von Bernd Neubacher und Christian Kirchner, 31. Juli 2023
Zwischen den Anfängen der „Ära Kohlhaussen“ und den Anfängen der „Ära Knof“ liegen satte drei Dekaden (wobei sich natürlich erst noch erweisen muss, ob Manfred Knof bei der Commerzbank wirklich eine Ära prägen wird). Trotzdem hat Martin Kohlhaussen, Coba-Chef von 1991 bis 2001, seinem Nach-Nach-Nach-Nachfolger eine Baustelle hinterlassen, die dieser (seit er 2021 sein Amt antrat) nun schon seit zweieinhalb Jahren vergeblich zu schließen versucht.
In a nutshell: Man schrieb das Jahr 1994, als sich die Commerzbank mit zunächst 21% an der Warschauer BRE Bank beteiligte, die sich später in mBank umbenannte. Und man schrieb den Januar 2022, als die Commerzbank noch schnell 436 Mio. Euro Risikovorsorge ins abgelaufene Geschäftsjahr packte – und glaubte, das sogenannte „Franken-Kredit-Problem“ der polnischen Tochter damit ein für allemal verdaut zu haben.
Wie man weiß, haben sich die Dinge danach ein bisschen anders entwickelt. 2022 musste die Commerzbank weitere 650 Mio. Euro Risikovorsorge bilden (zuzüglich sogenannter „Credit Holidays“ im Umfang von 279 Mio. Euro); im ersten Quartal dieses Jahres kamen 173 Mio. Euro hinzu; und von April bis Juni (wie bereits verkündet) dann sogar nochmals 342 Mio. Euro. Wenn die Commerzbank mithin an diesem Freitag ihre Q2-Zahlen präsentiert, stellt sich eine inzwischen fast notorische Frage: Naaaaa, in welchem Umfang hat das „Franken-Kredit-Problem“ das Coba-Ergebnis diesmal versaut?
Darüber hinaus drängen sich allerdings noch zwei weitere Fragen auf: 1.) Was wird da noch alles kommen?; und 2.) Wenn man mal die ganz, ganz große Rechnung aufmacht – hat die Commerzbank über die letzten drei Jahrzehnte an der mBank überhaupt noch was verdient??
Kurz gesagt: Wir haben einfach mal versucht, die ganz, ganz große Rechnungen tatsächlich aufzumachen. Unser Deep Dive:
Alles in allem summieren sich die Belastungen allein seit Anfang 2020 auf annähernd 2,3 Mrd. Euro. Dabei unterscheidet die Commerzbank in ihrer Bilanzierung zwischen …
–––––––––––––––––––
Weniger stark, als man das auf den ersten Blick vermuten würde. Das liegt daran, dass die mBank in operativer Hinsicht ungemein effizient unterwegs und überdies massiv von der Zinswende profitiert. Die begann in Polen deutlich früher als im Euro-Raum (konkret: am Anleihenmarkt schon Anfang 2021 und seitens der Notenbanken im Oktober 2021) und fiel auch ein gutes Stück kräftiger aus (in nur zehn Monaten stieg der Leitzins von 1,25% auf 6,75%).
Folge: Die mBank …
Tatsächlich drückten die Altlasten das Ergebnis der mBank lediglich 2021 (minus 256 Mio. Euro) und 2022 (minus 150 Mio. Euro) in die Verlustzone. Im Corona-Jahr 2020 reichte es dagegen trotz aller Probleme zu einem kleinen Nettogewinn von 23 Mio. Euro. Und betrachtet man die komplette Fünf-Jahres-Periode 2018-2022, übertreffen die Gewinne die Verluste um sogar um 159 Mio. Euro …
Aktionären zurechenbarer Nettogewinn der mBank:
… In der Bilanzierung der Commerzbank schlägt sich das Ganze dann wie folgt nieder …
Operatives Ergebnis der mBank gemäß Commerzbank-Abschluss:
Nach dem Erwerb einer Beteiligung von 21% im Jahr 1994 (samt Kooperationsvertrag, der laut Geschäftsbericht „die Delegierung von Commerzbank-Mitarbeitern in die Arbeitsebene, den Vorstand und den Aufsichtsrat der BRE“ vorsah) baute die Coba ihren Anteil an dem Warschauer Institut in mehreren Schritten aus:
Aus den Preisen …
… ergibt sich somit eine Gesamtinvestition (ohne Transaktions- und sonstige Kosten) von 686 Mio. Euro.
Gerechnet ab dem Jahr 2001 (also jenem Jahr, als die Commerzbank erstmals mehr als 50% der Anteile hielt) hat die mBank einen den eigenen Nettogewinn von aggregiert 2,845 Mio. Euro erwirtschaftet …
… Auf die Commerzbank entfielen hiervon (wenn man den Gewinn auf ihren jeweiligen Anteil runterrechnet) aggregiert ziemlich exakt 2 Mrd. Euro.
Die mBank hat in den vergangenen 22 Jahren (also in der weiter oben betrachteten Periode) nur viermal eine Dividende gezahlt, nämlich für die Jahre 2007, 2012, 2013 und 2017. Die Commerzbank als Mehrheitseigner profitierte hierbei im Umfang von aggregiert 254 Mio. Euro.
Der weit überwiegende Teil der Gewinne wurde derweil thesauriert – mit der Folge, dass das Eigenkapital der mBank von 625 Mio. Euro per Ende 2001 auf 2,72 Mrd. Euro per Ende 2022 angeschwollen ist. Bezogen auf den 69,2%-Anteil der Commerzbank ergibt sich somit ein Betrag von 1,879 Mrd. Euro.
Auf der Habenseite stehen Stand heute:
Davon abzuziehen sind:
Macht:
Anders als es angesichts der aktuellen Belastungen bisweilen den Anschein haben mag, ist die mBank eines sicherlich nicht – ein Fehleinkauf. Stattdessen haben wir es …
Wie es nun weitergehen wird? In der Commerzbank werden momentan ein Worst-Case- und ein Best-Case-Szenario gewälzt:
Das Best-Case-Szenario:
Das Worst-Case-Szenario:
Auch im „Worst Case“ dürfte die Gesamtrechnung also immer noch positiv sein.
Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.
Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!