von Christian Kirchner und Heinz-Roger Dohms, 1. April 2023
In unserem Makro-Ticker behalten wir alle volkswirtschaftlichen und politischen Oberthemen im Blick, die das Geschäft unserer Banken und Fintechs beeinflussen.
Hier der Ticker für März 2023:
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Es sagt sich so leicht: Der Baufi-Markt wird schon irgendwann wiederkommen. Oder: Dem schrumpfenden Neugeschäft stehen ja steigende Zinsspannen gegenüber. Mithin: Alles halb so schlimm. Doch ist dem wirklich so? Gleichen die sich weitenden Zinsspannen wirklich die fehlenden Abschlüsse aus? Legt das Geschäft mit der privaten Baufinanzierung wirklich nur eine Pause ein? Lautet das Basis-Szenario also immer noch: „Wird schon wieder!“??? Oder ist die Zeit der Durchhalteparolen nicht langsam vorbei???
Zur Ausgangslage: Nach Jahren des Baufi-Booms sitzen Banken und Sparkassen auf Wohnimmobilien-Krediten im Umfang von fast 1,3 Billionen Euro. Weil nun die Zinsen (und die Baukosten) drastisch gestiegen sind, die Preise aber trotzdem kaum sinken wollen, geht das Geschäft seit Monaten kontinuierlich zurück. Die Folgen sind gewaltig. Psychologisch (in den Baufi-Abteilungen sitzen Mitarbeiter, die kaum noch was zu tun haben). Aber auch mathematisch (denn was nützen lukrative Neukredite, wenn im Bestand noch auf Jahre hinaus das schwach verzinste Altgeschäft dominiert?). Wer dieser Tage mit Marktteilnehmern spricht und die Dinge zu analysieren versucht, kommt jedenfalls zu dem Schluss, dass die tatsächliche Lage womöglich noch düsterer ist als die gefühlte. Unsere zehn Thesen zu den Perspektiven am Baufi-Markt: FS Premium
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Wie schlimm ist Lage am Baufi-Markt wirklich, Professor Just?
Die US-Notenbank hat den Leitzins gestern Abend ein weiteres Mail angehoben, und zwar um 25 Basispunkte auf eine Zielspanne von 4,75% bis 5%. Wie auch schon letzte Woche die EZB, will die Fed mit ihrer Entscheidung signalisieren, dass das Bankensystem einen weiteren Zinsanstieg verkraften kann – was sich in der Praxis freilich erst einmal erweisen muss. Schließlich wächst mit anziehenden Zinsen der Druck auf verlustreiche Anleihepositionen, während sich zugleich der Wettbewerb um die Einlagen zu verschärfen droht.
Die zweite und spannendere Nachricht des gestrigen Abends war denn auch, dass die Fed zum ersten Mal, seit sie vor einem Jahr begann, die Zinsen sukzessive anzuheben, keine expliziten Hinweise auf weitere Zinsschritte gab. Dies werteten Analysten naheliegenderweise als Indiz für ein mögliches Ende der Zinssteigerungen. Der Dow-Jones-Index für US-Bankaktien verlor gestern nach der Entscheidung 2,2% – in ähnlichen, verglichen mit den Vortagen eher ruhigen Dimensionen bewegten sich bis zum Abend auch die Abschläge für Deutsche Bank (-2,1%), Commerzbank (-2,2%) und die Bankaktien der Eurozone insgesamt (Euro Stoxx Banks -0,7%).
Nun ja, zumindest lässt sich konstatieren, dass die gängigen Finanzwerte gestern erstmals seit Ausbruch der Krise vor zwei Wochen wieder richtig nachgefragt waren. So ging es hierzulande für die Deutsche Bank um 6% und für die Commerzbank um 7% nach oben, während die Aktien der UBS sogar um 12% stiegen und der Euro Stoxx Banks immerhin 5% aufholte. Auch aus den USA kamen Signale, dass sich die Lage möglicherweise beruhigt (auch weil Finanzministerin Yellen einen umfassenderen Schutz von Bankeinlagen andeutete). So machten die Papiere der angeschlagenen First Republic Bank bis zum Abend rund 54% gut.
Gleichwohl sei daran erinnert: In der Woche ab dem 15. März 2008 (das war der Tag vor der Bear-Stearns-Rettung) verlor zum Beispiel die Deutsche-Bank-Aktie nicht etwa an Wert – sondern sie legte fast 1% zu. Und in der Woche ab dem 14. September 2008 (dem Tag vor der Lehman-Pleite) reüssierte besagte Deutsche-Bank-Aktie sogar richtig (da betrug das Plus satte 5%). Will heißen: Selbst nach den beiden dramatischsten Ereignissen der Finanzkrise folgte der Crash der Bankaktien jeweils erst mit Verzögerung. Wenn dieser Tage also schon überall die Parallelen zu 2008 gezogen werden – dann muss auch dieser Hinweis erlaubt sein.
… dass die UBS mit der Übernahme der Credit Suisse zur viertgefährlichsten Bank der Welt avancieren könnte? Dies jedenfalls legt ein Blick auf das vom globalen Finanz-Stabilitätsrat erstellte „G-SIB“-Dashboard der Banken mit weltweiter Systemrelevanz nahe. Auf Basis der Daten per Ende 2021 ordnete das Gremium der UBS einen Gesamt-Score von 198 und der Credit Suisse einen Wert von 168 zu. In Addition ergibt bzw. ergäbe dies einen Score von 366, womit das Gebilde aus UBS und Credit Suisse nur noch von J.P. Morgan (447), HSBC (371) sowie von der Citigroup (367) übertroffen würde – aber schon nicht mehr von der BNP Paribas (345). Alles unter der zugegeben leicht theoretischen Voraussetzung, dass man am Zürcher Paradeplatz auf jedweden Abbau von Aktiva, Risiken und Komplexität verzichten sollte.
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