von Heinz-Roger Dohms, 21. August 2018
Die Sparkasse Düsseldorf hat 2017 deutlich weniger Gewinn erwirtschaftet als öffentlich behauptet. Das zeigen Recherchen des größten deutschen Banken-Newsletters “Finanz-Szene.de”. Bei der Bilanz-Pressekonferenz im März hatte Vorstandschefin Karin-Brigitte Göbel laut Redemanuskript wörtlich gesagt: “Das Betriebsergebnis vor Bewertung beträgt 102,5 Mio Euro; es liegt um 30,4 Millionen Euro über dem Vorjahr.” Im inzwischen einsehbaren Einzelabschluss findet sich von den 102,5 Mio. Euro allerdings nichts. Stattdessen ist dort von einem “Betriebsergebnis vor Bewertung” in Höhe von 47,4 Mio. Euro die Rede; und im Konzernabschluss sind es sogar nur 32 Mio. Euro.
Wie die Differenz zustandekommt, lässt sich anhand des Einzelabschlusses zwar nicht vollends, aber doch weitestgehend nachvollziehen. So findet sich auf Seite 4 des Bestätigungsvermerks (bzw. auf Seite 49 laut Zählweise der PDF-Datei; leider ist die Nummerierung etwa konfus) der Hinweis auf eine Rückstellung in Höhe von 47,4 Mio. Euro. Gebildet wurde sie für einen “vorgesehenen Personalabbau” mit dem Ziel, “die Mitarbeiteranzahl bis 2021 deutlich zu reduzieren”. Die große Frage ist nun, warum der Posten zwar bilanziell, nicht aber bei der nach außen kommunizierten Zahl berücksichtigt wurde. Ein Sprecher erklärt hierzu auf Anfrage, dass die Summe bis zum 8. März (das war der Tag der Bilanz-PK) noch nicht “hart unterlegt” gewesen sei; testiert worden sei der Abschluss erst im Juni.
Nun basierte die Pressekonferenz in der Tat auf vorläufigen Zahlen. Das ist nicht ungewöhnlich, weil sich bis zum endgültigen Abschluss (und in den Gesprächen mit dem WP) an der ein oder anderen Ecke immer mal ein bisschen was verändern kann. Indes: Dass die – jedenfalls aus kommunikativer Sicht – entscheidende Kenngröße nach der PK plötzlich um mehr als die Hälfte zusammenschrumpft, das ist dann doch ungewöhnlich.
Sparkassen-Chefin Göbel gab bei der Pressekonferenz (jedenfalls laut Manuskript) keinerlei expliziten Hinweis darauf gab, dass die 102,5 Mio. Euro unter starkem Vorbehalt stehen. Stattdessen betonte sie die “hohe Validität” des Zahlenwerks. Entsprechend euphorisch war die Berichterstattung in der Lokalpresse am nächsten Tag: „Die Geschäfte bei Düsseldorfs Stadtsparkasse brummen wie selten zuvor“, jubelte die „Rheinische Post“, während die “Westdeutsche Zeitung” schrieb: “Die Stadtsparkasse Düsseldorf hat ein erfolgreiches Jahr 2017 hinter sich – und die Aussichten für das laufende Jahr sind mindestens genauso gut.” Auch die Fachpresse war angesichts der vermeintlich guten Zahlen angetan. So hieß es in der “Börsen-Zeitung”: “Trotz wachsender regulatorischer Anforderungen und anhaltender Negativzinsen hat sich die Stadtsparkasse Düsseldorf im Jahr 2017 wirtschaftlich erfolgreich geschlagen.”
Nun mag man einwenden, dass die einmalige Rückstellung ja nichts über die operative Ertragskraft der Düsseldorfer Sparkasse aussagt – es im Kerngeschäft also trotzdem gebrummt haben könnte (was bedeuten würde, dass die Rheinländer die richtige Botschaft lediglich mit falschen Zahlen untermauert hätten). Auch hier hat “Finanz-Szene.de” aber so seine Zweifel. Was wir natürlich auch begründen wollen:
http://finanz-szene.de/exklusiv-die-unglaubliche-geschichte-der-stadtsparkasse-duesseldorf/
Wobei, stimmt das mit dem “letztlich”?
Nicht ganz, glaubt man dem renommierten Finanzanalysten Stefan Best (ehemals Managing Director Financial Institutions bei Standard & Poor´s und heute Dozent an der Wiesbaden Business School), der uns bei der Analyse unterstützt hat. Denn: In die 25 Mio. Euro eingerechnet ist ein Ertrag aus der Auflösung der Risikovorsorge in Höhe von 4 Mio. Euro. Dieses Vorgehen (also Risikovorsorge aufzulösen und damit zu einer positiven statt negativen “Bewertung” zu kommen) ist nach den Worten Bests allerdings “nicht nachhaltig”. Denn seiner Meinung nach wäre “angesichts eines Kreditvolumens von 7,9 Mrd. Euro bzw. eines Gesamtobligos von 11,4 Mrd. Euro ein Aufwand für (statt eine Auflösung von) Risikovorsorge in Höhe von 25 Mio. Euro “keinesfalls ungewöhnlich hoch”.
Die Stadtsparkasse sieht das auf Anfrage von “Finanz-Szene.de” anders, was ja aber klar ist, denn wenn sie es genauso sehen würde wie Experte Best, hätte sie nicht so bilanziert, wie sie bilanziert hat.
Jedenfalls: Nach jetziger Prognose wird die Private-Equity-Torte erst ungefähr 2021 aufgenascht sein. Etwa zeitgleich soll dann auch das riesige Jobabbau-Programm abgeschlossen sein. Vielleicht wird die Sparkasse Düsseldorf ja dann nach vielen, vielen Jahren mal wieder eine einigermaßen normale Sparkassen-Bilanz vorlegen. Und diese Zahlen dann auch sauber kommunizieren.