von Heinz-Roger Dohms, 2. November 2017
Diese Geschichte beginnt Ende August. Denn da verliert die Commerzbank überraschend einen ihrer wichtigsten Digitalmanager – Christian Hoppe, Gründer und CEO des hauseigenen Fintech-Investors „Main Incubator“. Die Begründung? Bleibt vage. Stattdessen machen ein paar Gerüchte die Runde. Hoppe sei nicht ganz freiwillig gegangen, heißt es. So richtig plausibel ist dieses Gemurmel zwar nicht. Es hält sich allerdings hartnäckig.
Seit gestern wissen Eingeweihte, was wirklich hinter der Trennung steckte. Denn da zeigte sich auf Hoppes Linkedin-Profil plötzlich eine spektakuläre Veränderung – und zwar eine, die ganz stark dafür spricht, dass da jemand aus freien Stück gegangen und nicht etwa gegangen worden ist. Hoppe hat nämlich bereits einen neuen Arbeitgeber. Und der ist, mit Verlaub, ein bisschen cooler als der „Main Incubator“. Hoppe arbeitet jetzt für die legendäre Silicon Valley Bank (SVB).
An dieser Stelle könnte die Geschichte nun enden. Doch stattdessen fängt sie gerade erst an. Denn wie Recherchen von „Finanz-Szene.de“ nahelegen, ist es offenbar nicht so, dass Christian Hoppe ins Silicon Valley geht. Sondern so, dass das Silicon Valley sozusagen zu ihm kommt. Anders ausgedrückt: Die SVB bereitet offenkundig einen Markteintritt in Deutschland vor. Und Hoppe? Könnte ein (der?) Schlüsselmanager bei diesem Vorhaben sein. Äußern wollte er sich gestern nicht dazu, ebenso wenig wie eine SVB-Sprecherin.
Der Reihe nach: Die 1983 gegründete SVB ist eine Bank, wie es sie kein zweites Mal gibt auf der Welt. Einerseits ist sie eine riesige Venture-Capital-Bude, die nach eigenen Angaben im Zuge ihrer Historie in mehr als 30.000 Start-ups investiert hat.* Zugleich versteht sie sich allerdings auch als Dienstleister und Beratungshaus für andere High-Tech-Investoren. Und nicht zuletzt sammelt die SVB auch wie eine ganz normale Bank Einlagen ein, im Silicon Valley etwa gilt sie im Depositengeschäft sogar als klarer Marktführer. Sonst noch was? Ja: Obwohl die SVB keine typische Bilanzsummen-Bank ist, gehört sie mit Assets von rund 45 Milliarden Dollar auch in dieser Kategorie zu den 50 größten Banken der USA.
Schon 2014 deutete CEO Greg Becker in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ an, dass er sich einen Markteintritt in Deutschland vorstellen könne. Dann hörte man nichts mehr von der Sache. Doch nun – gut drei Jahr später – werden die Pläne nach Informationen von „Finanz-Szene.de“ plötzlich konkret. Seit Mitte dieser Woche hält die SVB in deutschen Jobportalen auch nach einem „Relationship Manager“ und einem „Associate Commercial/Corporate Banking“ Ausschau. Schon vor zwei Wochen ging bei LinkedIn überdies eine Stellenanzeige online, derzufolge die SVB einen „Director Sales“ für den deutschen Markt sucht.
Branchenkenner halten es für möglich, dass die Expansion auch mit dem Brexit zusammenhängen könnte.* Dafür spricht, dass sich die Silicon Valley Bank in den vergangenen Monaten öffentlich auffällig besorgt zeigte, was den möglichen Exodus von Startups aus UK angeht (dort übrigens ist die SVB schon seit vielen Jahren vertreten). So lancierte das Institut jüngst Studie, wonach 38 Prozent aller britischen Startups im Zuge des EU-Austritts überlegen, ihre Zentrale auf den Kontinent zu verlegen. Folgt man dieser Argumentation, dann würde die Silicon Valley Bank mit ihrer Expansion nach Deutschland gewissermaßen der eigenen Klientel folgen. Auch eine spannende Geschichte.
* Ergänzung 3. November, 11:28 Uhr:
Zwei Punkte, auf die uns aufmerksame Leser hingewiesen haben: 1.) Die Formulierung, die Silicon Valley Bank „investiere“ in Startups, ist insofern missverständlich/irreführend, als sie das nicht auf Eigenkapitalbasis tut, sondern ausschießlich in Form von Krediten. 2.) Wie erwähnt, trug sich die Silicon Valley Bank schon vor drei Jahren mit dem Gedanken, nach Deutschland zu expandieren. Ein Leser, der offensichtlich noch deutlich näher an den Sache ist, als die von uns zitierten „Branchenkenner“, meinte daher, mit dem Brexit habe die Entscheidung eher weniger zu tun.
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