von Christian Kirchner, 30. Oktober 2023
In unserem „Produkt und Kunde“-Ticker beschreiben wir, was sich bei Banken und Fintechs an der Schnittstelle zum Kunden so alles tut.
Hier unser Ticker für Oktober 2023:
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„Werden ETF-Sparpläne zum neuen Girokonto?“, fragten wir in unserem Newsletter vom 11. Februar 2020. Es waren die frühen Tage der Pandemie (just an jenem 11. Februar führte die WHO den Begriff „Covid-19“ ein) – es waren aber auch die Wochen und Monate, in denen die Deutschen eher unvermittelt die Börse wieder für sich entdeckten. Ein Teil dieser Entwicklung ließ sich damals unter Zockerei subsumieren; man denke an die berühmt-berücksichtigten Meme-Aktien. Darüber hinaus begann aber auch ein Produkt zu reüssieren, das nicht dem schnellen Gewinn, sondern dem langfristigen Vermögensaufbau dient – der besagte ETF-Sparplan. Als Trendsetter tat sich damals Trade Republic hervor, doch auch etablierte Player wie die ING Diba, die Comdirect oder FlatexDegiro profitierten massiv. Ein veritabler Run setzte ein, immer mehr Kunden stürzten sich auf eine immer größere Auswahl an Angeboten, der ETF-Sparplan wurde (wenn man so will) zum Finanzprodukt der Corona-Ära. In Zahlen: Auf dem Höhepunkt des Booms, nämlich im Geschäftsjahr 2021, verkauften die gängigen Direktbanken und Online-Broker hierzulande mehr als 3.500 neue ETF-Sparpläne – pro Tag! Es war, kurz gesagt, der schiere Wahnsinn. Und damit nun ins Hier und Jetzt. Denn: Dass sich die Euphorie ein wenig gelegt hat, so viel war ja bekannt. Aber wussten Sie auch, dass das Neugeschäft mittlerweile regelrecht kollabiert ist – und zwar fast auf Null???!!! Was sind die Gründe? Und wie geht es jetzt weiter? Unsere Recherche: FS Premium
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Nach dem Push-TAN-Urteil: Wie sicher ist Smartphone-Banking?
Als in den letzten Jahren eine Bank nach der anderen das kostenlose Girokonto abschaffte (oder zumindest das ausnahmslos kostenlose Girokonto), da begründete zumindest ein Institut die Maßnahme mit den anhaltend niedrigen Zinsen, und zwar die Sparda Baden-Württemberg. Motto: Seht her, liebe Kundinnen und Kunden, wenn wir an Euren Einlagen nichts mehr verdienen, dann kommen wir um eine Bepreisung unserer Dienstleistung leider nicht umhin. Insofern erscheint es nur fair und stringent, dass die Stuttgarter Genossen die Kontoführungsgebühren nun zwar nicht gleich abschaffen, aber doch immerhin deutlich reduzieren, nämlich ab dem 1. Januar von derzeit 7,50 Euro auf dann nur noch 3,90 Euro pro Monat.
Mithin eigentlich ein logischer Schritt – und doch fällt er ins Auge, schließlich wäre uns keine andere kundenstarke deutsche Bank erinnerlich, die in den letzten Monaten ähnlich gehandelt hätte (dabei verdienen inzwischen ja fast alle Retailbanken wieder sehr gut an den Einlagen ihrer Kunden). Ist die Sparda Baden-Württemberg also einfach nur ein Ausbund an Redlichkeit? Mag durchaus so sein! Allerdings könnten daneben auch andere, mindestens mal begleitende Motive eine Rolle spielen. So gehören die Stuttgarter mit zuletzt 642.000 Kunden nicht nur zu den größten Genobanken hierzulande – sondern dürften auch das genossenschaftliche Institut sein, das in den letzten Jahren am meisten Kunden verloren hat. Konkret: saldiert mehr als 70.000 zwischen 2019 und 2022. Der eigenen Klientel da mal ein bisschen was Gutes zu tun, könnte da im Interesse beider Seiten liegen.
Das TAN-Verfahren als solches (würden wir jedenfalls vermuten) ist mindestens so alt wie das Online-Banking selbst. Was sich über die Jahre und Jahrzehnte allerdings immer wieder verändert hat – das ist die Form der Darreichung. Wie sich die Älteren erinnern, begann alles (wir würden’s mal grob in die 90er verorten) mit der TAN-Liste, die dann in den Nullerjahren von der minimal smarteren iTAN-Liste abgelöst wurde. Irgendwann gingen Sie, liebe Bankerinnen und Banker, dann dazu über, den Menschen da draußen kleine Geräte auszuhändigen, die aussahen wie Billig-Taschenrechner aus dem Promo-Store. Gibt’s immer noch, die Geräte, nennen sich auch immer noch TAN-Generatoren, haben aus Branchensicht aber heutzutage einen gewissen Bäh-Faktor (und werden entsprechend saftig bepreist), weil der typische TAN-Generator-Kunde das Gegenteil von dem Kunden ist, den man im Zweifel sehr viel lieber hat – nämlich den „Ich mache den 0-8-15-Kram inzwischen komplett mobil“-Kunden. Und damit nun zu den TAN-Verfahren heutiger Prägung. Die nämlich sind optimalerweise smartphone-basiert. Und haben damit für die Kreditwirtschaft den großen Vorteil, dass man beim mobilen Banking die mühselige Zwei-Faktor-Authentifizierung so ein bisschen aushebelt. Womit eigentlich TAN-mäßig alles in schönster Ordnung wäre!!! – gäbe es da nicht ein neues Gerichtsurteil, das die Hausjuristen bei Banken und Sparkassen dieser Tage in helle Aufregung versetzt. Unsere Recherche: FS Premium
Smartbroker: Wenn die eigenen Kunden nicht wirklich die eigenen Kunden sind
Haben Broker-Fintechs die richtige Zielgruppe für Kreditgeschäft?
Hier die Deutsche Bank, bei der man meint, sie versinke regelrecht in Problemen. Dort die Commerzbank, die 10 Mrd. Euro auszukehren verspricht und stolze 11% Rendite anstrebt. Unterschiedlicher könnte die Lage bei den beiden großen Frankfurter Geldhäusern gar nicht sein. Oder??? Nun, die Börse (und die Börse ist ja nicht doof …) sieht das offensichtlich anders. Hier die Deutsche-Bank-Aktie, die seit Jahresmitte 3% gewonnen hat. Dort die Commerzbank-Aktie, bei der es 2% sind. Fast ein Gleichschritt. Und ziemlich kontraintuitiv. Oder??? Was sich in jedem Fall sagen lässt: Die Lage ist ziemlich diffus momentan. Übrigens auch auf der Makroebene. Denn einerseits sieht es ja so aus, als blieben Banken und Sparkassen einstweilen im Aufwind, weil die Zinsgewinne sprudeln und nun auch noch die Inflationsrate zu sinken beginnt. Andererseits könnte man auf den Gedanken verfallen, dass die fetten Jahre schon wieder vorbei sind, weil die EZB (siehe hier) und die Kunden (siehe hier) jetzt ihren Anteil an der Zins-Bonanza einfordern. Ist das Glas also halbvoll oder halbleer? Befinden wir uns in einer Wysiwyg-Phase („What you see is what you get“) oder ist alles ganz anders als es scheint? Und, ähhhh, warum sind wir eigentlich das gefühlt einzige Medium auf diesem Planeten, das sich für den bedrohlich anmutenden Shitstorm beim zweitgrößten deutschen Fintech zu interessieren scheint? Ist auch bei Trade Republic alles ganz anders oder jedenfalls alles halb so wild? Unser Podcast zur Lage da draußen, mit den Redakteuren Bernd Neubacher und Christian Kirchner. Hier entlang: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Nach hartem internen Ringen: Sparkassen besiegeln Payback-Kooperation
Eines immerhin kann man Trade Republic nicht vorwerfen – nämlich dass der Neobroker irgendwelche Klick-Agenturen beschäftigen würde, um die eigenen Bewertungen im „App Store“ aufzuhübschen. Stattdessen: Lässt der Berliner Neobroker den Shitstorm, der sich seit dem Relaunch seiner App vor drei Wochen über ihn ergießt, widerstandslos (und fair und sauber) über sich ergehen. In Zahlen: Von insgesamt knapp 5.800 Kunden, die seit dem Relaunch der App ein „Review“ abgaben, hatten sich gerade einmal 88 für „5 Sterne“ sowie 94 für „4 Sterne“ entschieden. Während es gleich 4.586-mal (also bei 80% der Reviews) nur „einen Stern“ gab. Also die schlechteste Bewertung. Und sogar noch schlimmer sah es bei den knapp 6.000 „Ratings“ aus (die sich von den Reviews dadurch unterschieden, dass sie nur aus einer Sternebewertung ohne Text bestehen). Hier standen gerade mal 87 Bewertungen mit fünf oder vier Sternen satte knapp 5.700 mit nur einem Stern gegenüber.
Nun hatten wir über das verheerende Nutzer-Feedback auf die neue Trade-Republic-App zugegebenermaßen schon am 19. September berichtet, siehe hier. Da allerdings ging es um wenige hundert Bewertungen und eine erste Tendenz. Inzwischen sind es über 10.000. Und aus der Tendenz ist ein ziemlich eindeutiges Urteil geworden: Die weit überwiegende Mehrzahl der Trade-Republic-Kunden scheint die neue App schlicht nicht zu mögen. Ob sich das Milliarden-Fintech vor diesem Hintergrund weiterhin auf den Standpunkt stellen kann, dass man kritisches Feedback erwartet habe? Weil es immer eine Zeit brauche, bis sich Kunden an Veränderungen gewöhnt haben? Die Diskrepanz zwischen dem angeblich positiven Feedback, dass Trade Republic bei seinen Beta-Tests bekommen haben will und dem aktuellen Feedback im App-Store ist jedenfalls gigantisch.
Alle News rund um „Produkt und Kunde“ aus August & September 2023
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