Von Christian Kirchner
Sollten Ihnen gestern gegen 12.15 Uhr auf der Frankfurter Fressgass‘ ein Mann aufgefallen sein, der in der rechten Hand seinen Personalausweis wie einen Dartpfeil in die Luft hielt, als Ziel allerdings keine Dartscheibe, sondern sein zeitgleich mit der linken Hand in die Höhe gerecktes Smartphone anvisierte – nein, das war kein Irrer (oder allenfalls so halb). Sondern: Das war ein Finanz-Szene.de-Redakteur bei der Video-Identifikation. Wie es die Unperfektheit dieser Welt nämlich so will, war die Check24-Bank, die eigentlich noch gar nicht live ist, gestern für ein paar Stunden dann doch live – allerdings nur bei Apple, nicht bei Android, weshalb wir vermuten, dass es irgendetwas mit einem Testlauf vor dem eigentlichen Go-Live zu tun hatte.
Jedenfalls: Selbstverständlich haben wir das kleine Zeitfenster (auf das wir übrigens durch den Zwitscherer Ulle1979 aufmerksam geworden waren, herzlichen Dank!) genutzt, um schnell durch selbiges hindurchzuschlüpfen. Mit der Folge, dass wir jetzt nicht nur Kunden der C24-Bank sind, obwohl die C24-Bank noch gar nicht offiziell gelauncht hat. Sondern auch mit der Folge, dass wir ein paar hochinteressante Details entdeckt haben, von denen wir letzte Woche (siehe unser Stück „Hier kommen das Pricing und die Strategie der Check24-Bank“) noch nichts wussten.
Hier unsere nun erheblich detaillierteren Erkenntnisse über das Leistungsangebot und die mutmaßlice Strategie des spannendsten Retailbanking-Projekts seit Jahren:
1.) C24 ist eher ein Vergleichsrechner mit Bankfunktion als eine Bank
20 Minuten nach dem Download der App war unser Konto bereits freigeschaltet. Fix! Und so konnten wir also gleich sehen: Das Hauptmenü umfasst sechs Reiter, von denen nur einer „Banking“ heißt. Der Rest: „DSL und Mobilfunk“, „Strom und Gas“, „Versicherungen, „Kredit“ und „Geldanlage“. Die Sub-Menüpunkte führen dann direkt zur normalen Check24-App (sprich: aus der Banking-App in die Vergleichs-App). Per „Opt-in“ werden die Nutzer hinter vier der sechs Reiter aufgefordert, der „Vertragserkennung“ zuzustimmen, damit Check24 Ausgaben erkennen und optimieren kann. Dazu ist dann wiederum ein Check24-Konto erforderlich.
Die Stoßrichtung ist somit deutlich: a) Vermittlungsprovisionen (die immer dann fließen, wenn Check24 einen Kunden in einen neuen Vertrag vermittelt) spielen offenbar auch für das Banking-Geschäftsmodell eine entscheidende Rolle; b) Die Bank könnte zu einem weiteren Schaufenster werden, durch das dem Vergleichsportal Kunden zugeführt werden.
2.) Die C24-Bank setzt aufs Massengeschäft – einschließlich schufa-schwacher Kunden
Die Check24-Bank bietet nicht nur die drei Kontomodelle, die wir Ihnen neulich schon vorgestellt hatten (nochmal: siehe hier). Sondern auch ein sogenanntes „Flexkonto“ sowie das gesetzlich vorgeschriebene „Basiskonto“. Strategisch interessant erscheint vor allem das „Flexkonto“. Dabei handelt es sich dem Anschein nach um ein Angebot eigens für Kunden schwächerer Bonität. Für die ist das Konto kostenlos, sofern dauerhaft mindestens 150 Euro Guthaben darauf liegen. „Für jeden Kalendermonat, in welchem diese Voraussetzung nicht erfüllt wird, fällt im Folgemonat ein Entgelt für die Kontoführung von 5,90 EUR an“, heißt es im Preis-Leistungs-Verzeichnis.
Die Strategie, eine Ebene zwischen dem gesetzlichen „Basiskonto“ und den drei „normalen“ Konten (inklusive dem kostenlosen) einzuziehen, ist wenig verbreitet. Offenbar ist es der C24-Bank wichtig, ein breites Publikum anzusprechen – einschließlich solcher Kunden, die woanders Schwierigkeiten haben, überhaupt ein kostenloses Konto eröffnen zu dürfen. Vermutlich steckt dahinter die Idee, über die Vergleichsfunktion auch mit dieser Klientel Geld verdienen zu können, ohne hier ein Kontoführungsentgelt erheben zu müssen.
Hier der Überblick über die nunmehr fünf Modelle (Smartphone beim Lesen bitte querhalten):
C24 Basiskonto | C24 Flexkonto | C24 Smartkonto | C24 Pluskonto | C24 Maxkonto | |
Preis (monatlich) | 5,90 EUR | 0,00 EUR¹ | 0,00 EUR | 5,90 EUR | 9,90 EUR |
enhaltene Karte | MC Debit | MC Debit | MC Debit | MC Debit | MC Debit Metal |
Pocket (Anzahl der Unterkonten) | 4 | 4 | 4 | 6 | 8 |
Arag Konto- und Käuferschutz Plus | – | – | – | ja | ja |
Cashback-Funktionen | nein | nein | nein | ja | ja |
Check24 Reise GoldClub | – | – | – | – | ja |
Priorisierter Kundenservice | – | – | – | – | ja |
Postenentgelt Buchungen | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR |
Guthabenzinsen p. a. | 0,00 % | 0,00 % | 0,00 % | 0,00 % | 0,00 % |
Dispokredit p. a. (eingeräumt) | – | 10,99 % | 6,99 % | 6,99 % | 6,99 % |
freie Bargeld-Auszahlungen EUR bei aktiver Nutzung 2) | – | 2 x Monat | 4 x Monat | 6 x Monat | 8 x Monat |
bei nicht aktiver Kontonutzung | – | 2x Monat | 2x Monat | 2x Monat | |
jede weitere Abhebung (Euro) | 2,00 EUR | 2,00 EUR | 2,00 EUR | 2,00 EUR | 2,00 EUR |
kostenlose Bar-Einzahlungen (Reisebank) | – | – | – | 1x Jahr | 1x Jahr |
jede weitere Einzahlung | 15,00 EUR | 15,00 EUR | 15,00 EUR | 15,00 EUR | 15,00 EUR |
Ersatz-Debitkarte | 8,00 EUR | 8,00 EUR | 8,00 EUR | 8,00 EUR | 99,00 EUR |
Fremdwährung-Einsatz | 1,75 % des Umsatzes | 1,75 % des Umsatzes | 1,75 % des Umsatzes | 1,75 % des Umsatzes | 0,00 EUR |
Apple Pay | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR |
Google Pay | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR |
1) Bei einem Guthaben von mindestens 150,00 EUR an jedem Tag im Monat zum Tagesschluss, sonst 5,90 Euro/Monat
2) aktive Nutzung: zwei Lastschriften/Monat, ohne Mastercard-Einzüge
Quelle: PLV C24 Bank
3.) Apple Pay, Google Pay und eine Mastercard Debit gehören in allen Kontomodellen zum Leistungsumfang
Was man bislang lediglich vermuten konnte, steht nun fest: In allen Kontomodellen ist eine Mastercard Debit dabei, zudem sind Apple Pay und Google Pay nutzbar. Das ergibt sich aus der Preisangabe „0,00 Euro“ im Preis-Leistungs-Verzeichnis in allen fünf Konten in der Zeile für Apple Pay und Google Pay. In unserem Praxistest muss uns zwar noch die physische Mastercard zur endgültigen Aktivierung per Post zugehen. In der Rubrik „Karte hinzufügen“ in der iPhone-Wallet taucht allerdings bereits die „C24 Bank“ auf.
Das ist für ein „Basisangebot“ nicht selbstverständlich und illustriert ebenfalls die Ambition der C24 Bank, die Netze für Kunden eher breit aufzuspannen.
4.) Im Premium-Bereich könnte die Bank Schwierigkeiten im Wettbewerb bekommen
In unserer ersten Analyse hatten wir dem Premium-Konto für 9,90 Euro das Etikett „Kampfpreis“ versehen. Nun, da indes noch detailliertere Informationen über die Kontomodelle und Leistungsumfänge vorliegen, wollen wir dieses Urteil für den Moment ein wenig revidieren. Mit knapp 10 Euro liegt die C24-Bank zwar deutlich unter dem Premium-Preis von Filialbanken und Rivalen wie N26. Durchschlagende Differenzierungs-Merkmale zu den günstigeren Kontomodellen sind aber bis auf Äußerlichkeiten (Metal-Card für Maxkonto-Inhaber) und einigen kostenlosen Leistungen mehr pro Monat auf den ersten Blick noch nicht erkennbar. Allerdings können die noch nicht präzisierten Cashback-Modelle einen Unterschied machen.
5.) Das Ziel ist: Aggregator sein
Das Erfolgsgeheimnis von Check24 ist die Vereinfachung der Onboarding-Prozesse für alle möglichen Produkte: Wer einmal seine Daten für einen Strompreis-Vergleich hinterlegt hat, für den vereinfacht sich der Wechselprozess ein Jahr später auf ein paar Mausclicks. Und wer über Check24 Strompreise vergleicht und Verträge abschließt, kann die hinterlegten Daten gleich für weitere Vergleiche nutzen. In Zeiten, in denen sich viele Banken z.B. von Bancassurance neue Erlöspotenziale versprechen, ist Check24 so ein harter Rivale klassischer Geldinstitute: Wer Check24 nutzt, drängt seine Bank automatisch in die kaum lukrative Rolle des Abwicklers der Zahlungen diverser Verträge – der eigentliche Fleischtopf ist hingegen der provisionsintensive Neuabschluss.
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