von C. Kirchner, B. Neubacher, H.-R. Dohms und C. Behr, 30. November 2025
In unserem Großbanken-Ticker verfolgen wir, was bei Deutsche Bank, Commerzbank und Hypo-Vereinsbank los ist – und widmen uns auch den tendenziell im CIB-Geschäft tätigen großen Auslandsbanken.
Hier der Ticker für November 2025:
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Der 6. August 2025 ist der Tag, an dem Aktie der Commerzbank endgültig verrückt zu spielen beginnt. Am Morgen hat das Institut seine Zahlen fürs zweite Quartal vorgelegt, und je länger die Investoren auf die Ergebnisse blicken (1,2 Mrd. Euro Gewinn vor Steuern, fast 500 Mio. Euro netto), desto bullisher werden sie. Obwohl die Anteile erst kurz zuvor die 30-Euro-Schwelle geknackt haben, legen sie in den Tagen danach einen Galopp hin, als gälte es jetzt auch noch, die 40-Euro-Marke zu überspringen. Gut zwei Wochen dauert die verrückte Rally. Auf ihrem Höhepunkt, am 21. August, wird die Coba-Aktie fast 38 Euro wert sein, so viel wie seit 14 Jahren nicht mehr. Wer will da schon schlechte Nachrichten hören??? Dabei gibt es solche an jenem 6. August durchaus. Und die Commerzbank macht sich nicht einmal die Mühe, sie zu verbergen. Völlig transparent ist in der Mitteilung zu den Q2-Zahlen von einer „Abschreibung auf immaterielle Vermögenswerte in Höhe von 65 Mio. Euro bei der ACI“ die Rede. Gemessen am Ergebnis mutet der Betrag zwar bescheiden an. Indes – in Relation zu dem Asset, auf das die Abschreibung vorgenommen wird, sind die 65 Mio. Euro dann doch erstaunlich viel Geld. Denn: „ACI“ ist das Kürzel für Aquila Capital Investmentgesellschaft – also für den mittelständischen Asset Manager, an dem die Commerzbank im vergangenen Jahr für 200 Mio. Euro rund drei Viertel der Anteile erworben hat. Und so steht der 6. August 2025 nicht nur für die hohen Gewinne und die surreale Aktien-Hausse der letzten Monate. Sondern er steht symbolisch auch für einige markante Umbauten im Asset Management – und für ein Abbremsen der Expansionspläne, wie jüngst bei einer ebenso prominent besetzten wie kontrovers geführten internen Sitzung beschlossen worden sein soll. Hier die ganze Geschichte: FS Premium
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Umbau des Asset Managements – Commerzbank steigt bei Nixdorf Kapital wieder aus
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ist im ersten großen Interview seit dem Strategie-Update äußerst vage geblieben, wie sein Institut die neuen Zielwerte konkret erreichen will. Neben der privaten Baufinanzierung (was sich ja längst abgezeichnet hatte) nannte Sewing gegenüber dem Handelsblatt (Paywall) auch die Konsumentenfinanzierung (in der sein Institut eh keine große Rolle spielt) als Beispiele für Bereiche, in denen das Geschäft aufgrund des angestrebten effizienteren Kapitaleinsatzes zurückgefahren werden soll. Darüber hinaus wolle man auch die Handelsfinanzierung „optimieren“. „Dafür bauen wir etwa im Wealth Management das Lombard Lending aus, also die Vergabe von mit Wertpapieren besicherten Krediten“, sagte Sewing weiter. Übernahmen könne man sich „nur in Einzelbereichen wie der Vermögensverwaltung oder im Wealth Management“ vorstellen.
„Der Ur-Fehler der BBVA war, mit einer halbgaren App auf den Markt zu kommen“
Wer war jener ominöse Banker, mit dem der damalige Commerzbank-Chef Manfred Knof ursprünglich verabredet war – also bevor am Sonntag, den 22. September 2024, dann plötzlich und angeblich unvermittelt noch ein zweiter Banker (nämlich Unicredit-Chef Andrea Orcel) an seinem Haus am Starnberger See erschien? Also, laut Manager Magazin (Paywall) ist diese Frage nun geklärt. Bei dem Mittelsmann habe es sich Alberto Nagel gehandelt, Vorstandschef der italienischen Investmentbank Mediobanca. „Alle Beteiligten kannten sich schon länger, und es war klar, dass ein solches Treffen zu dem Zeitpunkt allen gelegen kam“, zitiert das MM eine anonyme Quelle. Offiziell äußern will sich dazu niemand.
Als nächste französische Bank setzt nun auch Crédit Agricole in Deutschland zur Offensive an. Wie Vorstandschef Olivier Gavalda bei einer Pressekonferenz erklärte (wir waren selber nicht zugegen, sondern stützen uns unter anderem auf die BÖZ/Paywall und Les Echos), wollen die Franzosen die Zahl ihrer hiesigen Retailkunden bis 2028 auf rund 2 Millionen verdoppeln. Dazu muss man wissen: Im deutschen Endkundengeschäft war die Crédit Agricole hierzulande bislang vor allem über den Stuttgarter Konsumentenfinanzierer Creditplus vertreten (rund 1 Mio. Kunden und 11 Mrd. Euro Verbraucherkredite). Seit einiger Zeit treten die Franzosen allerdings noch unter einer zweiten Marke immer stärker in Erscheinung – nämlich mit der Bfor Bank, die in den letzten Monaten wiederholt mit hohen Tagesgeld-Angeboten für Aufsehen sorgte. Ziel sei es nun, die Retail-Produktpalette auszubauen und in den nächsten Jahren eine weitere Mio. Kunden zu gewinnen, sagte Gavalda laut Medienberichten. Abgesehen von der Creditplus und der Bfor Bank gehören hierzulande auch Caceis und Amundi zur Crédit Agricole.
Merklich unter 10 Mrd. Euro – ist die deutsche BBVA schon entzaubert?
Zum Glück hat er einen Anzug getragen (und keinen schwarzen Pulli). Sonst hätte man Christian Sewing beim gestrigen „Investor Deep Dive“ der Deutschen Bank womöglich noch mit Christian Hecker verwechselt, dem Gründer von Trade Republic. Denn: Abgesehen vom CEO-Outfit wählte die größte Bank der Republik für die Präsentation der neuen Strategie exakt das gleiche optische Setup wie das größte Fintech der Republik neulich für die Präsentation seines neuen Private-Equity-Produkts: Große Bühne. Drauf der Chef. Aufgenommen in der Totalen von vorn. Und ganz unten im Bildausschnitt sieht man ein paar Hinterköpfe, wobei man sich unweigerlich fragt, wem diese Hinterköpfe eigentlich gehören. Sind das Investoren? Alle miteinander? Oder sind da vielleicht ein paar Damen und Herren aus den Abteilungen „IR“ und „Comms“ dazwischen, um die Reihen aufzufüllen? Soll ja nicht leer aussehen, wenn der Chef spricht … Wie auch immer: Die eigentliche Frage des gestrigen Tages war natürlich nicht die mit den Hinterköpfen, sondern wo die Deutsche Bank hinwill in den nächsten Jahren. Ganz hoch hinaus? Oder nur ein Stückchen höher hinaus? Die Antwort lag dann irgendwo dazwischen, nämlich bei 13%. So viel Eigenkapitalrendite will die Deutsche Bank also bis 2028 erwirtschaften. Das klingt erst einmal ambitioniert, verglichen mit dem aktuellen Zielwert (10%). Und zugleich dann doch nicht mehr ganz so ambitioniert, wenn man bedenkt, dass beispielsweise die Commerzbank ebenfalls bis 2028 einen RoTE von satten 15% anstrebt. Wobei: Am Ende kommt’s bei so einem Strategie-Update ja weniger auf das Ziel als solches an. Sondern darauf, wie es erreicht werden soll. Wir haben uns die fast vierstündige Präsentation mehr oder weniger komplett reingezogen – und urteilen nicht ganz so harsch wie die Börse, wo die DBK-Aktie am gleichen Tag um 3,3% auf 30,82 Euro verlor. Unsere Analyse: FS Premium
So haben die deutschen Banken bei der SREP-Überprüfung der EZB abgeschnitten
Welchen Verlauf hätte die Bankengeschichte eigentlich genommen, wenn die Unicredit sich vor einem Jahr nicht die Commerzbank als Zielobjekt ausgesucht hätte – sondern gleich die Deutsche Bank? Wäre Andrea Orcel dann am Sonntag, den 22. September 2024, völlig unvermittelt auf der Terrasse von Christian Sewing aufgekreuzt („Buongiorno, Cristiano“)? Hätte die Deutsche Bank mit einer „Proud2BeBlue“-Kampagne einen seltsamen Marketing-Preis nach dem nächsten abgeräumt? Und vor allem: Wo stünde die Aktie des größten deutschen Kreditinstituts heute? Bei 40 Euro? Bei 50 Euro? Denn das eigentlich Unglaubliche ist ja: Seit dem Morgen des 11. September 2024, an dem der Einstieg der Unicredit bei der Commerzbank bekannt wurde, ist die Aktie der Deutschen Bank um rund 120% gestiegen. Ganz ohne Orcel auf der Terrasse. Ganz ohne Übernahmefantasien. Eigentlich ein Husarenstück! Mit der Folge, dass das, was bis vor einem Jahr als durchaus denkbar galt, nämlich dass die Deutsche Bank irgendwann mal zum Übernahmekandidaten werden könnte, für den Moment fast ausgeschlossen erscheint – angesichts einer Marktkapitalisierung von inzwischen wieder mehr als 60 Mrd. Euro. Oder anders gesagt: Das größte Geldhaus der Republik ist heute in einer Position (siehe auch jüngst unsere Analyse der Q3-Zahlen), die so kommod ist wie seit mindestens einer Dekade nicht mehr. Womit sich im Hinblick auf das große Strategie-Update am 17. November allerdings die Frage stellt, was denn jetzt noch kommen soll. Zumal ein paar Punkte ja offen sind: Wie will das Institut mit der inzwischen fast unheimlichen Machtfülle von Vorstandschef Sewing umgehen? Wer wird nach dem Abgang von Finanzchef James von Moltke die neue Nummer 2? Oder auch, ganz verwegen: Wenn die Deutsche Bank kein Übernahmekandidat mehr ist – wird sie dann selbst zum Akquisiteur? Eine Bestandsaufnahme in acht Kapiteln. Hier entlang: FS Premium
Warum die Bafin-Sanktion gegen die deutsche J.P. Morgan dermaßen hoch ausfällt
Es ist ein nahezu unbekanntes Unternehmen. Und doch sorgte die Starpool Finanz GmbH jahrelang dafür, dass auf dem Baufinanzierungs-Geschäft der Deutschen Bank stets ordentlich Druck blieb. Noch 2021 kam das gemeinsam mit der Baufi-Plattform Hypoport betriebene Joint-Venture auf Umsatzerlöse (die sich aus Vermittlerprovisionen speisen) von mehr als 50 Mio. Euro. Zwei Jahre später waren’s dann allerdings nur noch rund 30 Mio. Euro. Und nun – scheint das Geschäft mehr oder weniger zum Erliegen gekommen zu sein. Schon klar: Ein Teil des Einbruchs hatte mit der Zinswende zu tun. Und der jüngste Kollaps damit, dass die DSL Bank (also die Baufi-Tochter der Deutschen Bank) im Frühjahr ihr Neugeschäft einstellte. Trotzdem geht das Phänomen tiefer. Es ist nämlich nicht nur die Deutsche Bank, die in der Baufinanzierung zuletzt merklich Marktanteile verlor; bei anderen großen Playern sieht es ähnlich aus. So betrug der Baufi-Bestand der Commerzbank per Ende 2022 noch etwa 103 Mrd. Euro. Zuletzt waren es dagegen nur noch rund 100 Mrd. Euro. In der Baufinanzierung, wo die Bestände aufgrund der Langfristigkeit des Geschäfts normalerweise nur sehr langsam zu- oder abnehmen, sind solche Verschiebungen enorm. Mit dem Gesamtmarkt hat das alles, wohlgemerkt, nur bedingt zu tun. Denn aufgrund ausbleibender Sondertilgungen (die sich nach der Zinswende für den Kreditnehmer kaum lohnen) wachsen die Bestände andernorts weiterhin deutlich. Was sind die Gründe, dass insbesondere die Großbanken momentan Geschäft hergeben? Und wer saugt es stattdessen auf? Unsere Analyse: FS Premium
Die Bundesbank enthüllt ein kleines Präsent für die Commerzbank
Viermal hat die Commerzbank in der „Ära Orlopp“ bislang Zahlen vorgelegt. Und viermal lag der Nettogewinn deutlich über den Erwartungen. Ein Muster übrigens, das auch schon zu beobachten war, als Bettina Orlopp noch nicht CEO war – sondern CFO. Nun spricht eine solche Bilanz natürlich für die operative Schlagkraft. Aber sie sagt auch einiges aus über die Art und Weise, wie die Commerzbank die Erwartungen der Analysten managt: Bei den Prognosen wird tendenziell gelowballt. Daran orientieren sich die Research-Häuser. Und wenn’s dann gut läuft (was es zuletzt stets getan hat) – dann kommt alle drei Monate das heraus, was wir einfältigen Journalisten letztlich als „Gewinnüberraschung“ bezeichnen, auch wenn’s soooo überraschend gar nicht ist. Die Sache ist nun aber: So langsam droht sich das Muster abzunutzen. Was man zum Beispiel daran erkennt, dass viele Analysten bei ihren Schätzungen inzwischen merklich über die gelowballte Vorstandsprognose hinausgehen. Das Stöckchen, über das Frau Orlopp und ihr CFO Carsten Schmitt springen müssen, wird jetzt also höher gehalten. Hinzu kommt, dass der Aktienkurs von 31 Euro das durchschnittliche Kursziel der Analysten längst überholt hat – am Kapitalmarkt also Erwartungen entstanden sind, die sich schlechterdings nicht managen, sondern allenfalls erfüllen lassen. Das wiederum wird auch insofern schwieriger, als sich die Commerzbank in der Corona-Zeit zwar einen hübschen bilanziellen Risikopuffer namens „Top-Level Adjustments“ zugelegt hatte – Umfang: fast eine halbe Mrd. Euro. Diese TLA sind allerdings zuletzt nach und nach aufgelöst worden, stehen zur Ergebnisverfeinerung also nicht länger zur Verfügung. Kurzum, als am Morgen des 6. November die Q3-Zahlen kamen, stellte sich also die Frage, ob die Commerzbank unter den mittlerweile deutlich erschwerten Bedingungen immer noch zu „überraschen“ vermag. Die Antwort gab’s in unserem Liveblog, hier nochmal zum Nachlesen: FS Premium
Zweite Amtszeit für Wynaendts – damit wächst auch die Machtfülle von Sewing
… dass der ewige Klaus Kaldemorgen das Management des DWS-Fonds „Concept Kaldemorgen“ zum Monatsende abgibt (angeblich sogar endgültig!!!)? Man mag’s kaum glauben. Und fragt sich, was das für die Fondstochter der Deutschen Bank denn jetzt bedeutet (siehe erst vor wenigen Monaten unsere Berechnungen –> Ozzy Osbourne der Fondsbranche – warum die DWS nicht ohne Herrn Kaldemorgen kann).
„Bereitet die Commerzbank den Auszug aus dem Commerzbank-Tower vor?“, fragten wir im Januar, als ruchbar wurde, dass sich die zweitgrößte Privatbank der Republik den Zugriff auf den „Central Business Tower“ gesichert hat, also den neuen Wolkenkratzer (Fertigstellung ist für 2028 geplant) gegenüber den Doppeltürmen der Deutschen Bank. Wie am gestrigen Montag nun die Financial Times (Paywall) berichtete, könnte es in der Sache schon bald zu einer Entscheidung kommen. Zwar läuft der aktuelle Mietvertrag noch bis 2032. Trotzdem sei das Mietverhältnis bereits Gegenstand von Gesprächen zwischen der Commerzbank und dem südkoreanischen Eigentümer des Towers, der Samsung SRA Asset Management. Eine Vertragsverlängerung sei dabei ebenso denkbar wie ein Auszug aus dem mit 259 Metern höchsten Gebäude Deutschlands.
Sämtliche Großbanken-News aus dem Oktober 2025
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