Von Christian Kirchner
ING Deutschland (früher ING Diba) hat im Jahr 2019 einen Gewinn vor Steuern* von 1409 Mio. Euro erwirtschaftet – ein kleines Plus von 1% zum Vorjahr. Allerdings hinterlassen die Niedrigzinsen immer deutlichere Spuren in der Bilanz der nach Kunden drittgrößten deutschen Bank: Der Gewinn vor Steuern sank im vierten Quartal um 9% zum Vorquartal und gar um 16% zum Vorjahresquartal. Es ist der zweite Quartalsrückgang in Folge. Wesentliche Ursache dafür ist der sinkende Zinsüberschuss, der noch immer für knapp 90% aller Überschüsse des Instituts steht. Er sank auch im Gesamtjahr spürbar um knapp 80 Mio. Euro (3%) zum Vorjahr.
Die Zahlen gehen aus dem heute Früh vorgelegten Zahlenwerk des niederländischen Mutterkonzerns ING Groep hervor. Darin sind auch detaillierte Angaben zum Deutschland-Geschäft enthalten.
Hintergrund der negativen Entwicklung im Zinsgeschäft: Bei ihrem Flaggschiff-Produkt in Deutschland – dem „Extra-Konto“ genannten Tagesgeld – ist die Bank inzwischen bei einer Verzinsung von 0,001% angekommen und kann nicht länger mit Zinssenkungen auf Einlagen ihre Margen verteidigen. Einen Achtungserfolg an der Zinsfront gibt es dennoch zu verzeichnen: Der Bank ist es gelungen, den Zufluss an Einlagen zu stoppen. Insgesamt hatten Kunden zum Jahresende 139,5 Mrd. Euro bei der ING Deutschland angelegt – das ist nur wenig mehr (+1%) als ein Jahr zuvor. Ausgebaut hat die Bank derweil ihr Geschäft in der Baufinanzierung. Hier betrug das ausgereichte Volumen per Ende Dezember 76,1 Mrd. Euro, ein Plus von 4% zum Vorjahr.
Hier der Blick auf die wesentlichen Eckdaten des abgelaufenen Jahres 2019 der ING Deutschland *
in Mio. Euro | 2018 | 2019 | 2018 vs. 2019 |
Zinsüberschuss | 2200 | 2122 | -3% |
Provisionsüberschuss | 273 | 315 | 15% |
Erträge gesamt | 2572 | 2606 | 1% |
Kosten gesamt | 1171 | 1237 | 6% |
Gewinn vor Steuern | 1396 | 1409 | 1% |
Der Blick auf das vierte Quartal offenbart, wie kräftig der immer noch hochprofitablen Bank inzwischen bei den Zinsen unter Druck steht. Hier konnte die ING Diba den Rückgang des Zinsüberschusses nicht länger durch steigende Provisionen oder niedrigere Kosten auffangen. Sollte die Bank keine Sondereffekte im Q4 verzeichnet haben (was sie auf ihrer heutigen Bilanz-PK präzisieren dürfte), sind die Zahlen ein klarer Beleg dafür, dass das Institut frische Impulse braucht, um ihre exzellente Profitabilität (Cost-Income-Ratio in Q4: 48%, Eigenkapitalrendite: 15,6%) und ihre Überschüsse zu verteidigen.
Der genaue Blick auf das Q4 (Hervorhebung von uns):
vs. Vorquartal | vs Vorjahres-Quartal | ||||
in Mio. Euro | Q4/2018 | Q3/19 | Q4/2019 | Q4/19 vs. Q3/19 | Q4/19 vs. Q4/18 |
Zinsüberschuss | 537 | 538 | 523 | -3% | -3% |
Provisionsüberschuss | 82 | 85 | 88 | 4% | 7% |
Erträge gesamt | 646 | 664 | 632 | -5% | -2% |
Kosten gesamt | 285 | 284 | 299 | 5% | 5% |
Gewinn vor Steuern | 407 | 377 | 342 | -9% | -16% |
Zwar lieferte die bei der ING Deutschland „Wholesale Banking“ genannte und in den vergangenen Jahren erfolgreich aufgebaute Firmenkundensparte auch 2019 wieder einen hohen Ergebnisbeitrag von 451 Mio. Euro vor Steuern. In der Sparte scheinen die Zeiten des ganz extremen Wachstums aber vorbei zu sein – das Plus beträgt lediglich noch 6% zum Vorjahr.
In der Retail-Sparte sank der Gewinn vor Steuern im Gesamtjahr um 2% – was auch unsere Analyse von vorgestern untermauert, wonach die ING Deutschland heute auf ihrer Bilanz-PK neue Konzepte präsentieren dürfte, wie sie den Bereich strategisch für die Niedrigzins-Ära positionieren will. Alarmierend: In Q4 sank der Vorsteuergewinn der Retail-Sparte um 17% (!) zum Vorjahresquartal.
Das Teilergebnis der Retail-Sparte im Gesamtjahr 2019:
in Mio. Euro | 2018 | 2019 | |
Zinsüberschuss | 1671 | 1579 | -6% |
Provisionsüberschuss | 225 | 268 | 19% |
Erträge gesamt | 1972 | 1985 | 1% |
Kosten gesamt | 1027 | 1080 | 5% |
Gewinn vor Steuern | 972 | 957 | -2% |
* lt. Definition ING NL auf Gruppenebene
NEWSLETTER