie einer erheblichen Ausweitung des Kreditbestands (fusionsbereinigte +19% auf 6,8 Mrd. Euro) auf exakt 10,004 Mrd. Euro gestiegen. Das Betriebsergebnis vor Bewertung stieg auf 0,9% der DBS, zu den „Depot A“-Abschreibungen wurde vielsagend geschwiegen.
  • Erst Ende Februar vermeldeten wir den Einstieg der Hannoverschen Volksbank beim Pflegeheim-Investor Immac Holding – nun kauft sich auch die Volksbank Braunschweig-Wolfsburg in eine KVG ein, also einer Kapitalverwaltungs-Gesellschaft. Konkret handelt es sich bei dem Zielobjekt um die FOM Invest, die den Angaben zufolge ein Immobilien-Portfolio von rund 300 Mio. Euro verwaltet (Mitteilung)
  • Der Mitgliederschwund bei der Sparda West setzt sich fort. Im abgelaufenen Geschäftsjahr sank die Zahl der Genossen um 3,2% auf nur noch  543.477 Mitglieder.
  • Die bayerischen Genobanken haben 2022 rund 1,6 Mrd. Euro auf ihre Eigenanlagen abgeschrieben – womit das operative Ergebnis von 1,8 Mrd. Euro fast vollständig konterkariert wurde (Mitteilung).
  • Die baden-württembergischen Genobanken haben ihr operatives 2022er-Ergebnis um gut 13% auf grob 1,5 Mrd. Euro gesteigert (wobei unklar bleibt, woher dieser deutliche Zuwachs kam) – davon aber fast zwei Drittel übers Bewertungsergebnis wieder eingebüßt

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PSD-Banken liquidieren IT-Service-Tochter. Die Atruvia übernimmt

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Fünf Erkenntnisse aus den Geno-Zahlen

Vor einem Jahr berichteten wir aus Anlass der Bilanz-PK der BVR von einem „historischen Coup“ – schließlich war es den Volks- und Raiffeisenbanken erstmals seit mindestens 20 Jahren gelungen, einen höhere Vorsteuergewinn zu erwirtschaften als die Sparkassen. Und sonst so? Nutzte Verbandspräsidentin Marija Kolak der Termin, um schnell noch eine Innovationsbotschaft zu verbreiten. Geplant nämlich sei – ein Krypto-Angebot für Privatkunden. Those were the days, mag man da zwölf Monate später seufzen. Bei der diesjährigen Bilanz-PK stand nämlich gestern erwartungsgemäß eine ganz, ganz andere Frage im Mittelpunkt: Wie viel haben die Genobanken denn nun auf ihre Eigenanlagen abschreiben müssen? Antwort: 5,8 Mrd. Euro. Was zweifellos happig ist. Allerdings verglichen mit den Sparkassen auch nicht soooooo happig. Und jenseits der „Depot A“-Verluste zeigte sich sogar (was wir in unserem gestrigen „Deep Dive“ ja schon angedeutet hatten): Streng operativ betrachtet ist 2022 für die Volks- und Raiffeisenbanken eigentlich ganz gut gelaufen. Die Analyse: FS Premium

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2022er-Zahlen im Überblick: Sieben große Volksbanken ziehen blank!

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Exklusiv: Kernbanken-Projekt der Sparda-Banken vor den Aus

Es ist ein Fall, der in seiner finanziellen Tragweite mit dem IT-Desaster der Apobank vergleichbar sein dürfte: Laut exklusiven Recherchen von Finanz-Szene steht das gemeinsame Kernbanken-Projekt diverser Sparda-Banken (West, Baden-Württemberg, Hessen, München, Nürnberg, Ostbayern und Augsburg) mit dem französischen Technologiekonzern Sopra Steria vor dem Aus. Der Wechsel zu einem anderen Core-Banking-Anbieter wird bereits offen sondiert. Hintergrund: Die Gruppe der elf Sparda-Banken hatte sich in technologischer Hinsicht vor einigen Jahren aufgespalten. Während sich die Institute aus Berlin, Hamburg, Hannover und Südwest dem genossenschaftlichen IT-Dienstleister Atruvia anschlossen, überführten die sieben übrigen Sparda-Banken die alte Nürnberger „Sparda Datenverarbeitungs eG“ in ein Joint-Venture mit Sopra Steria. Dass es in diesem anfangs hochambitionierten Bündnis knirscht und knarzt, hatten exklusive Recherchen von Finanz-Szene bereits Anfang November zutage gefördert. Nun indes scheinen die Risse in dem Gemeinschafts-Projekt kaum mehr zu kitten. Was sind die Gründe? Wie geht es nun weiter? Und wie hoch wird die finanzielle Rechnung letztlich ausfallen? Hier die Details: FS Premium

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Die Ergebnisse der DZ Bank und ihrer Töchter im Überblick

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Kurz getickert

  • Die DZ Bank will in Kürze einen Antrag auf Krypto-Verwahrlizenz stellen – und noch in diesem Jahr wie geplant mit einer Plattform für Krypto-Assets an den Start gehen, verlautete bei der Bilanz-PK

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Volksbanken planen 10-Mrd.-€-Fusion in Ostwestfalen

Bei den Worten „Fusion“ und „Westfalen-Lippe“ neigen wir aus guter Gewohnheit (siehe etwa hier, hier und hier) dazu, automatisch „Sparkassen“ zu ergänzen – doch Obacht! Bei dem gestern angekündigten Zusammenschluss in Ostwestfalen-Lippe handelt es sich tatsächlich um den zweier Volksbanken, nämlich Bielefeld-Gütersloh (Bilanzsumme: 5,6 Mrd. Euro) und Herford-Mindener Land (4,6 Mrd. Euro). Mit einer kumulierten Bilanz von knapp über 10 Mrd. Euro würde die künftige „Volksbank in Ostwestfalen“ in die Top-10 der größten deutschen VR-Banken aufsteigen – mit 290.000 Kunden, 192.000 Mitgliedern und 1200 Beschäftigten.

Nun sind Banken-Hochzeiten im Genosektor (anders als – mit Ausnahme Ostwestfalen – bei den Sparkassen) freilich Usus, und so fallen auch die Begründungen auf den ersten Blick nicht überraschend aus: Es gehe darum, das „Kerngeschäft abzusichern und weiterzuentwickeln“ sowie „in einem hart umkämpften Markt weiterhin eine der besten Regionalbanken in Ostwestfalen zu sein“, heißt es in der Mitteilung. Was freilich auffällt: Es sind längst nicht mehr nur die kleineren Genos mit Bilanzsummen unter 2 Mrd. Euro (siehe weiter unten), die ihre Eigenständigkeit aufgeben. Immer öfter sind es auch Häuser, die im Vergleich zu den schon größeren gehören. Allein für die jüngste Vergangenheit fallen uns etwa die Volksbanken in Mainz und Darmstadt-Südhessen ein (kumulierte Bilanzsumme: 13 Mrd. Euro), die Volksbanken in Rosenheim und Ingolstadt (16 Mrd. Euro) sowie die Volksbanken in Villingen-Schwenningen und Rhein-Wehra (12 Mrd. Euro) … wobei aus den letzten beiden am Ende nichts wurde (siehe hier und hier). Aber das sind zwei andere Geschichten.

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Kurz getickert

  • Hier noch ein paar kleinere Geno-Fusionspläne: Die Volksbanken Eifel (Bilanzsumme: 1,7 Mrd. Euro) und Trier (2,3 Mrd. Euro) verhandeln über einen Zusammenschluss, ebenso wie die Raiffeisen-Volksbank Ries (1,3 Mrd. Euro) mit der Raiffeisenbank Bissingen (149 Mio. Euro) und die Raiffeisenbank Scharrel (347 Mio. Euro) und Volksbank Barßel-Bösel-Friesoythe (891 Mio. Euro) …
  • … Und eine gescheiterte: Die VR-Bank Osnabrücker Nordland (721 Mio. Euro) und die Raiffeisenbank Ems-Vechte  (629 Mio. Euro) erklären ihre seit 2021 (!!) laufenden Fusionsgespräche für beendet. NOZ (Paywall)
  • Die Volksbank in Rosenheim (das sind die mit dem umtriebigen Herrn Altmüller als Chef, siehe hier) gründet mit dem Vermögensverwalter Bayerische Vermögen ein Joint-Venture, das sich um wohlhabende Privatkunden kümmern soll. PBM

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Alle Geno-Meldungen aus dem Februar

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