von R. Ellenbeck, B. Liesenkötter und A. Kaminskiy*, 15. Juli 2025
Finanzinstitute stehen zunehmend im Zentrum klimapolitischer Anforderungen. Diese kommen aus verschiedenen Richtungen: Die EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) weitet die Berichtspflichten aus, die Bankenaufsicht in Gestalt von EZB und Bafin fordert detaillierte Offenlegungen finanzierter Emissionen (Scope 3, Kategorie 15), und auch die Eigenkapitalvorschriften (CRR Art. 449a) verlangen neue Angaben zu Klimarisiken.
Das im Frühjahr veröffentlichte Omnibus-Update zur CSRD reduziert zwar Berichtspflichten für kleinere Institute, entbindet Banken jedoch nicht von der Pflicht, ESG-Risiken zu messen, zu steuern und in ein tragfähiges ESG-Risikomanagement zu integrieren – und damit auch Treibhausgas-Messung und -Steuerung zu betreiben. Neben dem Regulatorischen steigen gleichzeitig die Erwartungen von Stakeholdern hinsichtlich Transparenz, Steuerungskompetenz und Wirkungsmessung.
Die nachhaltige Transformation des Finanzsektors wird damit zur strategischen Kernaufgabe. Gerade bei langfristigen Kreditvergaben – etwa im Bereich privater Wohnimmobilienfinanzierung durch Regionalbanken – wird mit der Finanzierung oft über Jahrzehnte hinweg festgelegt, welche energetische Qualität und damit CO₂-Intensität ein Objekt im Portfolio aufweist. Damit sind auch mögliche Emissionen langfristig im Portfolio gebunden – was ein strategisches Vorausdenken und frühzeitiges Auseinandersetzen mit den Klima- und Reputationsrisiken wichtigmacht.
Über die reine Erfüllung regulatorischer Vorgaben hinaus stellt sich für Banken die zentrale Frage, wie sich Klimaziele konkret im Geschäftsalltag verankern lassen – etwa durch angepasste Steuerungsprozesse, neue Entscheidungslogiken oder gezielte Produktgestaltung. Denn um Klimaziele im Bankgeschäft wirksam zu steuern, braucht es zunächst ein klares Bild darüber, welche CO₂-Auswirkungen durch die finanzierten Aktivitäten der eigenen Kunden entstehen. Genau hier setzt die Messung und Steuerung von Treibhausgas (THG)-Emissionen an: Sie macht sichtbar, welchen Anteil die finanzierten Emissionen am gesamten Klima-Fußabdruck der Bank haben – und legt damit die Grundlage für gezielte Steuerung und Reduktion.
Ein effektives THG-Management ermöglicht es Banken, Emissionsquellen zu identifizieren, deren Entwicklung zu verfolgen, geeignete Maßnahmen abzuleiten und Fortschritte zu überwachen. Eine zentrale Grundlage bilden anerkannte methodische Rahmenwerke. Sie geben vor, nach welchen methodischen Grundsätzen finanzierte Emissionen zu berechnen sind – und schaffen damit einheitliche Leitplanken für Vergleichbarkeit und Steuerbarkeit. Im Zentrum steht dabei der Standard der „Partnership Carbon Accounting of Financials Initiative“ (PCAF), der konkrete Methoden für die Berechnung finanzierter Emissionen bereitstellt, einschließlich einer Systematik zur Bewertung der Datenqualität. Liegt eine bessere Datengrundlage vor – etwa in Form von Energieausweisen oder konkreten Verbrauchsdaten – ist diese innerhalb des PCAF-Rahmens zu bevorzugen. Durchschnittswerte kommen nur dann zum Einsatz, wenn keine besseren Daten vorliegen.
So wird – konsequent umgesetzt – die THG-Steuerung zum Hebel für Risikoanalysen, Produktentwicklung und Zielvorgaben.
Um Messung und Steuerung von THG-Emissionen strategisch zu etablieren, bedarf es eines strukturierten Management-Prozesses. Dieser lässt sich in vier aufeinander aufbauende Phasen gliedern:
Die vier Phasen der THG-Steuerung klingen auf den ersten Blick abstrakt – entscheidend ist jedoch ihre Umsetzung in die konkrete Praxis. Jede Phase bringt eigene Anforderungen und Erfolgsfaktoren mit sich:
Wirkungsvolle Steuerung entsteht erst, wenn alle vier Phasen zusammen gedacht und entlang der eigenen Geschäftslogik verankert werden – nicht als Einzelmaßnahme, sondern als integrierter und wiederkehrender Prozess.
Die vier Phasen zeigen: Klimasteuerung endet nicht beim Reporting, sondern muss im Kerngeschäft verankert werden. Wer regulatorische Anforderungen frühzeitig mit strategischer Steuerung verbindet, kann Risiken vorausschauend managen, neue Geschäftspotenziale erschließen – und Glaubwürdigkeit gegenüber Stakeholdern schaffen. Entscheidender Hebel sind dabei belastbare Klimakennzahlen – etwa zu finanzierten Emissionen, Zielpfadabweichungen oder sektoralen Intensitäten –, die in bestehende Steuerungsmodelle wie Portfoliosteuerung, Risikoanalytik oder Geschäftsbereichsziele integriert werden.
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*Dr. Robert Ellenbeck (rellenbeck@zeb.de) und Dr. Bernd Liesenkötter (bliesenkoetter@zeb.de) sind Partner, Alexey Kaminskiy (akaminskiy@zeb.de) ist Senior Manager bei zeb consulting. zeb consulting gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier.
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