von Bernd Neubacher, 9. März 2023
Droht die Gruppe der PSD-Banken zu erodieren? Bereits Anfang Februar berichtete Finanz-Szene, dass aus der PSD Bank Westfalen-Lippe eine ganz normale VR-Bank wird (siehe hier). Wenige Tage später vermeldeten wir dann exklusiv, dass die um ihre Profitabilität ringende PSD Bank Kiel über einen Zusammenschluss mit der PSD Bank Nord verhandelt. Und nun: Gibt es das nächste Indiz, dass die Basis der zurzeit noch 14 PSD Banken zu bröckeln beginnt.
So hat die PSD-Gruppe laut Informationen von Finanz-Szene ihre gemeinsame “Servicegesellschaft der PSD Banken” dichtgemacht. Die rund 60 Beschäftigte zählende IT-Service-Tochter, die für allerlei kundenferne Tätigkeiten zuständig war, wurde bereits zum 5. Januar aufgelöst, wie der Verband der PSD Banken auf unsere Anfrage hin bestätigt. Die Aufgaben der Ende der 1990er-Jahre gegründeten Gesellschaft soll nun der verbundeigene IT-Dienstleister Atruvia erledigen.
Der Verband stellt die Auflösung der Tochter als Schritt nach vorne im Sinne von Standardisierung und Größeneffekten dar. Atruvia realisiere “im Rahmen einer richtungsweisenden Digitalisierungsoffensive ein umfassendes Portfolio innovativer Kundenanwendungen sowie ein breites Angebot an Automation und Robotertechnik, welches auch auf dem Geschäftsmodell der PSD Banken passgenaue Lösungen bietet”, teilt die in Bonn ansässige Organisation mit. Auf Basis dieser Entwicklungen habe die PSD-Banken-Gruppe einstimmig entschieden, ihre bisherige, sehr stark auf Eigenentwicklungen fußende IT-Strategie neu zu justieren, um künftig Doppelentwicklungen zu vermeiden.
Ob die PSD Banken indes an Profil gewinnen, wenn sich kein eigener Dienstleister mehr um Banking-Apps, Online-Marketing, Websites oder Schulungen kümmert, sei mal dahingestellt. Immerhin begründete die PSD Bank Westfalen-Lippe ihren Wechsel ins Lager der Volksbanken mehr oder weniger ausdrücklich mit einer gewissen Profilarmut der einst als Post-Spar- und Darlehnsvereine gegründeten PSD-Banken. Man wolle eindeutiger als Genossenschaftsbank wahrgenommen werden, erklärte ihr Vorstandschef Marco Pietsch. Was so klang wie: Niemand weiß so recht, wer die PSD Banken sind, was sie ausmacht und wohin sie gehören.
Im Verband soll nun eine neue Abteilung „Strategisches IT Management“, verstärkt durch einen IT-Beirat aus PSD-Bank-Vorständen und beraten durch Fachleute, die Anforderungen der Gruppe gegenüber Atruvia bündeln und “für das Geschäftsmodell wichtige Entwicklungen zentral” anstoßen, wie der Verband mitteilt. “So arbeiten die hoch spezialisierten PSD-Experten intensiv in den Projektteams- und Value Streams des Atruvia-Rechenzentrums an den wichtigsten IT-Innovationen.“ Und weiter: “Mit dieser in allen Gremien erstklassig verzahnten Arbeitsstruktur beweist die PSD-Banken-Gruppe auch im IT-Bereich erneut ihre Zukunftsfähigkeit.”
Bei Atruvia werden die PSD-Leute unter anderem in Konkurrenz zu den Wünschen von Schwergewichten wie der Berliner oder der Frankfurter Volksbank treten müssen. Ein mögliches Konfliktfeld: Die Volks- und Raiffeisenbanken sind Filialinstitute, die PSD Banken hingegen Direktbanken. Bei Beobachtern wird neben der strategischen auch die betriebswirtschaftliche Logik in Zweifel gezogen, wenn die PSD-Banken nun eine Tochter ohne Gewinnanspruch schließen und stattdessen einen externen (wenngleich zum gleichen Verbund gehörenden) Dienstleister mandatieren.
Wie zu hören ist, wurden die Beschäftigten mit jeweils weniger als einem halben Bruttomonatsgehalt, multipliziert mit der Zahl an Jahren der Betriebszugehörigkeit, abgefunden. Unter Arbeitsrechtlern gilt in solchen Fällen ein Faktor von mindestens 0,5 als gang und gäbe. Der Verband verweist auf ein Maßnahmenpaket, “welches alle bisher erworbenen Pensionsverpflichtungen ausfinanziert”. Den PSD-Bank-Vorständen sei es “besonders wichtig gewesen, ihrer sozialen Verantwortung allen Beschäftigten gegenüber gerecht zu werden”.
Der Wechsel zur Atruvia ist auch insofern interessant, als ein ähnliches Manöver gerade bei den Sparda-Banken zu beobachten ist – wenn auch nicht bei den IT-Services, sondern beim Core-Banking-System (was dann doch ein anderer Härtegrad ist). Die Sparda-Gruppe hatte sich 2019 bekanntlich aufgespalten: Vier Sparda-Banken (Berlin, Hannover, Hamburg und Südwest) wechselten auf das Kernbanken-System der Atruvia. Die übrigen sieben (West, Baden-Württemberg, Hessen, München, Nürnberg, Ostbayern und Augsburg) brachten den ursprünglichen IT-Dienstleister der gesamten Sparda-Gruppe, die „Sparda Datenverarbeitung eG“ (SDV-IT), in ein Joint-Venture mit dem französischen Technologiekonzern Sopra Steria ein.
Diese Liaison steht allerdings vor dem Aus, wie am Montag exklusiv berichtet. Insider gehen davon aus, dass die erwähnten sieben Sparda-Banken ebenfalls zur Atruvia wechseln – auf deren Core-Banking die PSD Banken im Übrigen schon lange zurückgreifen.
Kernbanken-Projekt der Sparda-Banken mit Sopra Steria vor dem Aus
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