von Heinz-Roger Dohms, 29. November 2017
In unserer gestrigen Berichterstattung über den neuen Robo Advisor der Deutschen Bank deuteten wir bereits an, dass das „Robin“ getaufte Angebot beim ersten Durchklicken ein wenig an den Münchner Marktführer Scalable Capital erinnerte. Wie Sie sich vorstellen können, hat uns die Sache keine Ruhe gelassen. Darum haben wir nach streng wissenschaftlichen Kriterien den ersten „Plagiats-Test“ in der Geschichte von „Finanz-Szene.de“ durchgeführt. Die sechs Kategorien lauteten „Anlagestrategie“, „Optische Darstellung“, „Slogan“, „Kundenansprache“, „Pricing“ und „Promi-Faktor“.
Die meisten deutschen Robo Adviser setzen auf eine streng passive Investmentstrategie. Dieser Ansatz läuft darauf hinaus, die einmal festgelegte Gewichtung (zum Beispiel: 50 Prozent Anleihen, 30 Prozent Aktien, 20 Prozent Rohstoffe) dauerhaft beizubehalten und Portfolio-Veränderungen tendenziell eher im Detail (zum Beispiel durch das sogenannte Rebalancing) vorzunehmen. Ganz anders geht Scalable Capital vor. Statt die verschiedenen Wertpapierklassen statisch zu gewichten, wie es die meisten Wettbewerber tun, verändert der Münchner Robo Advisor die Struktur der Kunden-Portfolien permanent – und mitunter sogar radikal. Dabei orientiert sich Scalable am „Value at Risk“, einem Risikoindikator, der immer dann ausschlägt, wenn die Schwankungen an den Märkten besonders hoch ausfallen. Auch die Deutsche Bank setzt nun auf diesen „Value at Risk“ – und folgt damit eindeutig jener Strategie, die Scalable bislang einen USP im deutschen Markt sicherte. Allerdings: Während die Münchner einen reinrassigen Robo-Ansatz verfolgen, greift bei der Deutschen Bank der Mensch in den Prozess ein. So heißt es auf der „Robin“-Website: „Die Investment-Strategen der Deutschen Bank liefern dazu regelmäßig Kapitalmarkteinschätzungen in die Algorithmen.“ Mithin: Die Deutsche Bank orientiert sich am Scalable-Ansatz, weicht in letzter Konsequenz dann aber doch von diesem ab.
Die total objektive Wertung von „Finanz-Szene.de“: Plagi-Quote 50 %
Aufgrund seines spezifischen Ansatzes ist Scalable auch in seinen Grafiken teilweise ein bisschen speziell. Das gilt zum Beispiel für den „Welcher Wertverlust macht Sie nervös“-Balken. Oder für die „Simulations-Wolke“, mit der kein normaler Mensch etwas anders anfangen kann. Wenn nicht alles täuscht, dann stolpert man bei „Robin“über ähnliche Elemente.
Um das nachzuvollziehen, bitten wir Sie, liebe Leser, einfach mal folgenden Screenshot von der Scalable-Capital-Seite …
… mit diesem Screenshot von der „Robin“-Seite zu vergleichen …
… und dann, auch wenn die Sache jetzt komplex wird, schauen Sie doch bitte auch noch diesen Screenshot von der Scalable-Seite an …
… und vergleichen ihn mit der Darstellung bei „Robin“ …
… naaa, ist Ihnen was aufgefallen?
Die total objektive Wertung von „Finanz-Szene.de“: Plagi-Quote 60 %
Scalable Capital: „Die Vermögensverwaltung der Zukunft“
Deutsche Bank: „Die innovative Art der Kapitalanlage“
Hier ist sich der Linguist in uns nicht ganz sicher, darum mit aller Zurückhaltung …
Die total objektive Wertung von „Finanz-Szene.de“: Plagi-Quote 35 %
Vergleichen Sie hierzu bitte wiederum Scalable Capital …
… mit Robin von der „Deutschen Bank“ …
Ergebnis: Die Deutsche Bank verzichtet zwar in diesem Beispiel-Absatz auf konkrete Zahlen und wählt die direkte Anrede („Sie“) – allerdings benutzt Sie denselben, im Retailbereich relativ ungewohnten „Der Kunde ist auf Augenhöhe mit uns und steht auf Fachbegriffe wie Value at Risk“-Duktus, den Scalable Capital penetrant verfolgt.
Pauschalvergütung plus ETF-Kosten: Bei den Preisen hat die Deutsche Bank (abgesehen von ein paar Details) die gleiche simple Struktur wie Scalable Capital gewählt (ist allerdings etwas teurer). Gleichwohl: Für ein (weitgehend) zeitgemäßes Pricing sollte niemand kritisiert werden.
Die total objektive Wertung von „Finanz-Szene.de“: Plagi-Quote: 25 %
Scalable Capital setzt bei der Vermarktung (und, klar, auch beim Inhalt!!!) auf den Promi-Faktor von Stefan Mittnik, Professor für Finanzökonometrie und Direktor des Center for Quantitative Risk Analysis an der Ludwig-Maximilians-Universität in München sowie Fellow am Center for Financial Studies (CFS) in Frankfurt. Die Deutsche Bank will da nicht nachstehen und setzt in der Vermarktung (und, klar, auch beim Inhalt!!!) von „Robin“ auf die Reputation ihre Chefanlagestrategen Dr. Ulrich Stephan (beendete 1997 seine Promotion an der Universität zu Köln und am Massachusetts Institute of Technology). Wer allerdings auch daraus noch einen Plagiatsverdacht ableiten will, dem sei gesagt, dass 1.) ein Dr. kein Prof. ist, dass 2.) ein „Stephan“ im Nachnamen kein „Stefan“ im Vornamen ist und dass es 3.) die Deutsche Bank war, die (Stichwort: „Deutsche-Bank-Chefökonom“) schon um den Wert eines prominent-intellektuellen Kopfes wusste, als die Scalable-Gründer noch zur Grundschule gingen.
Die total objektive Wertung von „Finanz-Szene.de“: Plagi-Quote: 0 %
Auf streng objektiver Basis kommen wir nach der Auswertung aller sechs Kategorien auf eine Plagi-Quote von durchschnittlich 36,7 Prozent. Man sollte also davon ausgehen, dass sich die Deutsche Bank den Scalable-Robo seeeeehr genau angesehen hat, bevor sie ihren eigenen baute. Allerdings: Vom Plagiatsverdacht ist die DBank freizusprechen.
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