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Was ’nah am Kunden‘ im digitalen Zeitalter für Genobanken bedeutet

Der legendäre US-Banker John P. Morgan soll mal gesagt haben, dass man keine Kirschen pflücken könne, wenn man mit dem Rücken zum Kirschbaum stehe. Dieses Bild lässt sich auch ins digitale Zeitalter übertragen, denn durch die Verlagerung ihres Geschäfts ins Internet verlieren Banken ihre Kunden aus dem Blick. Zahlreiche Statistiken belegen, was jeder längst weiß und selbst wahrnimmt: Immer weniger Kunden besuchen eine Filiale, das Aufkommen persönlicher Beratungen in den Banken ist rückläufig. Kurz gesagt: Die Menschen haben weniger persönlichen, direkten Kontakt zu ihrer Bank und deren Mitarbeitenden.

Seit Jahren beschäftigen sich Banken nun mit der Digitalisierung ihres Leistungsangebotes als Antwort auf das immer digitaler werdende Kundenverhalten. Was in Summe dabei zu schwinden droht: Kundennähe. Es ist, um beim Bild von Mr. Morgan zu bleiben, nicht nur wichtig, an neuartigen Werkzeugen zu basteln, mit denen sich Kirschen pflücken lassen, sondern auch, sich dem Kirschbaum selbst wieder zuzuwenden.

Was in diesem Bild der Kirschbaum ist, das sind für Deutschlands Genossenschaftsbanken (Genobanken) ihre Kunden und die Region.

Dabei sind die Genobanken für die Aufgabe, Details an Kunden und Region wahrzunehmen, besser aufgestellt als andere Finanzdienstleister. Als Zusammenschlüsse von Bürgern einer Stadt oder Region bestehen sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts, um „den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern“, wie es heute noch etwas sperrig in §1 des deutschen Gesetzes über Genossenschaften heißt.

Genobanken sind somit vom Gesetzgeber dazu verpflichtet, nah an ihren Kunden und deren Bedürfnissen zu sein. Dies war ihre Stärke im analogen Zeitalter. Der bisher wichtigste Weg, den USP „Kundennähe“ auszuspielen, nämlich das persönliche Banking, reicht dafür in der digitalen Welt aber nicht mehr aus.

Die derzeit rund 700 Volks- und Raiffeisenbanken stehen demnach mit Blick auf ihre „Kundennähe“ alle vor ähnlichen Fragen:

  • Wie gelange ich als Bank in die relevanten Erlebenswelten meiner Kunden?
  • Wie finde ich heraus, welche Bedürfnisse meine Kunden tatsächlich haben?
  • Wie bediene ich diese Bedürfnisse digital?

Aus unserer Sicht gibt es darauf drei mögliche Antworten, auf die wir im Folgenden näher eingehen wollen:

  • Lieber Klarna sein, statt Amazon werden zu wollen
  • Daten zur Kundenzentrierung intelligent und rechtssicher nutzen
  • Transformation der Organisation agil meistern

Lieber Klarna sein, statt Amazon werden zu wollen

Seit jeher sind Genobanken als Förderer der Region bemüht, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu erfüllen. Zur Transformation dieses Kernelements in die Zukunft steht bereits auf vielen Management-Agenden der Aufbau eines regionalen Ökosystems. Das Ziel besteht einerseits darin, laufend in der „Lebensrealität der Kunden“ präsent zu sein und andererseits darin, neue Ertragsquellen zu identifizieren.

Insbesondere in den Bereichen Immobilienwirtschaft, Gesundheit, Bildung, Mobilität und Energie sind hierzu bereits viele Ansätze und erfolgreiche Beispiele innerhalb der Genossenschaftlichen Finanzgruppe zu finden. Genobanken sind aufgefordert, die Schmerzpunkte in ihrer Region zu verstehen und gezielt für sich zu nutzen – dann rücken sie auch wieder stärker in die Lebensrealitäten ihrer Kunden und Mitglieder vor.

Wir stellen dabei fest, dass es hier nicht den einen richtigen Weg gibt. Um den Bedarf in der Region festzustellen, müssen Genobanken in ihrer täglichen Arbeit die Kunden in den Mittelpunkt stellen – das Gebot der Stunde lautet „Kundenzentrierung“. Wir stellen in unserer Zusammenarbeit mit Genobanken fest, dass viele zwar regelmäßig versuchen „die Kundenbrille aufzusetzen“, dass ihre Produkte und Prozesse dann aber doch insbesondere den eigenen Bankbedarf bedienen.

Gestatten Sie uns an dieser Stelle eine Randbemerkung zum Thema „gut sein, wo es darauf ankommt“: In diesem Kontext ist es aus unserer Sicht durchaus sinnig, nicht Amazon, sondern eher Klarna sein zu wollen. Was spricht dagegen, die eigene Kernkompetenz – die Bereitstellung von Liquidität, Zahlungsverkehrs-Leistungen, Sparen und Vorsorge sowie Finanzierungen – in bestehende Netzwerke einzubringen, statt der Vision zu folgen, für eine maximale Wertschöpfung in der Region eigene Ökosysteme zu bauen?

Unsere Empfehlung: Gehen Sie in den Dialog mit den Kunden! Identifizieren Sie Herz- und Schmerzpunkte für Mensch und Region und entwickeln Sie auf Basis dieser Erkenntnisse Ihr Leistungsangebot explizit lösungsorientiert weiter. Betreiben Sie echtes Business Development und kreieren Sie intern eine gewisse Startup-Mentalität.

Daten für Kundenzentrierung intelligent und rechtssicher nutzen

Herauszufinden, wo sich Kunden in ihrer Kundenreise oder Lebensrealität befinden, um schlussendlich den aktuell relevanten Bedarf zu verstehen, ist sicher die Königsdisziplin im Bankgeschäft. Selbstredend ist das die Kernkompetenz der Beratenden im persönlichen Banking – gestern wie heute. Wie eingangs beschrieben, nehmen die persönlichen Kontakte jedoch zunehmend ab, daher sind Genobanken gezwungen, diese Erkenntnisse auch aus Daten und digitalen Kontakten mit ihren Kunden zu gewinnen. Eine rechtssichere und intelligente Nutzung der vorhandenen Daten ist also unabdinglich.

Ziel ist es, …

  • die richtigen Kunden …
  • zum passenden Zeitpunkt…
  • über den bevorzugten Kanal …
  • mit der für sie relevanten Lösung…

anzusprechen.

Die entsprechenden IT-Lösungen für die rechtssichere Nutzung der Kundendaten stehen in der Genossenschaftlichen Finanzgruppe bereit. Einwilligungen von Kunden können mit Standardangeboten von Atruvia eingeholt werden; der genossenschaftliche Smart-Data-Spezialist Truuco stellt Banken die entsprechenden Angebote zur rechtssicheren Analyse bereit. Nutzen Sie solche Angebote und lernen Sie, mit den Systemen zu wachsen. Erfolgsbeispiele zeichnen sich bei ersten Geno-Banken bereits ab.

Transformation der Organisation agil meistern

Sie sehen: Kundenzentrierung ist für sämtliche Fortschritte im Geschäftsmodell von zentraler Bedeutung. Dabei sollte jedoch die eigene Organisation nicht gänzlich aus den Augen verloren werden. Der Wandel zur digitalen Genobank der Zukunft stellt eine Transformation mit Auswirkungen in sämtlichen Bereichen der Bank dar. Diesen Wandel gilt es aktiv zu begleiten. Viele der beschriebenen Herausforderungen lassen sich nur schwer mit traditionellen Methoden lösen. Wir stellen fest, dass es erfolgskritisch sein kann, „die Machtpyramide in den Banken auf den Kopf zu stellen“. Geben Sie Verantwortung an Ihre Mitarbeitenden weiter, indem Sie diese an der Transformation beteiligen. Das Motto heißt: „Was einer nicht schafft, das schaffen viele.“ Immer wieder stellen wir begeistert fest, wie viel Kraft, Mut, Kreativität und Tatendrang in Banken stecken, wenn man tradierte Veränderungsmuster hinterfragt und Partizipation fördert.

Im Rahmen unserer Zusammenarbeit mit Genobanken haben wir mit dem sukzessiven Aufbau einer agilen Projekt-Organisation bereits vielfältige Erfolgsgeschichten geschrieben.

Sie sehen, die aktuellen Herausforderungen der digitalen Transformation sind vielfältig und Lösungen nicht immer kopierbar. Die Genossenschaftliche Finanzgruppe ist dennoch gut gerüstet, sie bringt die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation mit. Deutschlands Genossenschaftsbanken sind nun angehalten, diese Herausforderungen für sich zu sortieren und zu priorisieren.

Gehen Sie es an! Oder um in unserem Bild vom Anfang zu bleiben: Wenden Sie sich wieder dem Kirschbaum zu.

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*Thorsten Ströhl ist Senior Manager und Tarek el Houfy Manager bei zeb consulting. Zeb consulting gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier.

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