von B. Neubacher, C. Kirchner und H.-R. Dohms, 27. Juni 2025
In unserem Großbanken-Ticker verfolgen wir, was bei Deutsche Bank, Commerzbank und Hypo-Vereinsbank los ist – und widmen uns auch den tendenziell im CIB-Geschäft tätigen großen Auslandsbanken.
Hier der Ticker für Juni 2025:
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Die Dinge schienen eindeutig, damals, im Dezember 2021, rund eine Woche vor Weihnachten. „Cum-Ex-Razzia bei der SEB-Bank“, „Razzia wegen Cum-Ex-Geschäften bei SEB“ – so oder so ähnlich lauteten die Schlagzeilen. Nun ist wichtig zu betonen: Im Prinzip waren die Meldungen nicht falsch. Denn tatsächlich waren es Cum_-Ex_-Deals (und nicht etwa Cum-Cum-Deals), deretwegen die Ermittler damals erklärtermaßen in die Geschäftsräume der hiesigen Tochter der schwedischen Großbank einmarschierten. Die Sache ist aber: Just am 15. Dezember 2021, nur Minuten nach einer Mitteilung zur Razzia (die damals schon den zweiten Tag andauerte), verschickte die SEB eine Mitteilung, der zufolge der deutsche Fiskus „im Rahmen seiner laufenden steuerlichen Prüfung“ inzwischen Steuernachforderungen in Höhe von 936 Mio. Euro an eine deutsche Tochtergesellschaft richte. Wegen Cum-Ex, weshalb sonst? Dachten jedenfalls die meisten damals – und vermengten naheliegenderweise die beiden Sachverhalte, also die Razzia und die Steuernachforderungen. In Wirklichkeit aber: Wurde die Razzia zwar seinerzeit von der Staatsanwaltschaft mit Cum-Ex begründet. Die taggleich publik gemachten Forderungen in Höhe von fast 1 Mrd. Euro allerdings: Sie bezogen sich – wie neue Recherchen von Finanz-Szene zeigen – komplett auf Cum-Cum-Geschäfte. Und das ist noch nicht alles. Denn wie unsere Recherchen weiter zeigen, geht es im Kräftemessen zwischen dem deutschen Fiskus und einer der ehemals größten hiesigen Auslandsbanken inzwischen um weit höhere Summen. Und so zeigt der Fall der SEB-Bank exemplarisch, warum der Cum-Cum-Komplex womöglich deutlich größer ist als der Cum-Ex-Komplex, der viele Jahre lang die Schlagzeilen bestimmte. Und warum (siehe Deka, siehe Apobank) viele Fälle erst jetzt so langsam ans Licht kommen. Die detaillierte Rekonstruktion eines weitreichenden Falls – hier entlang: FS Premium
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Ein weiterer Teil des Deutschland-Geschäfts von HSBC landet bei der BNP Paribas
„Die BBVA meint es mit dem Markteintritt in Deutschland richtig ernst“
Wer dreht an der Commerzbank-Aktie – und was, wenn das mal endet?
Die Deutsche Bank kämpft um die Verteidigung ihrer Zinsgewinne in der Privatkundensparte – und senkt auf breiter Flur die Zinsen ihrer Sparprodukte. Konkret verschlechtern sich die Konditionen beim „Deutsche Bank Geldmarktsparen“ von bisher 0,4% auf 0,25%, beim „Flexgeld“ genannten Tagesgeld geht es von 0,75% auf 0,5% runter. Gesenkt wird der Zins auch für den Sparbuch-Nachfolger „Deutsche Bank Sparcard“, und zwar von bislang 0,25% auf 0,15%. Flankierend dazu reduziert die Deutsche Bank zwar auch die Dispozinsen (für die eingeräumte Kontoüberziehung von 11,6% auf 11,35%) – erheblich relevanter für die GuV dürfte aber der Rückgang der Einlagezinsen sein. Die EZB hatte den Einlagenzins für die Geschäftsbanken eine Woche zuvor von zuvor 2,25% auf nunmehr 2,0% gesenkt.
Der Lockzins aufs Tagesgeld ist (würden wir mal vermuten) so alt wie das Tagesgeld selbst, und so weiß heutzutage also jedes Kind (okay, das ist jetzt eine stilistische Übertreibung), dass es die berühmten x,x% bei der Bank xyz in aller Regel nur für Neukunden und grundsätzlich nur für einen begrenzten Zeitraum gibt. Mal für drei Monate. Mal für vier Monate. Und wenn es hochkommt, dann auch mal für sechs Monate. Womit wir bei der jüngst gestarteten „Tagesgeld-Kampagne“ der Commerzbank wären. An der nämlich ist mindestens mal fünferlei (!) bemerkenswert, wobei wir uns noch nicht ganz sicher sind, was das Allerbemerkenswerteste ist: Dass die Commerzbank überhaupt Einlagen sammelt, nachdem wir ihr neulich noch attestiert hatten, dass sie genau dies zum Schutz ihres Zins-Betas eben gerade nicht tut. Oder dass sie sich dabei einen sehr besonderen „Aktionszeitraum“ ausgedacht hat. Hier entlang: FS Premium
Der Kampf um die Coba ist eingefroren – und dürfte so bald auch nicht auftauen
Kann es sein, liebe Leserinnen und Leser, dass wir Sie allmählich nerven mit unserer Beobachtung, dass die EU-Einheiten der großen Auslandsbanken neue Jobs lieber in Frankreich als in Frankfurt schaffen? Aber was soll man machen?! Der Chronistenpflicht halber müssen wir jedenfalls vermelden, dass sich der bereits bei Goldman Sachs (siehe hier), bei J.P. Morgan (siehe hier) und der UBS (siehe hier) konstatierte Trend sogar noch deutlicher bei Morgan Stanley zeigt. So hat die in Frankfurt ansässige Europa-Tochter der US-Bank die Zahl der hiesigen Mitarbeiter im vergangenen Jahr um fast ein Zehntel auf nur noch 387 gesenkt – während zugleich der Personalbestand in Frankreich um fast 25% (!) auf 364 Beschäftigte anschwoll. Nimmt man nochmal die Entwicklung als Ganzes, dann scheint eine wesentliche Schlussfolgerung zu sein, dass insbesondere Trading-Jobs inzwischen tendenziell in Paris angesiedelt werden. Wiewohl bei Morgan Stanley fairerweise auch noch ein Sondereffekt hinzukommt: Das bekanntermaßen fast vollständig aufs Investmentbanking fokussierte Institut hat letztes Jahr nämlich auch noch sein „Risk & Data Analytics Centre“ in der französischen Hauptstadt um rund 30 Stellen aufgestockt.
„Beim digitalen Euro stellt sich tatsächlich die Frage: Ist es das wert?“
Ausgerechnet in der neuen Flagship-Filiale der Deutschen Bank am Konzernsitz in der Taunusanlage soll ein Mitarbeiter Kundengelder in signifikant sechsstelliger Höhe unterschlagen haben. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Paywall) berichtet, soll der Banker das Geld „auf das Konto einer ihm nahestehenden Person“ umgeleitet haben, betroffen ist eine offenbar höhere einstellige Zahl von Kunden. „Die Bank schließt nach umfassender Prüfung aus, dass weitere Kunden betroffen sind“, wird ein Sprecher des größten hiesigen Geldinstituts zitiert. Die betroffenen Kunden seien „umgehend kontaktiert“ und“ vollumfänglich entschädigt“ worden. Wie der Sprecher gegenüber der „SZ“ zu Protokoll gibt, hat der Mitarbeiter „die Überweisungen unter Vorgabe falscher Tatsachen initiiert“ und dabei „interne Überprüfungsprozesse und Kontrollen umgangen“. Wie genau es dem Filialbanker gelang, das eigentlich obligatorische Vier-Augen-Prinzip auszuhebeln, bleibt unklar.
Wie die Unicredit das Berliner Fintech Banxware an sich kettet
Die UBS Europe hat ihre Belegschaft im abgelaufenen Geschäftsjahr durch die Einverleibung verschiedener Credit-Suisse-Einheiten signifikant ausgebaut – nämlich um 14% auf 2.445 Beschäftigte. Interessanterweise (ein sehr ähnliches Phänomen hatten wir zuletzt ja auch schon bei den EU-Einheiten von Goldman Sachs und J.P. Morgan beobachtet) profitierte die Frankfurter Zentrale hiervon allerdings kaum. Während zum Beispiel die Belegschaft in Paris um ein Fünftel auf 421 Köpfe wuchs, blieb die Beschäftigtenzahl in der Main-Metropole nahezu konstant (+1% auf 740 Köpfe). Wenn man bedenkt, dass auch in diese Zahl übernommene Credit-Suisse-Mitarbeiter eingerechnet sein dürften, scheinen genau genommen sogar Jobs weggefallen zu sein. In der Tat: Letzten Herbst hatte „Le Figaro“ berichtet, dass die EU-Einheit der UBS einige Händlerstellen von Frankfurt nach Paris verlegen wolle, wenn auch erst 2025.
Die Verschmelzung der Credit-Suisse-Einheiten auf UBS Europe ließ deren „Invested Assets“, das sind die verwalteten Mittel abzüglich der Cash-Einlagen, um ein Drittel auf 227 Mrd. Euro anschwellen. Zugleich allerdings hinterließ die Integration auch breite Spuren in der Ergebnisrechnung – so halbierte sich der IFRS-Gewinn vor Steuern auf 148 Mio. Euro. Dabei bauten das Wealth Management und das Investmentbanking die Erträge zwar um jeweils 5% auf 677 Mio. Euro bzw. 346 Mio. Euro aus. Der Verwaltungsaufwand im Konzern aber schoss zugleich um 16% auf 1,05 Mrd. Euro in die Höhe; allein die Personalkosten kletterten um 21% auf 504 Mio. Euro. Auch fürs laufende Geschäftsjahr kündigt die UBS Europe wieder Rückstellungen für Restrukturierungskosten an. Schon 2024 hat sich der entsprechende Passivposten auf 66 Mio. Euro verdreifacht.
Als Martin Blessing damals seinen neuen Arbeitgeber präsentierte, wenige Monate nach seinem Ausscheiden aus der Commerzbank, da handelte es sich – um die UBS, deren Schweiz-Chef er wurde. Das verstand man sofort. Dagegen bei Manfred Knof: Valour? Ein Fintech? Die Tochter eines Fintechs? Aus Kanada? Und wenn in der deutschsprachigen Pressemitteilung steht, dass Knof der „Vorstandsvorsitzende“ von Valour wird, ist das dann wirklich gemeint im Sinne von „Vorstandsvorsitzender“? Also mit morgens kommen und trotzdem abends erst gehen und am Wochenende das Handy anlassen und allem Drum und Dran, womöglich mit Sitz in Toronto? Ehrlicherweise: So wichtig, dass wir gleich ein Recherche-SEK auf diese und weitere Fragen angesetzt hätten, erschien uns die Personalie am Ende nicht. Was sich aber trotzdem sagen lässt: FS Premium
Auch die EU-Einheit von J.P. Morgan schafft mehr Jobs in Paris als in Frankfurt
Wenn Finanzplätze laufen könnten (also so ganz allgemein), dann könnte der Finanzplatz Frankfurt momentan trotzdem kaum laufen. Nämlich vor Kraft: Im globalen Finanzplatz-Ranking, was auch immer man von so etwas halten mag, reichte es letzten Herbst erstmals wieder zu einer Top-10-Platzierung. Zu sehen, wie die Commerzbank der Unicredit trotzt, tut ganz Frankfurt gut. Über die Aktienkurs-Entwicklung auch der Deutschen Bank kann man nur staunen. Und dass die Eintracht nächste Saison in der Champions League spielt, hat mit dem Finanzplatz zwar nur sehr mittelbar etwas zu tun, passt aber natürlich trotzdem ganz hervorragend zum neuen Selbstbild der Stadt. Muss man da noch erwähnen, dass die Finanzplatz-Studie der Helaba von Ausgabe zu Ausgabe immer euphorischer wird, zumal jetzt, wo auch noch die AMLA in die Stadt kommt, also die neue Anti-Geldwäsche-Behörde der EU? Freilich, anderswo wird auch nicht geschlafen. Amsterdam hat zwar keine AMLA. Dafür aber Adyen (und so was wie Adyen hat Frankfurt nicht mal im entferntesten, so was bringt hierzulande allenfalls Berlin hervor). Und bei aller Rührigkeit, die man Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef attestieren darf (wer war noch mal der Vorgänger?) – ein Macron ist er halt nicht. Was dazu beigetragen haben mag, dass Revolut seinen EU-Hub jetzt in Paris ansiedelt, wie zuvor auch schon die HSBC. Die üppigste Brexit-Dividende, klar, die fließt weiter in der Main-Metrople. Was aber nicht auf alle Zeiten so bleiben muss. Wenn so eine britische Auslandsbank, die sich eben erst für Frankfurt entschieden hat, plötzlich nach Amsterdam abwandert, ist das zumindest mal ein klitzekleines Warnsignal. Und nicht nur die in Frankfurt beheimatete EU-Einheit von Goldman Sachs baut in Paris mehr Jobs auf als in Frankfurt selbst (siehe unseren Bericht von Freitag) – bei der EU-Einheit von J.P. Morgan ist es genauso (siehe den Bericht weiter unten). Alles kein Grund zu übermäßiger Sorge. Aber nicht nur die Teilnahmeberechtigung für die Champions League muss man sich immer wieder neu verdienen.
Sämtliche Großbanken-News aus dem Mai 2025
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