von Christian Kirchner und Bernd Neubacher , 1. April 2023
In unserem „Groß- und Direktbanken“-Ticker verfolgen wir, was bei Deutsche Bank, Commerzbank, ING Diba usw. los ist.
Hier der Ticker für den März 2023:
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Zu den Eigenarten der DKB gehört, dass ihr Ertragsmix viele Jahre lang eigentlich gar kein Ertragsmix war. Sondern eine einzige Monokultur. Bestehend aus dem Zinsüberschuss – und sonst nix. Oder sogar weniger als nix. Denn bis 2020 war das Provisionsergebnis sogar negativ, eine Folge der kostenlosen Kreditkarte, die der zweitgrößten deutschen Direktbank über die Jahre zwar viele neue Kunden bescherte, aber anstelle von Einnahmen eben auch viel Aufwand verursachte. Jedenfalls: Dass die DKB diesen Zustand zu ändern gedenkt und dem Zinsüberschuss (trotz Zinswende …) eine zweite Ertragssäule an die Seite stellen will, das deutete sich ja schon letzten Sommer bei der Vorlage der Halbjahreszahlen an (siehe -> Sattes Plus, wo immer ein Minus war: Das Provisionsergebnis der DKB). Dieser Tage nun hat Vorstandschef Stefan Unterlandstättner im „Bloomberg“-Interview das Provisionsgeschäft sogar zum strategischen Fokus-Thema erhoben (siehe -> DKB-Chef erklärt strategische Neuausrichtung – und will wieder unter 50% CIR) – und deutlich steigende Provisionsergebnisse angekündigt. Wie das gehen soll? Nun, eine nicht ganz kleine Rolle spielen gewiss die Entgelterhöhungen der letzten Jahre, beispielsweise bei den Geschäftskunden. Dann trägt die vor zwei Jahren teilübernommene Bayern Card-Services ihr Scherflein bei. Und darüber hinaus? Will die DKB offenbar auch das Geschäft mit klassischen externen Produktlieferanten forcieren. Schon Anfang Februar berichtete der „Versicherungsmonitor“ von Verhandlungen mit der italienischen Generali – was im Sparkassen-Verbund für Verstimmung sorgte, weil es innerhalb des Verbunds ja eigentlich genügend eigene Versicherer gäbe. Laut Informationen ist das aber erst der Anfang. Denn auch beim Bausparen (wo die Bayern-LB-Tochter DKB bislang noch brav mit der verbundeigenen LBS Bayern kooperiert) bahnt sich eine Partnerschaft mit einem der großen privaten Anbieter an. Unsere exklusiven Recherchen: FS Premium
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Die Deutsche Bank als Opfer böser Spekulanten – ist es wirklich so einfach?
DKB-Chef erklärt strategische Neuausrichtung – und will wieder unter 50% CIR
Der Crash der Deutschen Bank. Sind’s die Derivate – oder ist’s Twitter?
Macht die Commerzbank bald mehr Rendite als die Deutsche Bank?
… dass die UBS mit der Übernahme der Credit Suisse zur viertgefährlichsten Bank der Welt avancieren könnte? Dies jedenfalls legt ein Blick auf das vom globalen Finanz-Stabilitätsrat erstellte „G-SIB“-Dashboard der Banken mit weltweiter Systemrelevanz nahe. Auf Basis der Daten per Ende 2021 ordnete das Gremium der UBS einen Gesamt-Score von 198 und der Credit Suisse einen Wert von 168 zu. In Addition ergibt bzw. ergäbe dies einen Score von 366, womit das Gebilde aus UBS und Credit Suisse nur noch von J.P. Morgan (447), HSBC (371) sowie von der Citigroup (367) übertroffen würde – aber schon nicht mehr von der BNP Paribas (345). Alles unter der zugegeben leicht theoretischen Voraussetzung, dass man am Zürcher Paradeplatz auf jedweden Abbau von Aktiva, Risiken und Komplexität verzichten sollte.
Unser „Deep Dive“ zur Zwangs-Übernahme der Credit Suisse durch die UBS
Hypo-Vereinsbank publiziert erstmals detaillierte Zahlen zum Retail-Geschäft
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Der Frage, inwieweit klassische Spekulanten zum Absturz der Deutsche-Bank-Aktie am Freitag beigetragen haben, sind wir ja bereits in unserem Stück „Der Crash der Deutschen Bank. Sind’s die Derivate – oder ist’s Twitter?“ (siehe unten) nachgegangen. Wie aus am Montag veröffentlichten Daten hervorgeht, dürften Leerverkäufer tatsächlich nicht ganz unschuldig gewesen sein. So erhöhte sich die Anzahl der verliehenen Deutsche-Bank-Aktien im Laufe des Freitags nach Finanz-Szene vorliegenden Marktdaten von 40,2 Mio. auf 57,2 Mio. Stücke. Mutmaßlich wurde die Differenz von 17 Mio. Aktien leerverkauft. Das entspräche knapp einem Fünftel aller am Freitag an den Handelsplätzen Xetra und Frankfurt gehandelten Aktien. Und: Wie aus einer Mitteilung im Bundesanzeiger vom Montag hervorgeht, überschritt am Freitag auch zumindest ein Hedge-Fonds – Marshall Wace aus London – die meldepflichtige Schwelle von 0,5% leerverkaufter Aktien an einem Unternehmen und ist nun mit 0,61% des Deutsche-Bank-Kapitals „short“.
Freilich: Ob jemand eine Aktie leerverkauft, weil er gezielt auf fallende Kurse spekuliert oder sich nur absichern will, geht aus den Daten nicht hervor. Und festzuhalten bleibt auch, dass per Freitagabend trotz allem auch nach dem Anstieg nur insgesamt 2,8% der Deutsche-Bank-Aktien verliehen und damit leerverkauft waren. Im Vergleich zu anderen europäischen Großbanken ist das eine dezidiert niedrige Quote. Bei der Unicredit etwa beträgt der Anteil inzwischen 4,9%, auch bei der BNP Paribas und der Sociéte Générale sind es jeweils knapp 5%.
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Da stürzt die Aktie der Deutschen Bank binnen Stunden fast 15% in die Tiefe. Doch keiner weiß, warum. (Denn: „Passiert“ war am Freitagmorgen ja eigentlich nur, dass die Deutsche Bank die vorzeitige Rückzahlung einer „Tier 2“-Anleihe verkündete – im Zweifel eher ein Zeichen der Stärke als eines der Schwäche). Wieso dann dieser Crash? Und wird das diese Woche so weitergehen, stehen dem größten Geldhaus der Republik dramatische Tage bevor? Der Reihe nach: Natürlich wohnt den Aktienmärkten ein anarchisches Element inne. Niemand muss begründen, warum er die Silicon Valley Bank shorted oder die Credit Suisse verkauft. Und doch – zumindest in der Rückschau lässt sich ja durchaus rational erklären, warum es gerade diese beiden Institute erwischt hat (während tausende andere nach nunmehr drei Wochen Bankenbeben immer noch stehen). Die Deutsche Bank dagegen ist doch nicht die Credit Suisse, oder? Denn hat nicht gerade die Deutsche Bank in den letzten Jahren vieles von dem richtig gemacht, was die Schweizer falsch gemacht haben? Warum also rückt nun ausgerechnet sie ins Visier der Kapitalmärkte? Unser Deep Dive zum Beginn einer vermutlich wieder mal sehr aufregenden Woche – hier entlang: FS Premium
Die BNP Paribas gehört zu den klandestinsten Akteuren überhaupt im deutschen Bankenmarkt. Gewinne? Kreditvolumina? Assets under Management? Stehen auch in keinem Geschäftsbericht, da alles bei der französischen Mutter konsolidiert wird. Allenfalls mit dem ganz groben Holz der „Nettobankerträge“ (also der kumulierten Zins- und Provisionsüberschüsse, 2021: 2,2 Mrd. Euro) sowie der Cost-Income-Ratio (2021: 55%) rückt die hiesige Dependance der Franzosen offiziell raus.
Im kürzlich veröffentlichten Finanzbericht der französischen Mutter finden sich dennoch einige Hinweise darauf, wie 2022 im Deutschland-Geschäft gelaufen ist – nämlich durchaus ordentlich. Der Gewinn vor Steuern stieg um 12% auf 727 Mio. Euro, der „Headcount“ um beachtliche 5% auf 5.896 Beschäftigte. Zur Einordnung: Zwischen 2015 und 2020 lag der Vorsteuergewinn zwischen 320 und 423 Mio. Euro – erst 2021 stieg er rasant auf 649 Mio. Euro, und hält sich nun augenscheinlich auf diesem Niveau. Gleichwohl: Die in der Vergangenheit des Öfteren aufgebrachte Theorie von Deutschland-CEO Lutz Diederichs, die BNP Paribas sei eine der fünf gewinnstärksten Banken Deutschlands, dürfte inzwischen nur schwerlich haltbar sein. Angesichts der Zinswende und der sprudelnden Gewinne der Konkurrenz dürfte es mit den 727 Mio. Euro längst nicht mehr für die Top 5 reichen.
Zins-Schock!!! Warum nach der SVB-Pleite auch deutsche Bank-Aktien abschmieren
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