von C. Kirchner, B. Neubacher und H.R. Dohms, 27. April 2023
In unserem „Groß- und Direktbanken“-Ticker verfolgen wir, was bei Deutsche Bank, Commerzbank, ING Diba usw. los ist.
Hier der Ticker für den April 2023:
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Als die Deutsche Bank am Mittwochabend ihr neues Vorstands-Tableau präsentierte, fehlte ein Name, der eigentlich mal als gesetzt galt für dieses Tableau. Und fast noch schlimmer: Der Name fehlte zwar – aber niemand vermisste ihn. Weil die Zeiten, in denen man sich fragte, wann Personalchef Michael Ilgner denn nun endlich in den Deutsche-Bank-Vorstand aufsteigt, eigentlich vorbei sind. Rückblick: Im November 2019 gab Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing die Verpflichtung Ilgners bekannt. Von einem „Personal-Coup“ war in Medien die Rede, das Handelsblatt dichtete unter Verweis auf Ilgners Vergangenheit als Wasserball-Nationalspieler: „Wasserball gilt als eine der härtesten Sportarten, die man ausüben kann. […] Wer diesen Sport liebt, besitzt wohl auch die Nehmerqualitäten, um Personalchef eines Konzerns zu werden, der in den kommenden drei Jahren 18.000 der rund 90.000 Stellen abbauen will.“ Die besagten „Nehmerqualitäten“ brauchte Ilgner dann tatsächlich, allerdings anders als gedacht. Der explizit angekündigte und somit als Formalie geltende Aufstieg in den Vorstand wurde dem Quereinsteiger (Ilgner hatte seit 2006 hauptberuflich der Deutschen Sporthilfe vorgestanden) nämlich verwehrt – mutmaßlich, weil das Plazet der Bafin fehlte. Ilgner blieb zwar „Global Head of HR“. Und gefühlt war er zumindest ein halber Vorstand, weil er in der Berichtslinie direkt unter CEO Sewing hing. Aber: Höher hinaus ging es halt nicht mehr. Sondern eher hinab, wie sich am Mittwochabend zeigte. Laut dem neuen Vorstands-Tableau gibt Sewing die direkte Verantwortung für das Personalwesen nämlich ab. Aber natürlich nicht an Ilgner – sondern an die künftige COO Rebecca Short. Und derweil Ilgner? Hatte zu dem Zeitpunkt bereits mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen. Bitte sehr: FS Premium
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Was Sie noch zu den Deutsche-Bank-Zahlen wissen sollten
Deutsche Bank schlägt mit 1,3 Mrd. Euro Nettogewinn die Erwartungen
Die Deutsche Bank hat gestern Abend (und damit wenige Stunden vor der Veröffentlichung ihrer Zahlen fürs erste Quartal) einen weitreichenden Umbau ihres Vorstands verkündet. Die Veränderungen im Einzelnen:
Unterm Strich also etwas weniger Vorstand (neun statt bislang zehn Köpfe). Deutlich mehr von Moltke. Und deutlich weniger Frau (statt 2/10 nur noch 1/9).
Nicht nur Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing muss am heutigen Donnerstag die Hosen runterlassen Farbe bekennen (siehe unseren Live-Blog zu den Q1-Zahlen) – sondern auch sein DWS-Pendant Stefan Hoops. Nur nochmal zum Stand der Dinge: Seit exakt 320 Tagen ist der Wöhrmann-Nachfolger mittlerweile im Amt. Von der Aufbruchstimmung, die Hoops regelmäßig via Social Medien verbreitet, ist in den wesentlichen KPIs allerdings noch kaum etwas zu sehen. Zuletzt (also im vierten Quartal) blieb der Nettogewinn nicht nur hinter den Erwartungen, sondern auch hinter sämtlichen Q-Ergebnissen seit Anfang 2019 zurück; und dass Hoops auf dem Investorentag im Dezember das Geschäftsjahr 2023 mal eben zum Übergangsjahr mit steigender Cost-Income-Ratio deklarierte, haben die Skeptiker (auch die internen) natürlich ebenfalls registriert. Jedenfalls: Genau in diese Gemengelage platzte nun eine UBS-Analyse, wonach sich die Fonds-Performance der DWS zwischen Januar und März dramatisch verschlechtert haben soll. Konkret: Noch per Q3 2022 habe die Deutsche-Bank-Tochter in einer Vergleichsgruppe der sechs großen, börsennotierten europäischen Asset-Manager (u.a. Amundi, Schroders) den ersten Platz belegt. Hieraus allerdings sei per Ende März der letzte geworden. Normalerweise ist die Fonds-Performance ja ein verlässlicher Indikator für künftige Mittelzuflüsse (bzw. -abflüsse). Mal sehen, ob sich in den Q1-Zahlen der DWS schon was zeigt.
BdB gewinnt 75-Mio.-€-Prozess gegen HRE. Das Urteil jedoch birgt neuen Sprengstoff!
Deutsche-Bank-Vize Karl von Rohr tritt ab. Wie fällt seine Bilanz aus?
Warum vertreiben ING Diba & Co. ihre Zinsprodukte nicht über Raisin & Co.?
Natürlich müssen Banken auf die Kosten achten. Aber – und das macht die Sache so kompliziert: Cost-Cutting kostet natürlich auch. Es kostet Geld (in Form von Restrukturierungs-Aufwand). Es kostet Vertrauen (nämlich das der eigenen Belegschaft). Es kostet Überwindung (den wenigsten Bankvorständen macht es Spaß, wenn sie Leute rauswerfen und Filialen schließen). Und das Allerschlimmste: Kostensenkungen sind kein Allheilmittel. Läuft es nämlich ganz blöd, dann kosten die Kostensenkungen am langen Ende mehr, als sie am kurzen Ende eingebracht haben (ein Verdacht, der sich z.B. bei der Postbank aufdrängt, deren Integration in die Deutsche Bank zwar einer wirtschaftlichen Logik zu folgen scheint, aber mit ganz gewaltigen Kollateralschäden einhergeht, siehe etwa unsere Stücke -> Verfall der Dienstleistungs-Qualität bei der Postbank; oder auch ->Deutsche Bank und Postbank verlieren eine Million Kunden). Und damit nach langem Anlauf jetzt endlich zur Hypo-Vereinsbank. Deren jüngere Historie lässt sich ja grob verkürzt wie folgt zusammenfassen: Viel, viel gespart. Dabei viel, viel Profitabilität gewonnen. Aber eben auch binnen weniger Jahr rund ein Fünftel der Kunden verloren. Und so drängte sich nach den jüngsten von Mailand verordneten Spar-Orgien (wir sprechen vom Programm „Team 23“ im Jahr 2020 sowie vom Programm „Unicredit Unlocked“ im Jahr 2021) die Frage auf: Wie lange machen die Kunden das eigentlich noch mit? Hier die verblüffenden Antworten: FS Premium
Die Deutsche Bank bereitet laut diversen Medienberichten (die sich mit unseren eigenen Informationen decken) die Schließung ihrer IT-Standorte in Moskau und Sankt Petersburg vor. Schon im jüngst veröffentlichten Geschäftsbericht hieß es, knapp die Hälfte der einstmals rund 1.500 Mitarbeiter in Russland habe das Angebot angenommen, ihren Arbeitsplatz in die Bundesrepublik zu verlegen (hierzulande sollen die Beschäftigten bekanntlich beim Aufbau eines neuen IT-Zentrums in Berlin helfen). Dem „Handelsblatt“ zufolge haben die verbliebenen Mitarbeiter mittlerweile das Angebot erhalten, die Bank gegen eine Abfindung zu verlassen. Die bislang in Moskau und Sankt Petersburg wahrgenommenen Aufgaben seien weitgehend auf andere Standorte übertragen worden.
DKB verdient auch im Retail-Geschäft wieder Geld: Über die 2022er-Zahlen der zweitgrößten deutschen Direktbank hatten wir Sie grob ja schon vor Ostern in Kenntnis gesetzt (siehe -> Zinsen statt Strategie: Bei der DKB kommt der Gewinn jetzt von allein). Zwischenzeitlich haben die Berliner nun auch ihren detaillierten Geschäftsbericht veröffentlicht, dem sich unter anderem entnehmen lässt, wie sich das Ergebnis über die einzelnen Sparten verteilt. Demnach entfiel aufs Privatkundengeschäft, das infolge des jahrelangen Zinstiefs zuletzt kein Geld mehr verdient hatte (2020 gab es einen kleinen Verlust, 2021 stand eine schwarze Null), ein Gewinn von 90 Mio. Euro. Gleichwohl erwirtschaftete die BayernLB-Tochter auch diesmal den Großteil ihres Ergebnisses mit Infrastruktur- (–19% auf 248 Mio. Euro) sowie mit Firmenkunden (+79% auf 239 Mio. Euro).
Dabei profitierte die DKB im Firmenkundengeschäft von der Auflösung von Risikovorsorge insbesondere im Tourismus-Portfolio, während umgekehrt im Bereich Infrastruktur zusätzliche Rückstellungen gebildet wurden – vor allem für das rund 5 Mrd. Euro schwere Stadtwerke-Portfolio. In ihrem Prognosebericht für 2023 bestätigt die DKB derweil unsere vorige Woche getroffene Annahme, dass das letztjährige Ergebnis von 356 Mio. Euro in diesem Jahr deutlich übertroffen werden könnte. So ist wörtlich von einem Gewinn „signifikant über 2022“ die Rede, wobei ein deutlicher Anstieg sowohl des Zins- als auch des Provisionsüberschusses einem weiter steigenden Verwaltungsaufwand gegenüberstehe. Bei der Kundenzahl (netto waren letztes Jahr 268.000 Privatkunden dazugekommen) erwarten die Berliner derweil ein „signifikant reduziertes Wachstum“.
Das jüngste Bankenbeben bot ja durchaus Anlass, über das Thema „Einlagenzinsen“ nochmal sehr grundsätzlich nachzudenken. Zum einen auf einer eher abstrakten Ebene (was wäre eigentlich los, wenn die Normalsparer da draußen ihre liquiden Mittel genauso optimieren würde, wie das ein Treasurer oder ein Silicon-Valley-Bank-Kunde tut?). Zum anderen aber auch auf einer sehr konkreten Ebene. Denn: Infolge des Bankencrashs stellte sich ja plötzlich und stellt sich weiterhin die Frage, ob die EZB die Zinsen überhaupt noch weiter erhöhen wird. Und falls nein – ob die sogenannte „Zinsschlacht“ vorbei ist, eh sie so richtig begonnen hat. Zumindest auf letztere Frage gibt es nun die Antwort: Ja, trotz veränderter Makrolage geht der Zins-Wettlauf weiter! Jedenfalls für den Moment. Zunächst war es vergangene Woche die zur spanischen Santander gehörende „Suresse Direkt Bank“, die als erster Anbieter überhaupt ein „3%-Schild“ an ihr Tagesgeld hängte. Und nun: Tut es ihr als erster großer Player die ING Diba gleich – auch wenn es sich bei deren 3%-Offerte angesichts diverser Beschränkungen (nur für Neugelder, nur für sechs Monate, nur bis 50.000 Euro) unverkennbar um ein Lockangebot handelt. Und jetzt? Ziehen die Aareals und Scalables und Trade Republics und DKBs und natürlich die C24 Bank nach? Gut möglich! Denn so wild Aktionen wie die der ING Diba auf den ersten Blick wirken mögen – ihnen wohnt eine industrielle Logik inne. Acht Gründe, warum die „Zinsschlacht“ weitergehen könnte: FS Premium
Zinsen statt Strategie: Bei der DKB kommt der Gewinn jetzt von allein
Und, liebe Leserinnen und Leser, was machen Ihre Glieder? Sitzt der Schreck noch drin? Weil: Jetzt, wo die Ostertage nahen, mancherorts schon Ferien sind und draußen allen Ernstes die Sonne scheint, mag man das mit dem Bankenbeben ja fast schon wieder für einen bösen Traum halten. Doch so war es nicht! Die Credit Suisse ist untergegangen. Die Deutsche Bank hat gewackelt. Alles ganz real. Und es stellen sich zwei Fragen: Ist’s wirklich schon vorüber? Und was sind die Lehren? Fest steht zumindest so viel: Die Deutsche Bank ist jetzt grosso modo ein Fünftel weniger wert als noch im Februar, als sie sich für 5 Mrd. Euro Nettogewinn und 9,4% EK-Rendite feiern ließ. Und bei der Commerzbank – ist’s nicht viel anders. Eben noch Dax-Euphorie. Jetzt die bange Frage, inwieweit ein vorschnelles Ende der Zins-Rallye die Gewinnaussichten eintrübt. Plus: Was droht jetzt in puncto Regulierung? Denn: Selbst, wenn das Beben vorüber sein sollte, werden Politik und Aufsicht ja irgendwelche Konsequenzen ziehen. Sei es beim Kapital. Sei es bei der Liquidität. Sei es in Sachen „Too big to fail“. Jede Menge Stoff also für den Monats-Podcast mit unseren Frankfurter Redakteuren Bernd Neubacher und Christian Kirchner. Und, keine Bange, jenseits des Bankenbebens war auch noch ein bisschen Zeit für 2-3 weitere Themen. Auf geht’s: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Kein „BVB-Fankonto“ mehr: Beendet die Comdirect ihr Whitelabel-Geschäft?
Drei Tage lang ging bei der gelben Marke der Deutschen Bank fast gar nichts. Ob Geldautomat oder SB-Terminal, Online-Banking oder Banking-App – seit Freitag hatte die Postbank ihre Services massiv eingeschränkt, um übers Wochenende bei möglichst geringen Lasten ihren IT-Umzug fortsetzen zu können (Hintergründe siehe hier). Ab 14 Uhr gestern Mittag sollte dann eigentlich wieder alles funktionieren. Stattdessen – stießen zahllose Kunden auf die Meldung: „Die Postbank-App steht nicht und das Online-Banking nur eingeschränkt zur Verfügung. Bitte versuche es zu einem späteren Zeitpunkt.“ Laut dem Internetportal „allestoerungen“ kulminierten die Probleme am frühen Nachmittag, gegen Abend entspannte sich die Lage. Ein Sprecher der Postbank sprach von einer zeitweiligen „Überlastung“, die IT-Migration als solche habe funktioniert, technische Störungen und Ausfälle habe es – jenseits der App – nicht gegeben.
Von Deutsche Bank bis deutsche BNP: Alle News von Groß- und Direktbanken im März
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