von Bernd Neubacher, 30. November 2022
Nach sechs Monaten hing die NordLB noch in den roten Zahlen – im dritten Quartal allerdings hat die Hannoversche Landesbank zumindest so weit aufgedreht, dass auf Neun-Monats-Sicht jetzt ein Nachsteuergewinn von 37 Mio. Euro zu Buche steht.
Wie kommt das Ergebnis zustande? Und was ist für den Rest des Jahres noch zu erwarten? Fünf Lehren aus den am Dienstag publizierten Zahlen:
Die abrupte Zinswende hat das Neun-Monats-Ergebnis verhagelt. So resultierte aus der Fair-Value-Bilanzierung ein 243 Mio. Euro schwerer negativer Swing – was etwa einem Drittel des kumulierten Zins- und Provisionsergebnisses entspricht. Konkret geht es dabei um Derivate, mit denen sich die Bank zur Steuerung ihrer Pensionsverbindlichkeiten gegen weiterhin niedrige oder gar noch stärker sinkende Zinsen abgesichert hatte.
Zugleich bringt der Zinsanstieg allerdings eine gehörige Entlastung bei den Pensionsverbindlichkeiten mit sich. Allerdings zeigt sich dieser Effekt nicht in der GuV, sondern wird direkt mit dem Eigenkapital verrechnet. In Zahlen: Seit Jahresbeginn hat sich das bilanzierte Eigenkapital NordLB um knapp 400 Mio. Euro erhöht. Womit das Institut, siehe nächster Punkt, die Kreditvergabe ankurbeln kann.
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Dem im Januar angetretenen Vorstandschef Jörg Frischholz wird nach Publikation der Neun-Monats-Zahlen niemand vorwerfen, er habe seine Ankündigung, das Kreditgeschäft zu forcieren, nicht in die Tat umgesetzt.
16 Mrd. Euro hat die Hannoveraner Landesbank in den ersten drei Quartalen an Krediten neu vergeben. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum entspricht dies einer Steigerung von rund 80%. Da zugleich die Zahlungen für die Garantien des Landes sanken, explodierte Provisionsüberschuss auf 122 Mio. Euro, knapp das Vierfache des Vorjahreswerts. Die Bilanzsumme, vor Jahresfrist noch im Rückwärtsgang, weitete sich um 5% auf rund 120 Mrd. Euro aus.
Vor allem im Firmenkundengeschäft sowie in den Bereichen Immobilien, Erneuerbare Energien und Infrastruktur steigerte die NordLB ihre Erträge. Dies alles vor dem Hintergrund, dass Vorstand Ingrid Spletter-Weiß darüber hinaus im Sommer auch Wachstumschancen beispielsweise bei der Finanzierung von Private-Equity-Deals ausgemacht hat.
Ist es eigentlich smart, angesichts der aufziehenden Rezession den Kredithahn derart weit aufzudrehen? Zumal, siehe nächster Punkt, auch die Risikovorsorge eine erstaunliche Entwicklung nimmt.
Vor wenigen Tagen erst appellierte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling, die Geschäftsbanken sollten zusätzliche Risikovorsorge bilden und dabei den von den Bilanzierungs-Vorschriften eröffneten Spielraum konsequent nutzen. Die NordLB hingegen? Löst erst einmal weiter Risikovorsorge auf.
Auf 9M-Sicht waren dies exakt 97 Mio. Euro (nach im Vorjahreszeitraum auch schon 42 Mio. Euro Mio. Euro aufgelöst wurden). Wobei zur Wahrheit freilich auch gehört: Das Management verweist zudem auf vorsorglich gebildete Risikovorsorge von rund 350 Mio. Euro (wovon noch rund 275 Mio. Euro aus dem „Corona-Jahr“ 2020 stammen), um für Eventualitäten infolge der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine gewappnet zu sein.
Der NordLB ist es zuletzt gelungen, ihre Kosten nahezu linear zu senken. So reduzierte sich der Verwaltungsaufwand von Januar bis September um 2% – genau wie vor einem Jahr auch schon. Angesichts der galoppierenden Inflation dürfte diese Kostendisziplin zunehmend schwerer durchzuhalten sein (wobei sich die Landesbank bislang immerhin standhaft weigert, der Belegschaft einen Inflationsbonus zu gewähren, siehe der Kasten weiter unten).
Anzumerken ist freilich, dass die NordLB das “Ergebnis aus Restrukturierung und Transformation” (also die lästigen Einmalkosten des Umbaus) aus der Kostenrechnung ausklammert. Ansonsten wäre der Aufwand nur um 1% gesunken.
So entschlossen die NordLB zurzeit die Kredite raushaut, so vage bleibt ihr Ausblick. Auf eine konkrete Prognose wurde verzichtet, was Vorstandschef Frischholz mit den erhöhten Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld begründete. So lautet das unveränderte Ziel, ein besseres Konzernergebnis als im Vorjahr zu zeigen (wohlgemerkt vier Wochen vor Jahresende).
Da nach neun Monaten ein Konzernergebnis von 37 Mio. zu Buche steht, müsste im Schlussquartal rein rechnerisch ein Fehlbetrag von mindestens 18 Mio. Euro auflaufen, um die Latte noch zu reißen. Dies allerdings ist nicht ganz so ambitionsarm, wie es klingen mag. Denn aufgrund des sogenannten Wertaufhellungszeitraums nach dem Jahreswechsel ist schon so manch ein Banker aus dem Schlussquartal schlauer herausgekommen, als er hineingegangen war. Bei der NordLB beispielsweise hatte 2021 nach neun Monaten noch ein Konzernergebnis von 122 Mio. Euro gestanden – nur um im letzten Viertel auf dann noch 19 Mio. zusammenzuschnurren.
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