von Heinz-Roger Dohms, 12. Dezember 2022
Der Düsseldorfer Kredit-Marktplatz Auxmoney äußert sich eineinhalb Jahrzehnte nach der Gründung erstmals konkret zu seinen Geschäftszahlen. „Wir werden im laufenden Jahr annähernd 100 Mio. Euro Umsatz erwirtschaften“, sagte Gründer und CEO Raffael Johnen im Exklusiv-Gespräch mit Finanz-Szene und kündigte für 2023 „weiteres signifikantes Wachstum an“. Ohne den sich abzeichnenden Konjunktureinbruch hätte Auxmoney laut Johnen bereits in diesem Jahr einen neunstelligen Umsatz erreicht. Doch auch so liege die Zuwachsrate im Vergleich zum Vorjahr „bei rund 50%“. Höhere Kreditausfälle verzeichne man trotz der angespannten wirtschaftlichen Gesamtlage bislang keine.
Die Angaben Johnens sind in gleich mehrfacher Hinsicht bemerkenswert:
Gerade dieser dritte und letzte Aspekt macht das Auxmoney-Modell interessant. Denn erfolgreiche Fintechs mit eigener Kredit- und Scoring-Kompetenz sind nicht nur hierzulande, sondern auch im globalen Maßstab bislang die Ausnahme. Zur Erinnerung: Das auf hochverzinsliche Konsumentenkredite spezialisierte Hamburger Finanz-Startup Kreditech (das sich irgendwann in Monedo umbenannte) war zwar jahrelang das umsatzstärkste deutsche Fintech – kämpfte aber stets mit üppigsten Ausfallraten und implodierte in der Corona-Krise endgültig.
Auch einstmals hochgewettete angelsächsische Marketplace-Lender wie Lending Club in den USA oder Funding Circle in Großbritannien konnten die in sie gesetzten Erwartungen nie erfüllen. Den Ausflug in den deutschen Markt zum Beispiel brach Funding Circle Anfang 2020 ab; die Kreditausfälle waren einfach zu hoch.
Im Vergleich dazu fällt auf, dass Auxmoney jahrelang eher unterdurchschnittlich gewachsen ist. So geht aus alten Geschäftsberichten hervor (die Konvolute wurden vergangene Woche nach jahrelanger Verzögerung endlich im Bundesanzeiger offengelegt): Obwohl die Rheinländer bereits 2007 gestartet sind, kamen sie 2017 später erst auf 28 Mio. Euro Umsatz. Zur Einordnung: Die später implodierte Hamburger Kreditech (2012 gelauncht) erreichte im gleichen Jahr rund 72 Mio. Euro. Es sieht also so aus, als hätte sich Auxmoney mit der Weiterentwicklung des eigenen Kreditmodells extrem viel Zeit gelassen und statt hoher Ausfälle lieber ein behäbiges Wachstum in Kauf genommen.
Zu dieser These passt auch ein fast schon grotesker Umsatzknick während der Corona-Pandemie. Denn wie sich den alten Berichten ebenfalls entnehmen lässt, sackten die Erträge 2020 um mehr als ein Drittel auf nur noch rund 34 Mio. Euro ab. Allerdings: Parallel senkte Auxmoney auch die Marketingausgaben, und zwar um 73%. Offenkundig fuhren die Rheinländer das Geschäft also für einige Monate regelrecht herunter, nur um es danach (zumal nach dem Einstieg des heutigen Mehrheitseigentümers Centerbridge im Herbst des gleichen Jahres) umso schwungvoller wieder anzuwerfen. So kam es 2021 nach Angaben Johnens beinahe zu einer Verdopplung der Umsätze auf 63 Mio. Euro und diesem Jahr nun zu dem schon erwähnten rund 50%-igen Anstieg auf fast 100 Mio. Euro.
Tatsächlich, sagt Johnen, sei man auch in den zurückliegenden Monaten angesichts der zunehmend düsteren Konjunkturaussichten „wieder ein Stück weit vom Gas gegangen“. Von einer Vollbremsung wie zu Pandemie-Zeiten kann allerdings diesmal keine Rede sein. Zumal ja auch Johnens Ankündigung, im kommenden Jahr „signifikant“ weiterzuwachsen, für eine robuste Geschäftsentwicklung spricht (auf eine Zahl will sich der Auxmoney-Chef nicht festlegen lassen. Wir würden aber vermuten, dass er mit „signifikant“ tendenziell eher 50% meint als, sagen wir, 5%). Vermutlich lässt sich die diesmal deutlich offensivere Gangart als noch vor 2020 vor allem mit zwei Faktoren erklären:
Zum eigenen Kreditmodell will Johnen zwar nicht viel mehr sagen, als dass ein elementarer Bestandteil des Scorings die „Digital Account Check“-Technologie (also der Abruf von Kontodaten des Antragstellers). Und: Der Auxmoney-Chef betont sogar ausdrücklich, die Schufa sei „ein sehr wichtiger Partner“. Im Markt gilt allerdings als offenes Geheimnis, dass das Fintech bei der Bonitätsbewertung ohne Schufa-Score auskommt, von der Wiesbadener Auskunftei also lediglich Rohdaten zur Anreicherung des eigenen Modells bezieht. Gerade dieser allem Anschein nach relativ hohe Grad an Scoring-Autonomie könnte Auxmoney auf Sicht zu einer Gefahr für die Banken machen.
Interessant auch: Die knapp 100 Mio. Euro Umsatz dürften auf einem Kreditvolumen im allenfalls mittleren einstellen Milliardenbereich beruhen (zum Bestand sagt Johnen nichts; das Neugeschäft liege dieses Jahr bei knapp 1 Mrd. Euro). Sprich: Die Margen erscheinen schon jetzt beachtlich, zumal wenn man bedenkt, dass Auxmoney bislang fast ausschließlich von Provisionen lebt. Und so klingt es nicht allzu dick aufgetragen, wenn Raffael Johnen sagt: „Unser Modell ist sehr, sehr gut skalierbar.“ 2022 hat Auxmoney zwar nochmal Verluste geschrieben. Es könnte aber, glaubt man dem CEO, das letzte Mal sein: „Im nächsten Jahr wollen wir zum ersten Mal Gewinn machen.“
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