Exklusiv: Der leise Tod des Frankfurter Fintechs Fintura – und was sich daraus lernen lässt

Wenn ein neues Fintech startet – dann geht die Nachricht binnen kürzester Zeit durch die Community. Bei Twitter wird geshared, bei Xing und Linkedin geliked („Congrats!!“), die Newsletter berichten, die Startup-Medien berichten, häufig bringen sogar das „Handelsblatt“, die „Börsen-Zeitung“ oder die „Frankfurter Allgemeine“ eine kleine Geschichte.

Doch was passiert, wenn plötzlich eine diese Firmen wieder vom Markt verschwindet? Und zwar keines dieser kleinen, kaum wahrgenommenen Nischen-B2B-Fintechs. Sondern das prominente Frankfurter Startup Fintura, das sich in den vergangenen Jahren unter beachtlicher medialer Anteilnahme darangemacht hatte, zum Check24 für Unternehmens-Kredite zu werden?

Um es kurz zu machen: Niemand kriegt es mit. Oder will es mitkriegen. Anfang des Monats hat Fintura aufgegeben. Doch einzig bei Linkedin findet sich überhaupt ein Hinweis auf die unternehmerische Tragödie, ein knapper Abschieds-Post der Gründer unter der Überschrift: „Fintura – das Finanzportal des Mittelstands stellt den Betrieb ein“. Ganze zweimal wurde der Beitrag in mittlerweile zwei Wochen weitergeleitet. Warum nicht häufiger? Ach ja,  weil sonst vielleicht ein schlechtes Licht auf die Fintech-Szene fallen könnte.

Entscheidende Frage: Warum ist Fintura gescheitert? Also jenes Startup, das für die „Börsen-Zeitung“ ein „erfolgreich operierender Anbieter“ war und dessen Chef einst im „Handelsblatt“ behauptete, „die klassische Finanzindustrie ist zu langsam und nicht innovativ genug, um mit den Fintechs mitzuhalten“. Aus Gesprächen, die „Finanz-Szene.de“ in den vergangenen Tagen mit Kennern des Unternehmens führte, lassen sich grosso modo fünf Gründe destillieren:

1.) Die Idee, das Erfolgsmodell von Check24 (bei Ratenkrediten) und Interhyp (bei Baufinanzierungen) auf den Firmenkundenbereich zu übertragen, erwies sich aufgrund der schwierigen Standardisierbarkeit dieses Kreditsegments offenbar als komplexer als gedacht

2.) Die Zielgruppe, nämlich mittelständische Unternehmer, vertraut in der Mehrzahl noch immer eher der Hausbank als dem Internet

3.) Auch als Folge von Punkt 2 waren die Kosten für die Kunden-Akquisition deutlich höher als gedacht

4.) Allem Anschein nach wurde Fintura zudem zum Opfer extremer adverser Selektion. Simpler ausgedrückt: Das Portal lockte vor allem die Klientel an, die bei der Hausbank eher keinen Kredit mehr bekommt

5.) Und womöglich waren die Gründer Gernot Overbeck und Thomas Becher – beides anerkannte Branchenexperten – auch schlicht zwei, drei Jahre zu früh dran mit ihrer Idee. Denn dass sich das Geschäft mit SME-Krediten nicht auf alle Zeiten der Digitalisierung verweigern wird, das glauben (siehe: ING Diba/Lendico) ja längst auch ganz anderer Player.

Jedenfalls: Vermutlich könnten andere Fintech-Gründer, übrigens genauso wie die Digitalisierungsmenschen in den Banken, aus dem „Fall Fintura“ viel lernen. Aber das muss man natürlich auch erst einmal wollen.

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