von Heinz-Roger Dohms, 11. Oktober 2017
Finanz-Szene.de: Herr Wüller, um Ihr 2012 gegründetes Fintech Compeon war es zuletzt vergleichsweise still. Nun allerdings haben Sie eine ungewöhnlich hohe Finanzierung gelandet …
Frank Wüller: Wir haben tatsächlich weniger häufig auf den Bühnen der Republik getanzt als manch anderes Startup – und uns stattdessen auf unser Produkt fokussiert, auch manchmal in Stillarbeit. Und ja: Dieser Tage unsere Serie-B-Runde abgeschlossen und insgesamt 12 Mio. Euro erhalten.
Finanz-Szene.de: … was laut der Fintech Money Map von Barkow Consulting eines der bislang zehn größten Fundings für B2B-Fintechs in Deutschland ist …
Wüller: Hierauf sind wir sehr stolz, zumal das Geld ausschließlich von den Alt-Investoren kommt. Neben Tengelmann Ventures sind das unter anderem btov Partners und Dieter von Holtzbrinck Ventures.
Finanz-Szene.de: Wie darf man sich Ihr Geschäftsmodell vorstellen? Sie bezeichnen sich als „Marktführer unter den digitalen Plattformen für gewerbliche Finanzierungen“ – das klingt nach einem Interhyp für Unternehmenskredite.
Wüller: Im Grunde trifft es der Vergleich ganz gut – wobei wir allerdings Wert auf die Feststellung legen, dass wir völlig unabhängig von Produkten und Anbietern sind. Unternehmen finden über unsere digitale Plattform schnell und unkompliziert die passende Finanzierung. Dabei erhalten sie völlige Transparenz, was Zins, Laufzeit, Eigenkapitaleinsatz und Sicherheiten betrifft.
Finanz-Szene.de: In welchen Größenordnungen bewegen wir uns da? Das Firmenkundengeschäft ist ja klassischerweise People Business. Die Vorstellung, dass sich ein großer Mittelständer über das Internet mal eben, sagen wir, zwei Millionen Euro besorgt, klingt gewöhnungsbedürftig. Läuft das wirklich so – oder ist Ihre Klientel nicht eher der Gewerbetreibende, der 50.000 Euro benötigt?
Wüller: Damit keine Missverständnisse aufkommen: Unsere Kernklientel sind klassische mittelständische Unternehmen. Die Kreditsummen liegen bei normalen mehrjährigen Finanzierungen in der Regel zwischen 100.000 Euro und 10 Millionen Euro. Was allerdings stimmt: Es gibt praktisch kein Unternehmen, das einen sieben- oder achtstelligen Kredit aufnimmt, ohne dass es Kontakt zu einem menschlichen Berater gegeben hat.
Finanz-Szene.de: Wie läuft das ab?
Wüller: Die Anfrage des Mittelständlers kommt normalerweise online rein. Dann nimmt einer unserer mittlerweile über 20 Berater telefonischen Kontakt zum Unternehmen auf, um die Details zu besprechen: Wäre ein klassischer Kredit das richtige Produkt? Würden Leasing oder Factoring vielleicht besser passen? Wie sieht es mit der Förderfähigkeit aus? Wenn diese Details geklärt sind, geht die Anfrage direkt an die potenziellen Finanzierungspartner. Wir kooperieren mittlerweile mit mehr als 220 Banken, Fördermittelanbietern und Spezialfinanzierern. Zu unseren Partnern auf der Kreditseite gehören zum Beispiel die Hypovereinsbank, die Postbank oder die ApoBank, aber auch viele Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken.
Finanz-Szene.de: Sie bekommen ihre Kunden also praktisch nie zu Gesicht?
Wüller: Doch, speziell bei größeren Summen fahren unsere Berater durchaus auch raus zum Kunden.
Finanz-Szene.de: Wer als Privatperson ein Häuschen baut, tut das einmal im Leben – und ist froh, dass er sich heutzutage im Internet über die Konditionen informieren kann. Ist das im Firmenkundengeschäft genauso? Wir würden ja eher vermuten, dass der Geschäftsführer eines Millionenunternehmens eine sehr konkrete Vorstellung davon hat, bei welchen Banken er anklopfen muss.
Wüller: Genau so vielfältig wie die Finanzierungsanlässe sind mittlerweile auch die Finanzierungsmöglichkeiten, die Finanzierungsprodukte sowie die Konditionen und Anforderungen der Anbieter. Compeon sorgt für Transparenz und Einfachheit im sehr unübersichtlichen gewerblichen Finanzierungsmarkt. Für uns steht der Kunde mit seinem individuellen Bedarf im Vordergrund – nicht das Produkt oder ein Anbieter. Diese Leistung ist in Deutschland einmalig. Unsere Kunden schätzen, dass sie mit uns eine zentrale und unabhängige Plattform mit Zugang zu allen relevanten Finanzierungspartnern haben.
Finanz-Szene.de: Trotzdem bleibt die Frage – wenn wir über das disruptive Potenzial von Compeon reden – , inwieweit Ihre Dienstleistung standardisierbar ist. Check24 beispielsweise lebt ja letzten Endes davon, dass ein Ratenkredit dem anderen gleicht, die Vermittlung also ein skalierbares Massengeschäft ist. Bei Interhyp (sprich: in der Baufinanzierung) ist es zumindest ähnlich. Dieses Prinzip lässt sich aber doch nicht auf das sehr viel komplexere Firmenkundengeschäft übertragen – oder etwa doch?
Wüller: Die Standardisierbarkeit der Produkte ist in der Tat sehr eingeschränkt. Dennoch birgt auch das gewerbliche Finanzierungsgeschäft ein enormes Skalierungspotenzial, nämlich in den Technologien und Prozessen. So nutzen wir als digitale Plattform beispielsweise bereits heute technische Schnittstellen, wo immer es geht, um dem Kunden schnell, effizient und komfortabel zur besten Finanzierungslösung für sein individuelles Vorhaben zu verhelfen.
Finanz-Szene.de: Und was machen Sie jetzt mit den 12 Mio. Euro?
Wüller: Wir wollen massiv, aber natürlich nicht blind investieren. Einen Teil des Geld wollen zum Beispiel für den den Ausbau unserer IT-Plattform verwenden. Daneben wollen wir neue Bereiche wie die Absatzfinanzierung stärken. Dazu muss man wissen: Neben Krediten, Darlehen, Leasing und Factoring vermitteln wir auch alternative Finanzierungen wie Mezzanine, Einkaufs- und Projektfinanzierungen oder Private Debt.
Finanz-Szene.de: Kredite in welcher Höhe haben Sie in diesem Jahr schon vermittelt?
Wüller: In 2017 haben wir bereits Finanzierungen in deutlich dreistelliger Millionenhöhe vermittelt. Das Durchschnittsvolumen pro Anfrage liegt bei Compeon bei rund 700.000 Euro.
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