von Heinz-Roger Dohms, 25. April 2018
Natürlich haben die Entscheidungsträger den Zusammenschluss gestern mit den üblichem Narrativ begleitet: “Größe haben wir mit der Fusion nicht angestrebt”, sagte Eva Wunsch-Weber, die Chefin der Frankfurter Volksbank. Vielmehr sei es um Themen wie Niedrigzins, Digitalisierung und Regulierung gegangen, die den Ausschlag für den Zusammenschluss ihres Instituts mit der Vereinigten Volksbank Maingau und der Volksbank Griesheim gegeben hätten.
Doch ist das die Wahrheit? Naja, vielleicht die halbe. Mehr aber auch nicht. Denn schaut man sich die Geschichte der Frankfurter Volksbank etwas genauer an, dann fällt auf, dass auch schon fusioniert wurde (oder soll man juristisch inkorrekt, aber faktisch zutreffend “übernommen wurde” sagen), als Bankenregulierung hierzulande noch eine Laissez-faire-Veranstaltung war:
Das Ganze setzte sich dann fort in den Nullerjahren, als zwar Basel schon ein Thema war, aber noch nicht wirklich über die sog. Regulierungswut geklagt wurde:
Verglichen damit ging die Zahl der Fusion im laufenden Jahrzehnt sogar leicht zurück (wobei, die Dekade ist ja noch nicht vorbei …):
Unterm Strich bleibt damit festzuhalten, dass die Frankfurter Volksbank seit nunmehr 30 Jahren fröhlich vor sich hinwächst und (rechnet man die Volksbanken Maingau und Griesheim ein) nun bei einer Bilanzsumme von 11,6 Milliarden Euro angekommen ist, was das einst beschauliche Institut zur Nummer zwei unter den deutschen Volks- und Raiffeisenbanken macht, hinter der Volksbank Berlin.
Und dann fällt noch etwas auf: Wenn man das offizielle Genobanken-Ranking des BVR einfach mal um die Kirchenbanken, die Sparda-Banken, die PSD-Banken und sonstige Sonderlinge bereinigt, dann stellt man fest, dass unter den zwölf größten deutschen Volks- und Raiffeisenbanken vier sind, die man dem kulturellen Einflussraum der Finanzmetropole Frankfurt zurechnen könnte, nämlich neben der Frankfurter Volksbank noch die Volksbank Mittelhessen, die Mainzer Volksbank und die Wiesbadener Volksbank (nicht weit weg ist mit einer Bilanzsumme von 4,1 Mrd. Euro übrigens auch noch die Volksbank Darmstadt-Südhessen).
Nun hat die Redaktion von “Finanz-Szene.de” die Vorlesung zur genossenschaftlichen Bankenhistorie im Rhein-Main-Gebiet leider geschwänzt, sodass wir die Gründe für die auffällige Dichte großer Kleinbanken in der Region nicht kennen. Aber: Könnte es sein, dass die Volksbanker in besagtem kulturellen Einflussraum der Finanzmetropole Frankfurt schon immer ein bisschen großbankiger waren als anderswo in der Republik? Und kann es sein, dass die hessischen Volksbanken davon in den nächsten Jahren – jetzt, wo die Zeiten ja tatsächlich härter werden – profitieren dürften?
Wenn wir richtig gezählt haben (wobei wir hier als Quelle auf die Schnelle nur einen dürren Wikipedia-Eintrag gefunden haben), dann gibt es in Hessen nur noch gut 30 Volks- und Raiffeisenbanken. Sollte die Frankfurter Volksbank weiterhin alles wegfusionieren und sollten die übrigen drei bzw. vier großen Volksbanken im Rhein-Main-Gebiet mitmachen, dann kann man sich leicht ausrechnen, wie die Volksbanken-Karte in der Region in fünf bis zehn Jahren aussehen wird.
Bliebe nur noch die Frage, ob die Frankfurter, Mainzer, Wiesbadener, Gießener und Darmstädter irgendwann auch untereinander fusionieren – oder ob eine Bilanzsumme irgendwo zwischen 5 und 15 Mrd. Euro genau das ist, was die Volksbank der Zukunft auf die Waage bringen sollte.