Exklusiv: Crowdinvesting-Pionier Companisto erleidet hohe Verluste

Die Berliner Crowdinvesting-Plattform Companisto hat ihre Verluste im vergangenen Jahr verdreifacht. Wie sich im kürzlich im Bundesanzeiger veröffentlichten 2016er-Jahresabschluss nachlesen lässt, stand unter dem Strich ein „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ in Höhe von 715.820 Euro – nach 217.690 Euro im Jahr zuvor. Die Companisto GmbH war damit per Ende letzten Jahres „bilanziell überschuldet“.

Um eine „insolvenzrechtliche Überschuldung“ zu vermeiden, wurde mit einer im Jahresabschluss nicht näher spezifizierten „Darlehnsgeberin“ ein qualifizierter Rangrücktritt in Höhe des Jahresfehlbetrags vereinbart. Bei der „Darlehnsgeberin“ handelt es sich nach dem Verständnis von „Finanz-Szene.de“ de facto zumindest zum Teil um jene Crowd-Investoren, die Mitte 2016 über Companistos eigene Plattform zwei Mio. Euro in das Startup gepumpt hatten. Streng genommen allerdings stammt der Kredit von der Companisto Holding, an der wiederum der Schwarm beteiligt ist.*

Grundsätzlich sind Verluste im Startup-Bereich nicht ungewöhnlich. Allerdings sollten die Fehlbeträge eigentlich im Laufe der Zeit abnehmen – oder dazu dienen, das weitere Wachstum des jungen Unternehmens zu finanzieren. Von beidem ist bei Companisto allerdings nicht viel zu sehen. Laut Bundesanzeiger war das Minus im vergangenen Jahr das mit weitem Abstand höchste in der Geschichte der Companisto GmbH. Zugleich ist fraglich, ob und wie stark die Firma wirklich wächst.

Zwar enthält der  Jahresabschluss keine Angaben zur Umsatzentwicklung. Allerdings dürften die Einnahmen von Companisto im wesentlichen aus den zehnprozentigen Provisionen stammen, die das Fintech dafür erhält, dass es Startups und Schwarminvestoren auf seiner Plattform zusammenbringt (daneben gibt Companisto als Erlösquellen zum Beispiel noch Kommunikationsleistungen an). Laut des Branchendiensts „Crowdinvest.de“ lag das über Companisto vermittelte Volumen 2015 bei 16,4 Mio. Euro. Ein Jahr später schrumpfte es dann jedoch auf 9,4 Mio. Euro zusammen. Und auch in diesem Jahr dürfte die Plattform  hinter dem Rekordjahr 2015 zurückbleiben. Aktuell beläuft sich das Volumen für 2017 laut „Crowdinvest.de“ auf 11,0 Mio. Euro.

Companisto bezeichnet diese Daten gegenüber „Finanz-Szene.de“ als „nicht statistisch optimal berechnet“. Das hänge damit zusammen, dass „Crowdinvest.de“ die Finanzierungen in dem Jahr verbucht, in dem die Schwarm-Investments abgeschlossen werden. Companisto hingegen trennt – wenn Finanzierungen über den Jahreswechsel hinausgehen –  exakt, in welches Jahr die einzelnen Zahlungseingänge  der Investoren fallen. Ein Beispiel: Dadurch entfallen bei Companistos eigenen Statistiken 5,7 Mio. Euro des 7,5 Mio. Euro schweren Rekordprojekts „Weissenhaus“ ins Jahr 2014.

Der Bitte, die eigene Zahlen zum vermittelten Volumen denen von „Crowdinvest.de“ gegenüberzustellen, kam Companisto nach. Sie lauten:

  • 2014: 10,2 Mio. Euro
  • 2015: 11,4 Mio Euro
  • 2016: 10,5 Mio Euro
  • 2017:  10,1 Mio. Euro (Stand 05.12.2017)

Eine Wachstumskurve lässt sich aus diesen Zahlen freilich auch nicht ableiten. Allerdings stellt das Unternehmen gegenüber „Finanz-Szene.de“ klar, sich „in einer Wachstumsphase“ zu befinden. Näher erläutert wird das nicht. Stattdessen teilt Companisto eher allgemein mit:

„Unsere Investoren werden alle drei Monate im Quartalsreporting über jeden Schritt der wirtschaftlichen Entwicklung informiert. Wir befinden uns in einer Wachstumsphase. Die Leser, die sich für die wirtschaftliche Lage von Companisto interessieren – vor allem die Investoren selbst – sind stets informiert.“

Unklar bleibt auch, wie sich die Geschäftszahlen in diesem Jahr entwickelt haben.

Grundsätzlich gilt: Das Beispiel Companisto unterstreicht, dass der vermeintliche deutsche Crowdinvesting-Boom (per Q3 lag der Zuwachs bei 337 % im Vergleich zum Vorjahr) fast ausschließlich auf die Hausse am Immobilienmarkt zurückzuführen ist. Dagegen profitieren die auf Startup-FInanzierung spezialisierten Plattformen kaum – vielleicht auch, weil Skandale wie der um die Yoga-Kette Unyte immer noch nachwirken. Dazu passt, dass  mit Innovestment jüngst bereits ein prominenter Anbieter Insolvenz anmelden musste.


*Zum Thema Crowd-Investoren erläutert Companisto gegenüber Finanz-Szene.de:

  • „Die Darlehensgeberin der Companisto GmbH ist die Companisto Holding. Die Companisten sind an der Companisto Holding beteiligt, zusammen mit mehreren anderen Geldgebern.“
  • „Die Investoren sind per partiarisches Nachrangdarlehen virtuell an Companisto beteiligt. Die Darlehen sind mit einer Gewinn- und Exit-Beteiligung verknüpft. Es handelt sich um eigenkapitalsähnliche Beteiligungen, Mezzanine-Kapital: Die Investoren sind wirtschaftliche Anteilseigner ohne Mitspracherecht. Beide Begriffe – Darlehensgeber und Anteilseigner – sind für die wirtschaftliche Beteiligung an Startups korrekt.“

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