Premium: Haben Deutschlands Banken gar kein Kostenproblem?

Deutschlands Banken haben ein massives Kostenproblem – das ist  die Grundaussage fast jeder Studie über die hiesige Kreditwirtschaft. Eine Analyse, die das Credit Research der Commerzbank diese Woche an ausgewählte Kunden verschickt hat, versucht diese These nun spektakulär zu relativieren. Tenor: Die Kosten der deutschen Banken mögen zwar hoch sein; verglichen mit anderen Ländern der Eurozone und gemessen an den Bilanzsummen seien sie das aber gar nicht. Das viel, viel größere Problem liege auf der Ertragsseite.

Die Coba-Analysten  untermauern diese These mit folgender Tabelle:

Um die Grafik zu verstehen, sollte man am besten mit der untersten Zahl in der  Spalte „Germany“ beginnen, also mit der „20.0“. Das ist der Anteil der aggregierten Bilanzsumme der deutschen Banken an der aggregierten Bilanzsumme aller Eurozonen-Banken. Die zweite wichtige Zahl ist wieder in der Spalte „Germany“ die „17.2“ (vierte Zahl von oben). Denn daraus geht hervor: Obwohl die deutschen Banken auf ein Fünftel der Assets kommen, kommen sie nur auf ein Sechstel der Aufwendung. Wo ist da das Kostenproblem?

Das viel größere Drama – so jedenfalls sehen es die Coba-Analysten – sind demnach die Ertragspositionen. Da ist zum Beispiel das Zinsergebnis („Net interest income“, NII) zu nennen, dass mit 12,8 Prozent deutlich unter dem Richtwert von 20,0 Prozent bleibt. Oder: Die „sonstigen Erträge“ („Other income“) liegen auch nur bei 16,3 Prozent. Vergleicht man diese Zahlen nun mit der „Frankreich“-Spalte, dann ist die Aussage klar: Die deutschen und die französischen Banken mögen zwar beide tendenziell  unterirdische Cost-Income-Ratios haben …

… indes: Nur bei den Franzosen sei das eine „Cost“-Frage; bei den Deutschen hingegen sei es eindeutig ein „Income“-Frage.

Und übrigens: Bei den „Gewinnerländern“, nämlich bei Spanien und den Niederlanden, lasse sich die gleiche Unterscheidung treffen. Bei den Iberern machen’s die Erträge (bei eher durchschnittlichen Kosten). Und bei den Niederländern die Kosten (bei eher durchschnittlichen Erträgen).

Ist das methodisch über jeden Zweifel erhaben? Naja, ein paar Anmerkungen sollte man schon machen, beispielsweise:

  • Wer betont, dass die Zinserträge der deutschen Banken niedrig sind, sollte hinzufügen, dass die Kreditausfallkosten gen null tendieren. Dies wurde, wenn wir es richtig sehen, aber nicht berücksichtigt
  • Dass bei den deutschen Banken SOWOHL die Erträge ALS AUCH die Kosten niedriger sind, als es die Bilanzsummen vermuten lässt, hat sicherlich auch damit zu tun, dass die hiesigen Institute vergleichsweise wenig Handelsgeschäft und Investmentbanking betreiben (also Geschäft, das hohe Erträge generiert, zugleich hohe Kosten verursacht, aber sich tendenziell nicht so stark auf die Bilanzsumme auswirkt).

Doch trotz dieser Einschränkungen würden wir gefühlt sagen, dass die Grundaussage der Studie nicht völlig daneben ist: Es sind die Erträge, stupid.

Rechtehinweis

Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.

Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!

To top