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Alles auf Netto-Null – wie Banken ihren Weg zur Klimaneutralität gestalten

Finanzinstitute stehen zunehmend im Zentrum klimapolitischer Anforderungen. Diese kommen aus verschiedenen Richtungen: Die EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) weitet die Berichtspflichten aus, die Bankenaufsicht in Gestalt von EZB und Bafin fordert detaillierte Offenlegungen finanzierter Emissionen (Scope 3, Kategorie 15), und auch die Eigenkapitalvorschriften (CRR Art. 449a) verlangen neue Angaben zu Klimarisiken.

Das im Frühjahr veröffentlichte Omnibus-Update zur CSRD reduziert zwar Berichtspflichten für kleinere Institute, entbindet Banken jedoch nicht von der Pflicht, ESG-Risiken zu messen, zu steuern und in ein tragfähiges ESG-Risikomanagement zu integrieren – und damit auch Treibhausgas-Messung und -Steuerung zu betreiben. Neben dem Regulatorischen steigen gleichzeitig die Erwartungen von Stakeholdern hinsichtlich Transparenz, Steuerungskompetenz und Wirkungsmessung.

Die nachhaltige Transformation des Finanzsektors wird damit zur strategischen Kernaufgabe. Gerade bei langfristigen Kreditvergaben – etwa im Bereich privater Wohnimmobilienfinanzierung durch Regionalbanken – wird mit der Finanzierung oft über Jahrzehnte hinweg festgelegt, welche energetische Qualität und damit CO₂-Intensität ein Objekt im Portfolio aufweist. Damit sind auch mögliche Emissionen langfristig im Portfolio gebunden – was ein strategisches Vorausdenken und frühzeitiges Auseinandersetzen mit den Klima- und Reputationsrisiken wichtigmacht.

Steuerung von Treibhausgas-Emissionen verstehen und nutzen

Über die reine Erfüllung regulatorischer Vorgaben hinaus stellt sich für Banken die zentrale Frage, wie sich Klimaziele konkret im Geschäftsalltag verankern lassen – etwa durch angepasste Steuerungsprozesse, neue Entscheidungslogiken oder gezielte Produktgestaltung. Denn um Klimaziele im Bankgeschäft wirksam zu steuern, braucht es zunächst ein klares Bild darüber, welche CO₂-Auswirkungen durch die finanzierten Aktivitäten der eigenen Kunden entstehen. Genau hier setzt die Messung und Steuerung von Treibhausgas (THG)-Emissionen an: Sie macht sichtbar, welchen Anteil die finanzierten Emissionen am gesamten Klima-Fußabdruck der Bank haben – und legt damit die Grundlage für gezielte Steuerung und Reduktion.

Ein effektives THG-Management ermöglicht es Banken, Emissionsquellen zu identifizieren, deren Entwicklung zu verfolgen, geeignete Maßnahmen abzuleiten und Fortschritte zu überwachen. Eine zentrale Grundlage bilden anerkannte methodische Rahmenwerke. Sie geben vor, nach welchen methodischen Grundsätzen finanzierte Emissionen zu berechnen sind – und schaffen damit einheitliche Leitplanken für Vergleichbarkeit und Steuerbarkeit. Im Zentrum steht dabei der Standard der „Partnership Carbon Accounting of Financials Initiative“ (PCAF), der konkrete Methoden für die Berechnung finanzierter Emissionen bereitstellt, einschließlich einer Systematik zur Bewertung der Datenqualität. Liegt eine bessere Datengrundlage vor – etwa in Form von Energieausweisen oder konkreten Verbrauchsdaten – ist diese innerhalb des PCAF-Rahmens zu bevorzugen. Durchschnittswerte kommen nur dann zum Einsatz, wenn keine besseren Daten vorliegen.

So wird – konsequent umgesetzt – die THG-Steuerung zum Hebel für Risikoanalysen, Produktentwicklung und Zielvorgaben.

Von der Bilanz zur Steuerung: Vier Phasen im THG-Management

Um Messung und Steuerung von THG-Emissionen strategisch zu etablieren, bedarf es eines strukturierten Management-Prozesses. Dieser lässt sich in vier aufeinander aufbauende Phasen gliedern:

  1. Nullmessung der finanzierten Emissionen: Grundlage für jede Steuerung ist eine belastbare Erstbilanz der finanzierten THG-Emissionen. Der PCAF-Standard differenziert hierfür sieben Anlageklassen – je nachdem, ob es sich etwa um Immobilien-, Unternehmens- oder Projektfinanzierungen handelt. Entscheidend ist, Finanzierungen korrekt einer dieser Klassen zuzuordnen, da sich daran die jeweils anzuwendende Berechnungsmethodik und Datenanforderung orientiert.
  2. Ableitung sektoraler Zielpfade: Aufbauend auf der Emissionsbilanz erfolgt die Definition von Reduktionspfaden – idealerweise im Abgleich mit wissenschaftlich fundierten Szenarien wie zum Beispiel von IEA, SBTi oder nationalen Klimazielen. Dies erlaubt eine strukturierte Einordnung der Portfolioentwicklung im Kontext globaler Dekarbonisierungszielsetzungen.
  3. Identifikation von Steuerungshebeln: Im Zentrum stehen strategische Maßnahmen zur Emissionsminderung – etwa durch aktive Unterstützung bei der Transformation emissionsintensiver Kundengruppen, Anpassungen in der Kreditvergabe oder Entwicklung lenkungswirksamer Produkte. Entscheidend ist die enge Abstimmung innerhalb einer Bank zwischen den Bereichen Risiko, Marktfolge und Vertrieb.
  4. Transparente Kommunikation und Integration: Abschließend gilt es, Fortschritte und Steuerungsansätze sowohl extern (z. B. via CSRD, CRR Offenlegung) als auch intern (z. B. ESG-Dashboards, Steuerungskreise) wirksam zu kommunizieren. Nur so entsteht Akzeptanz und Anschlussfähigkeit innerhalb wie außerhalb der Organisation.

Maßnahmen mit Substanz: Verankerung in Geschäftsprozessen

Die vier Phasen der THG-Steuerung klingen auf den ersten Blick abstrakt – entscheidend ist jedoch ihre Umsetzung in die konkrete Praxis. Jede Phase bringt eigene Anforderungen und Erfolgsfaktoren mit sich:

  • Nullmessung & Datenbasis: Eine belastbare Emissionsbilanz ist die Basis für jede wirksame Steuerung. Der PCAF-Standard bietet hierfür eine praktikable Struktur entlang gängiger Kredit- und Investmentklassen. Entscheidend ist in der Umsetzung vor allem, dass die zugrundeliegenden Daten nachvollziehbar und konsistent aufbereitet sind. Dabei helfen klare Zuordnungsregeln, ein transparenter Umgang mit Datenlücken – etwa durch praxiserprobte Schätzwerte oder Energieausweise – sowie eine Rechenlogik, die an die tatsächliche Datenverfügbarkeit angepasst ist.
  • Zielpfade & Referenzszenarien: Reduktionspfade müssen auf die Spezifika des eigenen Bankportfolios zugeschnitten sein. Für Gebäude kann dies bedeuten, standardisierte Objekttypen – z. B. nach Baujahr oder Nutzung – mit spezifischen Abbaupfaden zu verknüpfen, wie sie etwa im CRREM-Modell definiert sind; bei landwirtschaftlichen Aktivitäten bieten sich nationale Klimapfade oder branchenspezifische Strategien als Orientierung an. Entscheidend ist eine klare methodische Verbindung zur eigenen Emissionsdatenbasis – nur so lassen sich Fortschritte valide messen und vergleichen.
  • Stellhebel & Maßnahmen: Praktisch bewährt hat sich eine Kombination aus produktbezogenen (z. B. grüne Hypotheken), prozessualen (z. B. ESG-Kriterien in Scoring & Bewertung) und kommunikativen sowie beratenden Maßnahmen (z. B. Klimadialoge mit Kund:innen) zur Reduktion finanzierter Emissionen. Besonders bei Immobilienfinanzierungen lässt sich dies konkret operationalisieren – etwa durch Zinsanreize für energieeffiziente Objekte oder gezielte Sanierungsfinanzierungen. Szenarioanalysen helfen dabei, diese Hebel realistisch zu bewerten.
  • Berichterstattung & Zieltransparenz: CSRD und CRR verlangen nicht nur Zahlen, sondern auch ein belastbares Narrativ. Es gilt, quantitative Fortschritte (z. B. 3-Jahresziele) und qualitative Steuerungspfade nachvollziehbar zu dokumentieren. Konkret heißt das: Die Ergebnisse der vorangegangenen Phasen müssen transparent dokumentiert und in zentrale Berichtsformate eingebettet werden – abgestimmt auf Sprache und Medium der Gesamtkommunikation der Bank.

Wirkungsvolle Steuerung entsteht erst, wenn alle vier Phasen zusammen gedacht und entlang der eigenen Geschäftslogik verankert werden – nicht als Einzelmaßnahme, sondern als integrierter und wiederkehrender Prozess.

Strategische Resilienz durch Klimakompetenz

Die vier Phasen zeigen: Klimasteuerung endet nicht beim Reporting, sondern muss im Kerngeschäft verankert werden. Wer regulatorische Anforderungen frühzeitig mit strategischer Steuerung verbindet, kann Risiken vorausschauend managen, neue Geschäftspotenziale erschließen – und Glaubwürdigkeit gegenüber Stakeholdern schaffen. Entscheidender Hebel sind dabei belastbare Klimakennzahlen – etwa zu finanzierten Emissionen, Zielpfadabweichungen oder sektoralen Intensitäten –, die in bestehende Steuerungsmodelle wie Portfoliosteuerung, Risikoanalytik oder Geschäftsbereichsziele integriert werden.

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*Dr. Robert Ellenbeck (rellenbeck@zeb.de) und Dr. Bernd Liesenkötter (bliesenkoetter@zeb.de) sind Partner, Alexey Kaminskiy (akaminskiy@zeb.de) ist Senior Manager bei zeb consulting. zeb consulting gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier

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