Makro-Ticker

Zwischen Bauspar-Boom und Fachkräfte-Doom: Die Makro-News aus April und Mai

In unserem Makro-Ticker behalten wir alle volkswirtschaftlichen und politischen Oberthemen im Blick, die das Geschäft unserer Banken und Fintechs beeinflussen. 

Hier der Ticker für April und Mai 2023: 

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Banken klagen immer lauter über Fachkräftemangel

Nachdem der BNP-Paribas-Deutschland-Manager Tino Benker-Schwuchow zu Beginn dieser Woche gegenüber „Bloomberg“ von 500 offenen Stellen berichtet hatte (und davon, dass sich die Zahl der aktiven Bewerbungen zuletzt binnen eines Jahres halbiert habe), legte die KfW-IT-Vorständin Melanie Kehr im Gespräch mit der „Börsen-Zeitung“ nach: Zwar habe die Staatsbank letztes Jahr rund 100 Stellen in der IT besetzt. Das allerdings sei „ein Kraftakt“ gewesen. Die KfW stelle einen „unglaublichen Engpass an Fachkräften“ fest, zudem würden Banken unter IT-Bewerbern „nicht unbedingt als die attraktivsten Arbeitgeber“ gelten.

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Kurz getickert

  • Die Festgeld-Einlagen bei Banken und Sparkassen sind im Zuge der Zinswende zwischen August 2022 und März 2023 um die Hälfte auf 535 Mrd. Euro gestiegen, zeigen PwC-Berechnungen auf Basis von Bundesbank-Daten (HB/Paywall)
  • Die deutsche Fondsbranche hat im ersten Quartal laut BVI Nettozuflüsse von rund 15 Mrd. Euro verzeichnet – ein Drittel hiervon sei auf offene Publikumsfonds entfallen (Mitteilung)

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Warum der Zinswettlauf an sein Ende kommt

Natürlich ist spannend, ob die EZB den Leitzins heute um 25 Basispunkte anhebt – oder vielleicht doch um 50 Punkte. Glaubt man allerdings dem Kapitalmarkt, dann wird der Zins-Peak so oder so bald erreicht sein (nämlich spätestens im Juli) und bezogen auf den Einlagenzins der Notenbank unterhalb von 4% bleiben, verglichen mit Stand gestern 3,0%. Was wiederum für die Geschäftsbanken bedeutet, dass ihr Spielraum beim Tagesgeld allmählich dünn wird.

Zur Einordnung: Als die ING Diba im Oktober als erste große Bank wieder 1% in Aussicht stellte, lag der EZB-Zins schon bei 1,5%. Als Trade Republic Anfang Januar seine „2% auf alles“-Aktion verkündete, waren’s bei der Notenbank schon 2,0%. Und als im März/April gleich mehrere Institute die 3% ausriefen (Suresse Direkt, Consors, ING Diba …) – da bekamen die Sparer von den Banken bereits das, was die Banken von der EZB auch kriegen.

Nun mag sein, dass der ein oder andere Anbieter im Zuge der heutigen EZB-Entscheidung noch mal den ein oder anderen Basispunkt nachlegt. Viel mehr wird’s aber aller Voraussicht nach auch nicht sein. Schon zuletzt ging es ja nur noch in Trippelschritten aufwärts, siehe die VW Bank, die Mitte April auf 3,1% erhöhte, und die deutsche Barclays, die letzte Woche ein mickriges Pünktchen auf 3,11% draufpackte.

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Kurz getickert

  • Eine Nachricht, die auch bei den Banken hierzulande für Beruhigung sorgen dürfte: Die größte US-Bank J.P. Morgan übernimmt die in Schieflage geratene First Republic Bank aus San Francisco – inklusive aller Einlagen, also auch der ungesicherten. Ein Teil der Verluste landet bei der US-Einlagensicherung FDIC. Reuters

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Spektakuläre Erholung: Baufi-Neugeschäft steigt im März um 27%!!!

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Banken und Sparkassen opfern Marge in der privaten Baufinanzierung

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Kurz getickert

  • Trotz rückläufiger Immobilienfinanzierungen haben Banken und Sparkassen im vergangenen Jahr Pfandbriefe im Umfang von 82,3 Mrd. Euro emittiert, der höchste Wert seit 2010. Die Branchen-Lobby VdP begründete den Zuwachs unter anderem mit dem Auslaufen der TLTRO-Geschäfte – dadurch hätten sich viele Institute wieder stärker über Pfandbriefe refinanziert. Für dieses Jahr rechnet der VdP gleichwohl mit einem Einbruch des Emissionsvolumens auf nur noch rund 50 Mrd. Euro.
  • Im gewerblichen Immobiliensektor könnte es Fitch zufolge zwar zu „signifikant“ fallenden Preisen kommen – trotzdem rechnet die Ratingagentur zumindest auf kurze Sicht mit keinen größeren Kreditausfällen bei deutschen Banken. Begründung: Adäquate Besicherung, lange Laufzeiten, überwiegende Festverzinsung (Bloomberg/Paywall)
  • Interessant, was gerade im US-amerikanischen Einlagengeschäft los ist. Dort haben Apple und Goldman Sachs ein gemeinsames Sparprodukt gelauncht, das 4,15% Zinsen für ein Jahr bietet – gut das Zehnfache des Marktdurchschnitts (FT/Paywall)
  • In seiner Rolle als BdB-Präsident hat Christian Sewing das jüngste Bankenbeben (das ja auch sein eigenes Institut erschüttert hatte) gewissermaßen für beendet erklärt. Die Gefahr einer systemischen Krise sei „äußerst gering“, sagte der Deutsche-Bank-Chef bei einer Veranstaltung des Bankenverbands. Das Scheitern der Credit Suisse sei einer „Sondersituation“ geschuldet gewesen, „die keine Rückschlüsse auf die Lage der europäischen Bankenbranche insgesamt“ zulasse. 
  • Zahl der Geldautomaten-Sprengungen verharrt auf unangenehm hohen Niveau: Laut einer „Reuters“-Umfrage (via „HB“/Paywall) wurden in diesem Jahr allein in NRW, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz schon mehr als 100 Detonationen gezählt. Zur Einordnung: 2023 waren es im Gesamtjahr in den vier Bundesländern exakt 347 Sprengungen.
  • Die unter EZB-Aufsicht stehenden europäischen Großbanken haben ihre Eigenkapitalrendite im vierten Quartal 2022 auf 7,68% gesteigert – verglichen mit der Vorjahresperiode ein Plus von 98 Basispunkten (Mitteilung

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Immer mehr mittelständische Unternehmer meiden die Bankfiliale

Ausweislich einer Erhebung der KfW hat im Jahr 2021 nur noch jeder zweite Mittelständler einen Geschäftstermin in der Zweigstelle einer Bank oder Sparkasse wahrgenommen – 2017 seien es laut einer identisch angelegten Untersuchung noch zwei von drei gewesen. Auch die Frequenz ging merklich zurück, nämlich von durchschnittlich 3,92 Filialbesuchen auf nur noch 3,41 Filialbesuche (bezogen jeweils auf jene Unternehmer, die überhaupt noch in die Filiale gehen). Befragt wurden knapp 11.000 Firmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Mio. Euro. Studie im Original (PDF)

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Acht Gründe, warum die Zinsschlacht trotz Bankenbebens weitergeht

Das jüngste Bankenbeben bot ja durchaus Anlass, über das Thema „Einlagenzinsen“ nochmal sehr grundsätzlich nachzudenken. Zum einen auf einer eher abstrakten Ebene (was wäre eigentlich los, wenn die Normalsparer da draußen ihre liquiden Mittel genauso optimieren würde, wie das ein Treasurer oder ein Silicon-Valley-Bank-Kunde tut?). Zum anderen aber auch auf einer sehr konkreten Ebene. Denn: Infolge des Bankencrashs stellte sich ja plötzlich und stellt sich weiterhin die Frage, ob die EZB die Zinsen überhaupt noch weiter erhöhen wird. Und falls nein – ob die sogenannte „Zinsschlacht“ vorbei ist, eh sie so richtig begonnen hat. Zumindest auf letztere Frage gibt es nun die Antwort: Ja, trotz veränderter Makrolage geht der Zins-Wettlauf weiter! Jedenfalls für den Moment. Zunächst war es vergangene Woche die zur spanischen Santander gehörende „Suresse Direkt Bank“, die als erster Anbieter überhaupt ein „3%-Schild“ an ihr Tagesgeld hängte. Und nun: Tut es ihr als erster großer Player die ING Diba gleich – auch wenn es sich bei deren 3%-Offerte angesichts diverser Beschränkungen (nur für Neugelder, nur für sechs Monate, nur bis 50.000 Euro) unverkennbar um ein Lockangebot handelt. Und jetzt? Ziehen die Aareals und Scalables und Trade Republics und DKBs und natürlich die C24 Bank nach? Gut möglich! Denn so wild Aktionen wie die der ING Diba auf den ersten Blick wirken mögen – ihnen wohnt eine industrielle Logik inne. Acht Gründe, warum die „Zinsschlacht“ weitergehen könnte: FS Premium

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Neubacher & Kirchner über die Lehren aus dem Bankenbeben

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Muss an den Bauspar-Boom ein kleiner Disclaimer?

Zu den gewöhnungsbedürftigen Phänomenen der Zinswende gehört, dass – während das Neugeschäft in der Baufinanzierung fällt und fällt (siehe auch weiter unten) – das Bausparen dieser Tage eine veritable Renaissance erlebt. Unsere Banken profitieren hiervon auf vielfältige Weise oder wollen dies zumindest tun. Die Schwäbisch Hall zum Beispiel hat der DZ Bank einen um 10% gestiegenen Ergebnisbeitrag beschert; im vergangenen Jahr zog sowohl bei den Landesbausparkassen als auch bei den privaten Bausparkassen das Neugeschäft um fast 50% an, und die DKB ist ja nicht ohne Grund so fickrig, ihre Provisionseinnahmen in dem Bereich deutlich auszuweiten. Hierzu passt nun wiederum, dass der Wunschpartner der DKB, nämlich Wüstenrot, am Freitag das umfangreichste Neugeschäft ever verkündet hat. Nämlich: plus 60% (!) auf 18,7 Mrd. Euro. Gleichwohl sei der Hinweis erlaubt, dass hiervon per Ende 2022 erst 13,9 Mrd. Euro eingelöst waren. Was einer bemerkenswerten Nichteinlösungs-Quote von 37% entspricht (Vorjahr: 28%). Wüstenrot verweist darauf, dass erfahrungsgemäß „mehr als 90%“ des abgeschlossenen Geschäfts letztlich eingelöst würden. Auch diesmal? Warten wir’s ab.

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Kurz getickert

  • Das Neugeschäft in der privaten Baufinanzierung soll im Februar weiter zurückgegangen sein – nämlich von 12,7 Mrd. Euro im Vormonat auf nur noch 12,0 Mrd. Euro, wie der Daten-Spezialist Barkow unter Verweis auf EZB-Statistiken angibt (HB/Paywall)
  • Die EZB hat in einem Report (siehe hier) vor Gefahren am Markt für Gewerbeimmobilien gewarnt. Als möglichen „Trigger“ sehen die Aufseher mögliche Geldabflüsse aus Immobilienfonds.

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Zwischen Banken- und Baufi-Krise: Die Makro-Meldungen aus dem März

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