von Christian Kirchner, 6. August 2025
Die Commerzbank hat für das zweite Quartal überzeugende Zahlen abgeliefert – kämpft allerdings mit wachsenden Risiken. Von April bis Juni verdiente die zweitgrößte deutsche Privatbank exakt 462 Mio. Euro netto und damit fast 100 Mio. Euro mehr als Analysten erwartet hatten. Dabei überzeugten alle wesentlichen Ergebniskomponenten: Zins- wie Provisionsüberschuss fielen jeweils 2% höher aus als prognostiziert, bei den Kosten traf das Institut den Konsens von 1.667 Mio. Euro fast auf die Million genau. Auch fiel der im Zuge des jüngsten Strategie-Updates gebildete Restrukturierungs-Aufwand mit knapp einer halben Mrd. Euro ziemlich genauso hoch aus, wie Analysten dies antizipiert hatten. Ohne diesen Einmaleffekt hätte die Commerzbank noch wesentlich mehr Gewinn zeigen können.
Zugleich liefert das Zahlenwerk aber auch erste messbare Hinweise darauf, dass der Zollstreit mit den USA (samt Dollar-Abwertung) und die schwierige Makro-Lage erste deutliche Spuren in den Bilanzen hinterlassen. Zwar fiel das Risikoergebnis mit minus 176 Mio. Euro auf den ersten Blick sogar etwas besser aus als von Analysten prognostiziert (minus 202 Mio. Euro). Allerdings musste der Vorstand dafür sämtliche noch vorhandenen „Top Level Adjustments“ in Höhe von noch 182 Mio. Euro auflösen. Bei dieser Position handelt es sich um 2020 gebildete Vorsorgen für Corona-Effekte, die allerdings nicht schlagend wurden und seitdem als eine Art Reserve im Risikoergebnis mitgeschleift wurden.
Dabei kam sogar eine Reihe weiterer Risikoposten neu hinzu:
Darüber hinaus belastete die US-Dollar-Abwertung laut Commerzbank das etwas schwächer als erwartet ausgefallene Bewertungsergebnis mit zusätzlichen 62 Mio. Euro nach bereits 47 Mio. Euro im Q1.
Dass all dies unter dem Strich kaum ins Gewicht fiel, ist nicht nur den nunmehr vollständig aufgelösten Reserven aus Top-Level-Adjustments zu verdanken, sondern auch den starken operativen Ergebnissen. Ein besseres Abschneiden der Commerzbank insbesondere beim Zinsergebnis (Q2: 2.062 Mio. Euro, quasi unverändert zum Vorquartal und 2% über Konsens) hat seit einigen Quartalen Tradition.
Ursache hierfür dürfte auch sein, dass das für die Commerzbank sehr relevante „Zins-Beta“ (also der Prozentsatz, den man von risikolosen EZB-Zinsen auf Einlagen weitergeben muss) nur minimal auf 39% nach 38% im Startquartal stieg. Eingebacken in die eigenen Prognosen hat die Commerzbank hier indes 41% für das Gesamtjahr. Auch deshalb hob sie den eigenen Ausblick für den Zinsüberschuss 2025 von 7,8 auf 8,0 Mrd. Euro an – das entspricht exakt jenen 200 Mio. Euro, um die das Ergebnis aufgrund der Zins-Beta-Entwicklung nunmehr 2025 besser ausfallen soll.
Auffällig ist aber auch die weiter starke Entwicklung im lange darbenden Provisionsgeschäft: Das Ergebnis lag mit 985 Mio. Euro 2% über dem Konsens, aber auch 10% über dem Vorjahresquartal – angepeilt hat die Commerzbank hier für das Gesamtjahr eine Dynamik von 7%, die nunmehr mehr als machbar erscheint; zum Ende des Halbjahres steht die Bank hier bei einem Plus von 8% zum Vorjahreshalbjahr.
Die leicht verbesserte Prognose für das Gesamtjahr ist zwar grundsätzlich positiv, aber eher eine Art Pflichtübung. Schließlich liegt der nunmehr auf 8 Mrd. Euro angehobene Ausblick auf den Zinsüberschuss 2025 immer noch leicht unter den Analystenerwartungen von 8,1 Mrd. Euro – gewissermaßen hinkt die Commerzbank also den optimistischeren Analysten etwas hinterher.
Das gilt auch für das Nettoergebnis. Nach Abzug der Restrukturierungsaufwendungen rechnet die Bank jetzt mit einem Nettoergebnis von etwa 2,5 Mrd. Euro, nach ursprünglich rund 2,4 Mrd. Euro. Die 2,5 Mrd. Euro Nettogewinn sind aber auch das Ergebnis, das Analysten ihr schon vor Veröffentlichung der Zahlen zugetraut haben. Das ist zumindest ein kleines Indiz dafür, wie hoch die Erwartungen an die Commerzbank nach einer annähernden Verdreifachung des Kurses binnen eines Jahres durch den Unicredit-Einstieg inzwischen sind. Nach einem Vortagesschlusskurs von 31,40 Euro notierte die Commerzbank-Aktie zum Handelsschluss am Mittwoch bei 31,76 Euro.
Zum italienischen Großaktionär äußerte sich die Commerzbank zumindest in Präsentation und Mitteilung nicht.
Die Zahlen in der Übersicht:
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