von Heinz-Roger Dohms, 26. August 2017
Das Startup-Unternehmen Pareton, an dem sich der Fintech-Beauftragte Jens Spahn beteiligt hat, stand im vergangenen Herbst auf einer offiziellen Fintech-Liste des Finanzministeriums. Dies geht aus einer Antwort des BMF auf eine entsprechende Anfrage des Branchenportals Finanz-Szene.de hervor. Das Ministerium hatte seinerzeit bei zwei Professoren „die erste umfassende Studie zum Fintech-Markt in Deutschland in Auftrag gegeben“. Spahn selbst stellte die Ergebnisse am 22. November auf der Berliner „hub conference“ vor. Laut BMF war Pareton eines der 346 Fintechs, die damals untersucht wurden. Die Liste der einzelnen Unternehmen sei innerhalb des Ministeriums aber „lediglich auf Arbeitsebene bekannt“ gewesen.
Die Einstufung der Pareton GmbH als „Fintech“ durch eine offiziele Studie des Ministeriums steht im Widerspruch zu einer Aussage Spahns gestern in der „Bild-Zeitung“. Dort hatte der CDU-Politiker seine umstrittene Beteiligung an dem schwäbischen Unternehmen unter anderem mit dem Hinweis verteidigt, es handle sich bei Pareton „nicht um ein Fintech-Start-up im eigentlichen Sinne“. Unglücklich mutet auch der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Erstellung der Fintech-Studie und Spahns Investment bei Pareton an. Laut eigener Aussage hatte der Finanzstaatssekretär die Beteiligung „vor knapp einem Jahr“ von der Bundestagsverwaltung und vom Ministerium prüfen lassen.
Die Fintech-Studie des BMF war im vorigen Herbst auf große mediale Resonanz gestoßen. Spahn selbst wurde in diversen Medien – darunter zum Beispiel im „Handelsblatt“ und bei „Heise“ – wie folgt zitiert: „Für Fintech-Unternehmen ist Deutschland eines der attraktivsten Länder weltweit. Das zeigt das Gutachten deutlich – die Wachstumsraten des Sektors sind beeindruckend.“ In der Startup-Szene sorgte die Studie allerdings eher für Belustigung. So bescheinigten die Autoren der deutschen Fintech-Branche bis 2020 ein Marktpotenzial von 330 Milliarden Euro – ein Szenario, dass selbst kühne Optimisten für völlig unrealistisch halten.
Auch in seinen Details war das Gutachten fehlerbehaftet. Finanz-Szene.de Autor Heinz-Roger Dohms schrieb damals bei manager-magazin.de:
„Leider ist die Studie auch da, wo sich Angaben tatsächlich überprüfen und damit falsifizieren lassen, nicht sehr glaubwürdig. So befeuern die Autoren an einer Stelle die momentan sehr beliebte These, Fintechs flüchteten nach dem Brexit auf breiter Flur von London nach Berlin. Wörtlich heißt es: „Ausschlaggebend für eine Sitzverlegung der Fintechs dürfte vor allem die mit dem Brexit einhergehende Rechtsunsicherheit sein. [ …] Die Singapurer Digital Bank WB21 Pte. und sechs weitere Unternehmen haben sich bereits dafür entschieden, ihr operatives Geschäft von London nach Berlin zu verlagern.“
Die Singapurer Digitalbank WB21? Wer die Branche auch nur oberflächlich verfolgt, wird bei diesem Stichwort aufhorchen. Es handelt sich nämlich um jenes vermeintliche Milliarden-Fintech, an dessen Geschichte nach Recherchen von manager-magazin.de und weiterer Medien wie der„Financial Times“ oder der „Süddeutschen Zeitung“ seit Wochen erhebliche Zweifel bestehen. Hornuf verweist als seine Quelle für WB21 auf einen Artikel des „Wall Street Journals“ von Ende September. „Zu diesem Zeitpunkt war uns nicht bewusst, dass es sich hier möglicherwiese um ein ‚Schein-FinTech‘ handelt. Davon mussten wir in der Studie eine Vielzahl aussortieren. Zudem möchte wir darauf hinweisen, dass die Digitalbank selbst nur ein Nebenaspekt unserer Studie.
[…] Und die sechs anderen Fintechs, die laut Studie von London nach Berlin gezogen sind? Der Bitte, die Namen zu nennen, kamen weder Spahns Finanzministerium noch die Autoren nach. Stattdessen wird als Quelle wieder auf den Text im „Journal“ verwiesen. Dort werden immerhin drei Firmen explizit aufführt. Eines der Startups nennt sich MBJ und hat seinen Sitz jüngst tatsächlich aus der britischen in die deutsche Kapitale verlegt. Das Problem: Mit Fintech hat MBJ eher nichts zu tun. Es handelt sich um ein Büro für Webdesign.“
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