Analyse: Wie Christian Sewing von Martin Zielke gnadenlos abgehängt wird

Erinnern Sie sich noch an die monatelange VVFPh (Kürzel für Vorstands-Vorsitzenden-Findungsphase) bei der Commerzbank vor drei, dreieinhalb Jahren? Nein?

Dann helfen wir Ihnen noch mal kurz auf die Sprünge: Vorstandschef Martin Blessing hatte im Herbst 2015 erklärt, er werden seinen im Frühjahr 2016 auslaufenden Vertrag nicht verlängern. Also machte sich der Aufsichtsrat auf die Suche nach einem Nachfolger. Hauptbedingung, wie damals zu hören war: Der Nachfolger müsse „performed“ haben in dem, was er zuvor tat. Es lief dann auf Martin Zielke hinaus, der, so viel stand fest, in seinem vorherigen Job als Chef des Privatkundengeschäfts durchaus „performed“ hatte.

Nun, drei, dreieinhalb Jahre später, gilt es wieder, ein paar Posten zu besetzen. Und zwar bei der „Deutschen Commerz“, sollte es tatsächlich zur Fusion kommen. Die Planspiele, glaubt man einem undementierten Bericht des „Spiegel“, sind schon recht weit fortgeschritten: Deutsche-Bank-Boss Christian Sewing würde demnach Vorstandsvorsitzender der Megabank, also Chefchef, Paul Achleitner würde vorerst dem  Aufsichtsrat vorstehen (wäre also der Chefchefchef). Und Zielke? Würde als Leiter des Privat- und Firmenkundengeschäfts eine Art Chefchen.

Bleibt die Frage: Wäre das unter Performance-Gesichtspunkten überhaupt gerechtfertigt? Sewing als Chefchef? Und Zielke lediglich als Chefchen? Wir haben uns die Sache mal näher angeguckt.

Zum Beispiel: Wie haben sich die Aktien von Deutscher Bank und Commerzbank entwickelt, seit die jeweiligen Vorstandschefs ihren Job angetreten sind, also Zielke bei der Commerzbank zum 1. Mai 2016 und Sewing bei der Deutschen Bank zum 8. April 2018?

Wir ahnen, was Sie denken: Die zwei Zeiträume sind doch gar nicht miteinander vergleichbar. Stimmt. Deshalb sind wir auch der Frage nachgegangen, wie denn die Aktien im Vergleich zum europäischen Bankenindex Euro Stoxx Banks abgeschnitten haben in den jeweiligen bisherigen Amtszeiten?

Und wie ist es um die Veränderung des Kurs-Buchwert-Verhältnisses jeweils seit Amtsantritt bestellt, gemeinhin ein Hinweis, inwiefern es einem Vorstandschef gelungen ist, eine Unterbewertung zu heben (indem das Verhältnis steigt) oder zu senken (weil das Verhältnis sinkt)?

Nun gibt es natürlich Leute, die halten die Aktienmärkte für eine Daddelbude, deren erratisches Auf und Ab der Kurse man besser nicht für eine Beurteilung heranzieht. Widmen wir uns also dem Thema Kreditwürdigkeit, einer für Banken bedeutsamen Kategorie, weil es hier um die Refinanzierungs-Kosten und damit sozusagen um die Kreditwürdigkeit geht.

Dass die Commerzbank  als sicherer wahrgenommen wird als die Deutsche Bank – geschenkt. Das ist eine Funktion der jeweiligen Profile mit Investmentbanking und Handel (Deutsche Bank) beziehungsweise ohne (Commerzbank).Wie aber hat sich die Kreditwürdigkeit – gemessen an der Veränderung der jeweils fälligen Versicherungsprämien gegen einen Kreditausfall (CDS-Spread 5 Jahre) – seit Amtsantritt verändert, womit also ein Anstieg eine Verschlechterung, ein Rückgang einer Verbesserung entspricht?

Und dann wäre da noch der Umstand, dass – sofern es zur Fusion kommt und sich die Planspiele bewahrheiten – Paul Achleitner Aufsichtsratschef der „Deutschen Commerz“ bliebe.

Wie die Deutsche-Bank-Aktie unter dessen Aufsichts und Personalauswahl  ab Mai 2012 so „performed“ hat, absolut und relativ zu anderen Bankaktien der Eurozone, zeigt dieser kleine Balkenchart.

Quellen: Comdirect, Boursorama, Quartalsberichte, Kurse: jeweils reine Kursveränderungen, Stand 14.4.2019

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