von Christian Kirchner und Bernd Neubacher , 30. August 2023
In unserem „Groß- und Direktbanken“-Ticker verfolgen wir, was bei Deutsche Bank, Commerzbank, ING Diba usw. los ist.
Hier der Ticker für den August 2023:
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Wie muss man sich so einen Service-Mitarbeiter eigentlich vorstellen? Also einen jener Service-Mitarbeiter, von denen die Commerzbank jetzt 90 einstellen will, um ihr Filial-Chaos in den Griff zu bekommen? Sind das freundliche junge Menschen, die Heizdecken und Kaffee verteilen, falls sich auch im kommenden Winter wieder lange Schlangen vor den Zweigstellen bilden? Sind das emsige Helferlein, die den Kunden bei der Bedienung des Kontoauszug-Druckers zur Hand gehen (und dann praktischerweise ein paar Ratschläge parat haben, wie sich das mit den Kontoauszügen beim nächsten Mal online erledigen lässt)? Oder sind das ganz normale Filialmitarbeiter, wie es sie auch jetzt schon gibt, halt nur nicht in ausreichender Zahl? Fest jedenfalls steht: Die Commerzbank stellt wieder ein! Was eine kaum zu unterschätzende Neuigkeit ist. Schließlich hatte bei der zweitgrößten deutschen Privatbank in den vergangenen Jahren vor allem eines Priorität: Leute loszuwerden. So sind von einst 63.000 Commerzbankern (so viele waren es nach der Übernahme der Dresdner) nur noch 42.000 übrig. Die Folgen dieser jahrelangen „Fire statt Hire“-Politik zeigen sich in verbesserten Kostenzahlen. Aber eben auch – in einer extremen Alterung der Belegschaft. Weshalb das Pendel so langsam in die entgegengesetzte Richtung ausschlägt und die Coba genau wie viele andere Banken hierzulande bald auf „Hire statt Fire“ wird umschalten müssen. Konkret: Laut Informationen von Finanz-Szene besagen interne Kalkulationen, dass allein die Commerzbank und die Deutsche Bank eine vierstellige Zahl von Stellen zu besetzen haben. Und zwar jeweils. Und pro Jahr. Unsere exklusive Recherche: FS Premium
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Die Integration der Postbank soll abgeschlossen sein? Von wegen …
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Ex-Comdirect-Chef Arno Walter verlässt die Commerzbank
Die „Asset Management“-Offensive der Commerzbank (siehe Anfang des Monats –> Die Geschichte hinter Yellowfin) wird durch die Geschäftsentwicklung der hauseigenen Sachwerte-Tochter gestützt. Wie aus dem kürzlich veröffentlichten 2022er-Abschluss hervorgeht, hat die Commerz Real im vergangenen Jahr ein operatives Rekordergebnis von 178 Mio. Euro eingefahren (plus 44%). Dabei verbesserte sich die Cost-Income-Ratio auf 40%, die Eigenkapital-Rendite erreichte imposante 69%. Fairerweise: Der Wiesbadener Investment-Manager profitierte teilweise von Sondereffekten – darunter Zuschreibungen aus einem Schiffsportfolio (das insgesamt einen Ergebnisbeitrag von 53 Mio. Euro leistete) sowie der Verkauf einer Immobilie. Dagegen gingen die Nettozuflüsse entgegen der Prognose leicht auf 1,7 Mrd. Euro zurück. Davon wiederum entfiel rund ein Drittel auf den Immobilienfonds „Hausinvest“ (der damit jetzt auf 17,4 Mrd. Euro Volumen kommt) – während der neue Retail-Fonds „Klimavest“ (alle Hintergründe siehe hier) netto 0,4 Mrd. Euro einsammelte und die 1-Mrd.-Euro-Marke beim Volumen durchbrach. Den grundsätzlichen Wachstumskurs der Commerz Real hatten wir bereits vor einigen Monaten beleuchtet, siehe –> „Commerzbank will Sachwerte-Tocher zur neuen Cash-Cow machen“.
Deutschlands Banken befinden sich in einer seltsamen Zwischenzeit. Einerseits sind die Ergebnisse so hoch wie lange nicht mehr (oder in einigen Fällen sogar hoch wie nie, siehe etwa die ING Diba). Andererseits: Gewann man in den zurückliegenden Wochen das Gefühl, der Abschwung (wenn nicht gar der Absturz) sei längst eingepreist. An schlechten Nachrichten bestand schließlich kein Mangel: Die maue Konjunktur! Die dräuende Krise am gewerblichen Immobilienmarkt! Das fehlende Neugeschäft (beispielhaft genannt seien die baden-württembergischen und die westfälisch-lippischen Sparkassen, bei denen die Vergabe neuer Baufinanzierungen im ersten Halbjahr um 60% bzw. 53% zurückgegangen ist)! Blieb als Hoffnungsmacher eigentlich nur noch die Zinswende. Wobei: Ist es nicht gerade das hohe Zinsniveau, das die Geschäfte erlahmen lässt??? Und ist es nicht eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich die positiven Zinseffekte auf der Passivseite abschwächen (weil die Refinanzierung teurer wird), während die positiven Zinseffekte auf der Aktivseite mangels Neugeschäft ohnehin überschaubar bleiben??? Richtig an alldem ist: Ja, die jüngsten Rekordgewinne sind eine Momentaufnahme, geschuldet ganz wesentlich einer zinsbedingten „Sonderkonjunktur“, wie es BayernLB-Chef Winkelmeier letzte Woche genannt hat. Gleichwohl: Wenn man sich die Q2-Zahlen genauer anschaut (und wir meinen explizit die Drei-Monats-Zahlen, nicht nur die Sechs-Monats-Zahlen), dann finden sich durchaus Anzeichen, dass die starke Performance unserer Banken mehr als nur eine zinsbedingte Momentaufnahme ist. Unsere Analyse in fünf Punkten: FS Premium
Solides Ergebnis, verbesserter Ausblick: Commerzbank überzeugt auch im Q2
ING Diba scheffelt im Q2 Rekordgewinn und sammelt 16 (!) Mrd. Euro frische Einlagen
Liegt es daran, dass die Nachrichtenlage dünner wird – und deshalb die schlechten Nachrichten mehr hervorstechen? Oder könnte es möglicherweise sein, dass sich die Großwetterlage für die deutschen Banken gerade so ein bisschen eintrübt? Tatsächlich fällt es beim Rückblick auf den August nicht ganz leicht, optimistisch zu bleiben. Da ist die Deutsche Bank, die in ihrem mächtigen Privatkunden-Geschäft (wo kein anderes Institut hierzulande auch nur annähernd so viele Kundinnen und Kunden hat) nun zum dritten Mal in Folge die Gewinnerwartungen deutlich verfehlt hat – und die Sparte de facto zu einem Restrukturierungsfall erklärt. Da sind die Sparda-Banken, die inzwischen offen eingestehen, dass sie unter erheblichen strukturellen Problemen leiden. Und dann war da letzte Woche noch der europäische Stresstest, in dem hiesige Banken drei der letzte fünf Plätze belegten (und insbesondere Institute mit hohem Exposure in der gewerblichen Immobilienfinanzierung eine gewisse Anfälligkeit im Stress-Szenario offenbarten). Und wo bleibt das Positive? Das findet sich ausgerechnet in einem der vermeintlich größten Sorgenfälle überhaupt. Denn es ist zwar richtig, dass die Commerzbank mit ihrer Polen-Tochter nicht enden wollende Scherereien hat. Trotzdem könnte die im Jahr 2020 eher unfreiwillig getroffene Entscheidung, die mBank doch nicht zu verkaufen, letzten Endes goldrichtig gewesen sein. Warum? Der Monats-Podcast mit unseren Frankfurter Redakteuren Christian Kirchner und Bernd Neubacher – auf geht’s: Finanz-Szene (frei zugänglich)
„Yellowfin“: Die Genese hinterm neuen Asset Manager der Commerzbank
Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer des „Miles & More“-Deals zwischen Lufthansa und Deutsche Bank? Ein Überblick: PAB-Blog
Hat die Commerzbank an der mBank überhaupt noch was verdient???
Das neue Rendite-Ziel der Coba. Die Altlasten der DeuBa. Alle Großbanken-News aus dem Juli
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