von Heinz-Roger Dohms, 18. Oktober 2018
Viel öfter, als Sie hoffentlich merken, schreiben wir in unserem Newsletter über Themen, von denen wir nun wirklich gar keine Ahnung haben. So war das auch, als am Mittwochabend die ersten Meldungen über die Pläne der Deutschen Bank aufpoppten, einen internationalen Marktplatz für Handelsforderungen zu gründen. Natürlich haben wir das Ganze vermeldet (so dass Sie gestern Früh gleich informiert waren). Und natürlich waren wir dreist genug, uns ein schmissiges Motto auszudenken (“Internationale Anti-Fintech-Allianz”). Ehrlicher wäre jedoch gewesen, wenn wir über die Geschichte einfach die Headline “Hä?” gesetzt hätten.
Jedenfalls: Um heute nicht wieder ahnungslos vor Ihnen zu stehen, haben wir gestern einen 45-minütigen Crashkurs in Sachen “Handelsfinanzierung anno 2018” absolviert. Dabei haben wir gelernt, dass es in diesem Beritt extrem spannende Fintechs gibt (darunter: deutsche, von Deutschen gegründete und von Deutschen finanzierte Fintechs) – und dass der Versuch der Deutschen Bank, hiergegen anzustinken, zwar nicht der erste dieser Art ist, aber ganz sicher der machtvollste. Voilà:
Das Unternehmen A (zum Beispiel ein Lebensmittelhändler) hat mit dem Zulieferer B (zum Beispiel ein Getränkeproduzent) ein Zahlungsziel von 60 Tagen vereinbart. Die üblichen Verzögerungen eingerechnet, werden daraus dann gern mal 70 bis 75 Tage – also dreieinhalb Monate, in denen der Getränkeproduzent, obwohl er seine Ware längst geliefert hat, aufs Geld wartet.
Klassischerweise kennen Banken drei Möglichkeiten, wie sie dem Getränkeproduzenten weiterhelfen können:
Es gibt mindestens ein halbes Dutzend ernstzunehmende Fintechs da draußen, die den Banken in der Handelsfinanzierung ernsthafte Konkurrenz machen, dazu gehören Taulia (USA), C2FO (USA), Trustbills (Deutschland) oder auch Traxpay (Deutschland). Vom Prinzip her verfolgen die meisten dieser Startups ein Plattform-Modell, die Ansätze unterscheiden sich jedoch. Drei wollen wir beispielhaft skizzieren:
Die Deutsche Bank sagt sich nun: Bevor die Taulias uns das Geschäft komplett streitig machen oder wir uns von den Traxpays zu reinen Fintech-Partnern degradieren lassen, entwickeln wir doch lieber selbst eine digitale Plattformlösung für unsere Kunden. Welcher Ehrgeiz hinter diesen Plänen steckt, zeigt sich darin, dass sich der hiesige Marktführer dafür mit einigen der weltgrößten Banken zusammentut, darunter HSBC, die Citigroup und BNP Paribas. Ohne es final beurteilen zu können, scheint das, was die Großbanken da planen, eher der Traxpay-Lösung als der Taulia-Lösung oder der C2FO-Lösung zu ähneln. So hören wir es jedenfalls aus dem Markt, der allerdings ja auch manchmal irrt.