Genosektor-Ticker

Sämtliche Genosektor-Meldungen aus dem Juni

In unserem Genosektor-Ticker verfolgen wir Volks- und Raiffeisenbanken genauso wie PSD- und Sparda-Banken, die DZ-Bank-Gruppe genauso wie die Atruvia.

Hier unser Ticker für den Juni:

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Geno-Accelerator Amberra rekrutiert bei den Sparkassen

Der genossenschaftliche Accelerator Amberra (alle Hintergründe hier) bestückt sein Management-Team überwiegend mit Sparkässlern. So kommen Strategiechefin Bernadett Faßhauer-Kotte von der S-Communication Services – und der neue „Head of Innovation“ Christian Haß von der Deka. Zufall? Nicht unbedingt. Schließlich entstammt auch der schon im Februar eingesetzte Amberra-Chef Björn Schmuck der Deka. Übrigens: Der Investmentchef von Amberra, ein gewisser Moritz Otterbach, leitete bis vor einigen Monaten gemeinsam mit Schmuck das Bildungs-Startup Buya. Und davor? Nein, arbeitete er nicht für die S-Finanzgruppe – sondern 14 Jahre lang bei Berenberg.

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Kurz getickert

  • Die Bafin stellt mal wieder eine Genobank an den Pranger – nämlich die Volksbank Senden (Bilanzsumme zuletzt: 349 Mio. Euro), der sie offenbar Probleme in der Gesamtbanksteuerung vorwirft. (Mitteilung)
  • Die Atruvia (also der IT-Dienstleister der Genossen) hat ihre Umsatzerlöse im vergangenen Jahr um 4% auf 1.366 Mio. Euro hochgefahren. Ein gutes Stück stärker stiegen die Kosten. So legte der Personalaufwand um 9% auf 518 Mio. Euro zu, beim Sachaufwand (inkl. Afa) ging es sogar um 19% auf 292 Mio. Euro nach oben. Der Jahresüberschuss belief sich auf 8 Mio. Euro. Jahresabschluss (PDF)

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Wie eine Rebellin beinahe den Aufsichtsrat der Berliner Volksbank erobert hätte

Die Chefin des VÖB kontrolliert die zweitgrößte deutsche Genossenschaftsbank – über dieses Kuriosum hatten wir vergangene Woche ja schon berichtet. Tatsächlich gab es bei der Vertreterversammlung der Berliner Volksbank aber noch einen weiteren Aufreger. Wie neue Recherchen von Finanz-Szene zeigen, versuchten nämlich auch drei freie Kandidaten (darunter eine ehemalige Bankenberaterin von McKinsey und ein Ex-Fintech-Manager) in das Kontrollgremium einzuziehen – wider die offiziellen Pläne der Bank. Die drei Bewerber scheiterten zwar mit ihrem ungewöhnlichen Manöver. In einem Fall aber war’s denkbar knapp. Alle Namen und alle Details: FS Premium

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Kurz getickert

  • Erstaunlicherweise werden die einschlägigen Tagesgeld-Vergleiche seit Ende letzter Woche von einer Genossenschaftsbank angeführt. Weniger erstaunlich: Es handelt sich um die bei uns ja schon öfter gewürdigte Raiffeisenbank Hochtaunus (Markenname: „Meine Bank“). Sie bietet 3,55% für bis zu 100.000 Euro begrenzt auf sechs Monate. 
  • Die Volks- und Raiffeisenbanken haben bei der BVR-Jahrestagung in Berlin die Reform der genossenschaftlichen Institutssicherung (siehe im Februar unseren Scoop –> Wie der BVR rebellische Volksbanken bändigen will) durchgewinkt. Die von Vorstandsmitglied Daniel Quinten ersonnenen Änderungen am Statut sowie am Klassifizierungssystem erhielten 96% bzw. 98% Zustimmung.

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Chef-Lobbyistin der Landesbanken kontrolliert größte deutsche Volksbank

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Wie die Fusion zweier Kleinst-Vobas am Mitgliedervotum scheiterte

Bei unserem großen Fusionsüberblick im April (siehe hier) hatten wir ja bereits geunkt, dass womöglich nicht alle der für dieses Jahr geplanten Volksbank-Zusammenschlüsse auch vollzogen werden … und prompt ist’s denn auch passiert: Während bei den allermeisten im Frühjahr anberaumten Mitgliederversammlungen artig für die jeweiligen Geno-Verschmelzungspläne gestimmt wurde, haben im baden-württembergischen Pfullendorf ausgerechnet die Mitglieder der Kleinstvolksbank Pfullendorf (Bilanzsumme 255 Mio. Euro) quergeschossen.

Die wollte eigentlich mit der rund doppelt so großen VR-Bank Meßkirch (492 Mio. Euro) zusammengehen. Das Vorhaben scheiterte jedoch an der benötigten 3/4-Mehrheit, weil 121 der 271 Pfullendorfer Mitglieder dagegen stimmten. Als Gründe für ihren Widerstand gaben die Mitglieder gegenüber dem „Südkurier“ (Paywall) unter anderem die Befürchtung zu Protokoll, die „Kompetenz“ könne zum größeren Fusionspartner nach Meßkirch abwandern. Außerdem sei die Volksbank Pfullendorf doch „eine gute Bank“ (Jahresüberschuss zuletzt 330.000 Euro).

In der Tat hatte die Pfullendorfer Führungsspitze im Vorfeld mit dem im Genosektor beliebten Slogan „Zwei gesunde Banken gehen zusammen“ für die Hochzeit geworben. Damit erinnert der Fall denn auch ein bisschen an die Volksbank Wickede in NRW, deren Mitglieder gegen eine Fusion mit der Volksbank Menden votierten, woraufhin die Vorstände ihre Kommunikationsstrategie radikal änderten (siehe dazu -> „Eine lokale Posse, die zeigt: Kleine Banken wollen klein bleiben“). Im zweiten Anlauf klappte es kürzlich dann doch mit der Fusion (siehe unseren Genoticker aus dem Mai). Eine Blaupause für Pfullendorf? Die Volksbank teilt jedenfalls mit: „Vorstände sowie Aufsichtsräte geben sich selbstkritisch und hinterfragen ihre Vorgehensweise. Mit der Volksbank Meßkirch eG Raiffeisenbank bleiben wir im Gespräch.“

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Kurz getickert

  • Indes gibt es bereits die ersten Fusionskandidaten für 2024: In Baden-Württemberg bahnt sich eine Dreier-Fusion der Volksbank Bad Saulgau Bilanzsumme: 1,5 Mrd. Euro), der Volksbank Altshausen (621 Mio. Euro) sowie der VR Bank Riedlingen-Federsee (975 Mio. Euro) an. Und in Niedersachsen plant die RVB Fresena (1,1 Mrd. Euro) den Zusammenschluss mit der Volksbank Esens (343 Mio. Euro).  Südkurier, Ostfriesische Nachrichten
  • Die „VR meine Bank“ in Rosenheim (mit einer Bilanzsumme von 11,5 Mrd. Euro immerhin die viertgrößte Volksbank hierzulande) hat ihr „Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit“ in 2022 von 57 Mio. Euro auf 132 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Zupass kam den Bayern dabei die Zinswende, die den Zinsüberschuss um 15% auf 159 Mio. Euro steigen ließ. Allerdings wuchs der Provisionsüberschuss kaum noch (plus 1% auf 67 Mio. Euro), während der Personal- und Verwaltungsaufwand zusammengenommen um 13% auf 134 Mio. Euro kletterten. Außerdem bescherten eine Bewertungsänderung und die Auflösung gebildeter Vorsorgereserven nach § 340 f HGB ein satt positives Bewertungsergebnis von 30 Mio. Euro, nach minus 32 Mio. im Vorjahr.

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Umstrittene Geno-Fusionspraxis geht vors Bayerische Oberste Landesgericht

Das umstrittene Fusions-Prozedere im genossenschaftlichen Bankenlager muss sich demnächst offenbar vor dem höchsten ordentlichen Gericht des Freistaats Bayern bewähren. Wie aus einem Finanz-Szene vorliegenden Schreiben hervorgeht, hat das Landgericht Nürnberg-Fürth das Verfahren diese Woche an das „Bayerische Oberste Landesgericht“ in München weitergereicht. Genau diesen Schritt hatten Verfahrensbeteiligte gegenüber Finanz-Szene bereits im Februar (siehe unser Stück Volksbank-Revolution bleibt aus: Gericht billigt umstrittene Fusionspraxis) als wahrscheinlich erachtet.

In der Causa geht es um die grundsätzliche Frage, ob Zusammenschlüsse von Volks- und Raiffeisenbanken völlig unabhängig vom inneren Wert der Genossenschaftsanteile vollzogen werden können (siehe dazu -> „Volksbank-Beben – Gericht stellt Procedere bei Geno-Fusionen infrage“). Bislang ist genau dies übliche Praxis: Rücklagen, Rentabilität oder Dividenden der Institute spielen keinerlei Rolle bei der Frage, mit welchem Geschäftsanteil die Mitglieder der Vorgänger-Institute an der fusionierten Bank beteiligt werden.

Bei der Dreierfusion der VR-Bank Erlangen-Höchstadt-Herzogenaurach, Volksbank Raiffeisenbank Nürnberg und der VR meine Bank aus Neustadt/Aisch hatte der Kläger eine Ausgleichszahlung für die wirtschaftlichen Unterschiede der fusionierten Banken verlangt. Diese wurde ihm aber ebenso verwehrt wie das angestrebte Spruchverfahren. Ob das rechtens ist, entscheidet nun also das Bayerischen ObLG. Mit einem neuerlichen Urteil dürfte allerdings frühestens 2024 zu rechnen sein.

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Kurz getickert

  • Die Volksbank Braunschweig Wolfsburg (kurz BraWo) profitierte 2022 von ihren diversen Beteiligungen sowie der Zinswende: Laut jüngst veröffentlichten Geschäftsbericht, stieg der Zinsüberschuss um 8% auf 108 Mio. Euro. Der Provisionsüberschuss ging nur leicht um 1,6% auf knapp 39 Mio. Euro nach oben, die Verwaltungskosten dafür um 7% auf 95 Mio. Euro. Das Betriebsergebnis vor Bewertung fiel mit 53 Mio. Euro nur leicht höher aus, ein positives Bewertungsergebnis sorgte aber dafür, dass das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit um 10% auf 55 Mio. Euro anstieg. Die Volksbank schüttet eine für den Sektor ungewöhnlich hohen Dividende von 10% aus.
  • Nochmal BraWo, just mit einem neuen Immobilien-Deal: Die niedersächsische Volksbank partnert beim Kauf eines Objektes mit der französischen Staatsbank Caisse des Dépôts (CDC). (Immobilien Zeitung/Paywall)
  • Es kündigt sich für dieses Jahr noch eine neue Kleinfusion an – nämlich zwischen der Volksbank Leonberg-Strohgäu (Bilanzsumme: 1,8 Mrd. Euro) und der Raiffeisenbank Wimsheim-Mönsheim (103 Mio. Euro). Hier sollen die Mitglieder beider Banken Ende Juli über einen rückwirkenden Zusammenschluss ab Januar 2023 abstimmen.

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Gehen die Volksbanken in der privaten Baufinanzierung jetzt all in?

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Baufinanzierung: PSD-Banken generieren >50% ihres Neugeschäfts über Plattformen

Die PSD Banken haben im vergangenen Jahr (offenbar erstmals) mehr als die Hälfte ihres Neugeschäfts in der Baufinanzierung über Kredit-Plattformen wie Interhyp oder Hypoport generiert. Zwar sank das Neukredit-Volumen insgesamt um 3% auf nur noch 2,77 Mrd. Euro – hiervon allerdings entfielen 1,42 Mrd. Euro (plus 5%) auf das Plattform-Geschäft, das bei den im Direktvertrieb eher schwachen PSD-Banken seit Jahren massiv forciert wird. Für 2023 rechnet die Gruppe laut Aussagen von Verband-Präsident Jurgeleit in der „BÖZ“ mit einem Anstieg des Baufi-Neugeschäfts um 2-3%. Das wäre eine bemerkenswerte Leistung, wenn man bedenkt, dass der Gesamtmarkt per Ende April mit einem Neukredit-Volumen von 53 Mrd. Euro um 52% hinter dem Vorjahr hinterher hinkte.

Unterdessen legten die PSD Banken auch weitere Geschäftszahlen für ihre 14 Institute umfassende Gruppe vor und mussten dabei massive Abschreibungen im „Depot A“-Geschäft eingestehen. Das Bewertungsergebnis explodierte (wenn man Wertpapier- und Kreditgeschäft zusammennimmt) um den Faktor 13 auf 153 Mio. Euro – mit der Folge, dass die Gruppe letztlich einen Verlust von 2 Mio. Euro verbuchte (über die Probleme und Umbauten im PSD-Sektor hatte Finanz-Szene zuletzt intensiv berichtet, siehe unsere Exklusiv-Stücke zur Liquidierung der IT-Service-Tochter, zur Fusion von Hamburg und Kiel sowie zur Umfirmierung der PSD-Bank Westfalen-Lippe). Rein operativ betrachtet lesen sich die Zahlen freilich einigermaßen okay: Dank eines gestiegenen Zinsüberschusses (plus 6% auf 405 Mio. Euro) verbesserte sich das Betriebsergebnis vor Bewertung um 11% auf 151 Mio. Euro, was 0,54% der durchschnittlichen Bilanzsumme entsprach.

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Kurz getickert

  • Bei der fünftgrößte deutsche Volksbank in Villingen-Schwenningen (Bilanzsumme: 11 Mrd. Euro) hat die Zinswende 2022 noch nicht für positive Effekte gesorgt: Der Zinsüberschuss ging um 1% auf 152 Mio. Euro zurück, dafür stieg das Provisionsergebnis um auskömmliche 14% auf 69 Mio. Euro. Weil aber auch die Verwaltungskosten um 6% stiegen, blieb das Betriebsergebnis vor Bewertung in etwa auf Vorjahresniveau bei knapp 90 Mio. Euro. Wegen Abschreibungen auf Eigenanlagen sowie „Risikoabschirmungen für das Kundenportfolio“ dezimierte sich der Bilanzgewinn um 31% auf 4,2 Mio. Euro. Die Cost-Income-Ratio der selbsternannten „Gestalterbank“ stieg zwar leicht an, liegt aber immer noch bei ordentlichen 58,3%.
  • Die Hannoversche Volksbank und die Volksbank in Schaumburg und Nienburg haben bereits im Mai 80% der Anteile des auf den Gesundheitssektor spezialisierten Hamburger Immobilienkonzerns Immac Holding übernommen.

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Zwischen Fusions-Saison und Girocard-Tausch: Das war der Genosektor im Mai

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