von C. Kirchner, H.-R. Dohms, G. Hädicke und B. Neubacher, 27. Juni 2025
In unserem „Direkt- und Neobanken“-Ticker nehmen wir nicht nur die klassischen Online-Banken wie die ING Diba, die DKB und die Comdirect in den Blick – sondern genauso auf den Endkunden ausgerichtete Fintech-Banken wir N26, Revolut oder die C24 Bank.
Hier der Ticker für Mai und Juni 2025:
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Die hochgewettete französische KMU-Neobank Qonto nimmt nach nurmehr einem Jahr schon wieder einen Chef-Wechsel in ihrem Deutschland-Geschäft vor: Wie das Fintech mitteilt, hat der erst im Mai letzten Jahres angeheuerte Geschäftsführer Marcus Scheumann seinen Posten Ende 2024 aus nicht genannten Gründen bereits wieder verlassen. Ersetzt wird er nun durch einen „Managing Director Central Europe“, der künftig von Berlin aus sowohl den deutschen Markt als auch den Ausbau weiterer zentraleuropäischer Märkte wie Österreich verantworten soll. Gefallen ist die Wahl auf einen Manager namens Malte Dous, der aus der Geschäftsführung der Online-Apotheke DocMorris zu Qonto wechselt.
Die Neubesetzung kommt zu einem Zeitpunkt, da gleich mehrere digitale Player (von der ING Diba über Revolut bis hin zu Finom oder Vivid Money) die Kundenakquise im deutschen Markt verschärfen – wobei Qonto hier mittlerweile auf eine andere Hiring-Strategie setzt als nach der Penta-Übernahme 2022: Damals dominierten noch Manager mit Banken- und Fintech-Background (Penta-CEO Markus Pertlwieser kam von der Deutschen Bank, sein Nachfolger Lukas Zörner war zuvor bei Morgan Stanley), inzwischen sollen es branchenfremden Manager richten. So kam Scheumann von einer Hotel-Plattform, Dous ist ein E-Commerce-Mann (vor DocMorris war er bei Wayfair und Zalando). In der Pressemitteilung zu seiner Verpflichtung wird Dous für seine „langjährige Erfahrung in der Skalierung digitaler Lösungen für den deutschen Mittelstand“ gelobt.
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Die versteckte 10.000-Euro-Klausel im deutschen Konto-Angebot der BBVA
„Die BBVA meint es mit dem Markteintritt in Deutschland richtig ernst“
Der Wettbewerb ums digitale KMU-Banking hierzulande läuft noch etwas heißer: Das auch in Deutschland aktive Amsterdamer Fintech Finom sichert sich binnen wenigen Wochen die zweite Finanzspritze von Investoren. Insgesamt sind es 115 Mio. Euro, die unter anderem von dem Wagniskapitalgeber AVP (früher mal AXA Venture Partners) kommen. Anders als bei der letzten großen Finanzierung im Mai (siehe unseren Fintech-Ticker -> „Eigenkapital? Kredit? Was hinter Finoms ominösem Riesen-Funding steckt“) handelt es sich diesmal wirklich um Eigenkapital, wie Finom auf Anfrage versichert.
Genutzt werden soll das Kapital vor allem für eine Offensive in der Kundenakquise, um das ambitionierte Wachstumsziel von 1 Mio. Geschäftskunden bis 2026 zu erreichen – wobei es sich bei den 1 Mio. Kunden genau genommen nicht um ein KPI handelt, sondern um „eine Art Nordstern“ zur Motivation, wie ein Sprecher gestern auf Nachfrage mitteilte. Oha. Von der (also der Motivation, aber irgendwie ja auch der Nachfrage) braucht es mutmaßlich eine ganze Menge, denn aktuell zählt Finom nach eigenen Angaben insgesamt erst 125.000 Kunden, davon rund 70% in Deutschland. Zum Wachstums-Ziel (oder was immer die 1 Mio. nun sind) sollen neben Deutschland aber auch die Märkte Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande beitragen.
Die Londoner Neobank Revolut nimmt bei ihrem Angriff auf den deutschen Markt ein weiteres Kundensegment ins Visier – nämlich die „High net worth individuals“, wie aus einer aktuellen Jobanzeige des Fintechs hervorgeht. Damit sind typischerweise Kunden gemeint, die über ein liquides Vermögen von mindestens 1 Mio. Euro verfügen, also die klassische Private-Banking-Klientel. Wirklich überraschend kommt der Schritt nicht, schließlich hatte Revolut vor einigen Monaten bereits ähnliche Stellen für den britischen Heimatmarkt ausgeschrieben. Allem Anschein nach will sich das Milliarden-Fintech nun in weitere Märkte vortasten, darunter eben auch die DACH-Region – jedenfalls wird explizit ein „deutschsprachiger Private-Banking-Spezialist“ gesucht, der „vermögende Kunden auf ihrem finanziellen Weg begleitet und individuelle Strategien entwickelt, die deren individuellen Bedürfnissen entsprechen“.
Wie Revolut sein Private-Banking-Angebot genau aufziehen will, ist unklar. Zuletzt hatte das Fintech gemeint, die entsprechenden Pläne befänden sich noch in einem „frühen Stadium“. Dazu passt, dass für den deutschsprachigen Markt bislang tatsächlich nur das eine Jobprofil gesucht wird und nicht etwa mehrere. Offenbar will Revolut die Dinge in diesem Fall langsam angehen. In der Tat: Hierzulande hat sich bislang keine Neobank in die klassische Vermögensverwaltung vorgewagt, auch N26 nicht. Selbst angestammte Onlinebanken bewegen sich allenfalls vorsichtig in diese Richtung. Die ING Diba etwa arbeitete zuletzt am Aufbau eines „Affluent-Teams“ – also einer Einheit, die sich um Kunden mit einem Vermögen mutmaßlich irgendwo zwischen 200.000 Euro und 500.000 Euro kümmern soll (siehe unseren Scoop aus dem letzten Oktober).
„Beim digitalen Euro stellt sich tatsächlich die Frage: Ist es das wert?“
Die Berliner Neobank N26 erwägt laut einem Medienbericht eine neue Finanzierungsrunde – zu einer reduzierten Bewertung. Wie „Bloomberg“ schreibt, soll ein Teil des Fundings dazu dienen, bestehenden Gesellschaftern einen Teilverkauf ihrer Anteile zu ermöglichen. Namentlich genannt werden Coatue Management, Third Point und Dragoneer Investment. Diese Gesellschafter würden dafür im Gegenzug auf eine Garantierendite verzichten, die ihnen bei einer früheren Runde zugesagt worden sei. Die Höhe der möglichen Funding-Runde wird von „Bloomberg“ auf rund 400 Mio. Euro taxiert. Als beratende Investmentbank sei Goldman Sachs involviert.
Diffus ist die Zeitachse der Operation. Nach Informationen von Finanz-Szene sollen erste Gespräche über die mögliche Finanzierungsrunde schon vor einiger Zeit geführt worden sein, aktuell allerdings ruhen. Dass die Pläne gerade jetzt öffentlich werden, könnte Zufall sein, könnte aber auch darauf hindeuten, dass Druck auf N26 gemacht werden soll, das Funding-Vorhaben wieder zu forcieren. „Bloomberg“ jedenfalls schreibt, die Transaktion könnte bis Jahresende abgeschlossen sein. N26 war bei der letzten Finanzierungsrunde im Oktober 2021 mit gut 9 Mrd. Euro bewertet worden. Zu jener Zeit erreichte der allgemeine Fintech-Hype gerade seinen vorläufigen Höhepunkt – bald darauf kippte die Stimmung. Um welchen Abschlag es gehen würde, ist unklar. Dass die Bewertung weniger hoch ausfällt als 2021, wäre allerdings völlig plausibel. Ein Sprecher von N26 wird von „Bloomberg“ dahingehend zitiert, dass kein unmittelbarer Bedarf an einer Kapitalerhöhung bestehe, dass man sich allerdings stets im Dialog mit bestehenden und potenziellen neuen Investoren befinde.
Nächster Fall – Analyse der Kundendaten wird zum Standard im Retailbanking
N26 schraubt am Leistungsumfang des mit 9,90 Euro pro Monat bepreisten Premium-Kontomodells „You“. Das speziell für Vielreisende konzipierte Modell wird umbenannt in „N26 Go“ und soll (neben dem bereits inkludierten Reiseversicherungspaket und bis zu zehn Unterkonten) künftig auch unlimitierte Bargeldverfügungen im Ausland bieten. Zudem fallen die Fremdwährungsgebühren weg.
Neu in allen Kontomodellen ist ab sofort ein über die App buchbarer Lounge-Zugang an Flughäfen. Hierbei allerdings scheint es sich eher um ein Cross-Selling-Gimmick zu handeln: Zwar sind die Gebühren für den Erstbesuch abgestuft (von kostenlos im teuersten „Metal“-Modell bis zu 33 Euro im Standard-Modell). Ab dem zweiten Besuch zahlen indes alle N26-Kunden mindestens 30 Euro (Standard/Smart) und bis zu 33 Euro (Go/Metal) je Lounge-Besuch.
„Für Wero ist es existenziell, deutlich vor dem digitalen Euro am Markt zu sein“
Spannender Datenpunkt von der ING Diba: Die größte deutsche Direktbank hat im ersten Quartal (also noch, bevor’s im April so richtig wild wurde an den Börsen) 6,6 Mio. Trades abgewickelt – der bislang zweitbeste Drei-Monats-Wert überhaupt +++ Als Spekulation kursierte die Sache schon letzte Woche – nun ist’s offiziell: Die österreichische Erste Group übernimmt für 6,8 Mrd. Euro 49% an der Polen-Tochter der Santander (Mitteilung)
50 Mrd. €! Wie viel Geld unsere Banken verdienen – und wie leicht das gerade geht
Kinder und Jugendliche sind eine undankbare Zielgruppe, zumindest im Bankgewerbe. Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal merkten das gerade noch rechtzeitig. Und stellten 2013 die Arbeiten an ihrem Fintech „Papayer“ ein (Geschäftsidee: Prepaid-Kreditkarten für Kinder), um stattdessen „Number 26“ zu starten, also das heutige N26. Weniger Fortune hatte Jes Hennig, Gründer des Hamburger Finanz-Startups Pockid, das später in Ruuky umbenannt wurde – im Zuge der Funding-Krise ging der Teenager-Neobank das Geld aus, genau wie dem auf die „GenZ“ spezialisierten Berliner Wettbewerber Owwn (der sich übrigens ebenfalls umbenannt hatte, anfangs hieß er Wajve). So hat von den hiesigen Fintechs, die sich explizit auf eine junge Zielgruppe fokussierten, unseres Wissens nach nur eines überlebt, nämlich Bling, ein Startup, das ironischerweise ungefähr das macht, was Papayer heute machen würde, hätten Stalf/Tayenthal die Sache damals durchgezogen. Ist’s, kurz gefragt, also eine gute Idee, wenn Trade Republic und Scalable Capital jetzt mit großem Aplomb ihre „Kinder-Depots“ launchen? Ein paar Einordnungen: FS Premium
Die Liaison von Wero und Revolut – mehr als ein Marketing-Gag?
Wenn nicht alle Anzeichen trügen, dann dürfte die ING Groep heute Früh mal wieder sehr ordentliche Zahlen für ihr Deutschland-Geschäft vorlegen – schließlich sind die Rahmenbedingungen im Zinsergebnis (die Notenbankzinsen sinken nur langsam, im Einlagengeschäft herrscht kaum Druck) weiterhin exzellent. Dennoch könnte sich in zumindest dreierlei Hinsicht ein genauer Blick lohnen: 1.) Was machen die Kreditbestände in der privaten Baufinanzierung?; 2.) Zieht die schwierige konjunkturelle Lage weitere Bremsspuren im Firmenkundengeschäft nach sich?; und 3.) Kommt – eventuell auch bedingt durch intensivere Handelsaktivitäten – endlich wieder Schwung ins Provisionsgeschäft? Bis spätestens 7.45 Uhr lesen Sie hier eine Kurzanalyse des Zahlenwerks: FS Premium
Sämtliche „Direkt- und Neobanken“-News aus April 2025
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