von Christian Kirchner, 3. September 2020
Die Sparkasse Holstein gehört (laut Eigenwerbung, aber auch bilanziell nachprüfbar) zu den profitabelsten Regionalbanken in ganz Norddeutschland. So lag das Betriebsergebnis zuletzt bei 0,91% der Bilanzsumme – ein Wert, auf den viele ähnlich aufgestellte Institute schon lange nicht mehr kommen. Das freilich hat die Holsteiner nicht davon abgehalten, die Kontogebühren jüngst signifikant zu erhöhen (siehe auch unsere entsprechende News von letzter Woche). Die einfachste Kontovariante kostet jetzt nicht mehr 2,95 Euro. Sondern. 7,70 Euro. Und die Premiumversion nicht mehr 8,95 Euro. Sondern 16,90 Euro. Eine Verteuerung von 90% bzw. 160%. Das ist selbst für Sparkassen-Verhältnisse enorm.
Indes: Der eigentliche Trend, auf den der Fall aus Holstein verweist, ist nicht die Schröpfung des Kunden. Denn dass höhere Kontogebühren die wegbrechenden Zinseinnahmen kompensieren sollen … Nun denn, da erzählen wir Ihnen natürlich nichts Neues, liebe Leserinnen und Leser. Das eigentlich Spannende an dem, was die Sparkasse Holstein da macht, ist etwas anderes: Sie erhöht nicht einfach nur die Gebühren. Sondern sie verspricht ihren Kunden im Gegenzug Rabatte auf alles und jedes. Und wenn man sich mal ein bisschen umschaut in Sparkassen-Deutschland und Volksbanken-Deutschland und teilweise sogar in Großbanken-Deutschland, dann sieht man: So wie die Sparkasse Holstein machen es immer mehr Banken. Das Girokonto als Rabattheftchen – ist das der neue Trend da draußen?
Bei der Sparkassen Holstein sieht das Ganze so aus, dass sie ihre Konten und Karten zunächst einmal mit Dutzenden Non-Banking-Features anreichert. Von Anwalts-Hotlines bis zu Immobilien-Vorab-Tipps. Von Handyschutz bis Türöffnungs-Service. Und dann, wie gesagt, kommen on top die Rabatte. Rabatte bei den eigentlichen Bankdienstleistungen. Aber auch Rabatte bei Partnern wie den Freizeitpark Hansa Park oder beim Bäcker Karl’s. Und Rabatte via Cashback in Online-Shops des Mediamarkts oder gar bei ebay. Gleich ein eigenes Portal für der ausgerufene Rabattschlacht hat die Sparkasse Holstein gestartet. Als “digitale Anlegestelle für alle Leistungen und Services Ihres Mehrwertkontos”, wie es auf der Website heißt und wo das alles demnächst “live” gehen soll.
Ganz so ausgefeilt wie die Sparkassen Holstein treiben es andere Ortsbanken noch nicht. Stattdessen laufen die Modelle bei anderen Instituten eher darauf hinaus, dass die Grundgebühr zunächst deutlich erhöht wird – nur um die Kontoführung danach über ein Rabattmodell wieder zu verbilligen bei guten Kunden. Seit Jahresbeginn koppelt etwa die VR Südliche Weinstraße-Wasgau die Höhe der tatsächlich erhobenen Kontoführungs-Gebühren an die Anzahl der Produkte, die ein Kunde über die Bank abgeschlossen hat.
Für alle Arten von Bank- und Vertriebsleistungen (etwa Rentenversicherungen, Wertpapierdepots, Bausparverträge, Konsum- und Immobilienkredite, aber auch Sparprodukte), die Kunden über das Institut abwickeln, gibt es jeweils einen Punkt. Für sechs Punkte gibt es 3 Euro, für zwölf Punkte 9 Euro Rabatt auf die Kontogebühr. Für Kunden, die mehr oder weniger ihre sämtlichen finanziellen Angelegenheiten über die Hausbank regeln, ist die Kontoführung im Normalfall sogar kostenlos. Das Schema dahinter ist unschwer zu dechiffrieren: Das kostenlose Konto gibt es – man es sich es sich allerdings verdienen. Aktuell rollt auch die Volksbank Stuttgart ein solches Programm aus.
Völlig neu ist das ganze nicht. Premiere hatte das Modell nach unseren Recherchen 2014 bei der Santander (123 Konto), 2016 zog die HVB (“Valyou”) nach. Jetzt aber wachsen die Hausbank-Modelle rapide und werden aktuell vor allem unter Sparkassen und Genobanken en masse ausgerollt. Genaue Zahlen konnten uns zwar weder der DSGV noch der BVR liefern. Aber schon eine oberflächliche Recherche von Finanz-Szene.de – angereichert durch Daten der FMH Finanzberatung – förderte (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) eine illustre Liste zutage, welche Institute die individuellen Kontoführungs-Gebühren für besonders aktiven Kunden bereits rabattieren:
… wobei diese Liste aktuell im Wochentakt wächst und wir simple Rabattsysteme außen vor gelassen haben.
Was ist das tiefere strategische Kalkül dahinter?
Laut Pricing-Experten und Unternehmensberatern erhofft sich die Branche von Rabatten und Non-Banking-Dienstleistungen folgende Effekte: