Exklusiv

Fast 100 Mio. €: Auxmoney nennt erstmals Umsatz – und beginnt zu skalieren

Der Düsseldorfer Kredit-Marktplatz Auxmoney äußert sich eineinhalb Jahrzehnte nach der Gründung erstmals konkret zu seinen Geschäftszahlen. „Wir werden im laufenden Jahr annähernd 100 Mio. Euro Umsatz erwirtschaften“, sagte Gründer und CEO Raffael Johnen im Exklusiv-Gespräch mit Finanz-Szene und kündigte für 2023 „weiteres signifikantes Wachstum an“. Ohne den sich abzeichnenden Konjunktureinbruch hätte Auxmoney laut Johnen bereits in diesem Jahr einen neunstelligen Umsatz erreicht. Doch auch so liege die Zuwachsrate im Vergleich zum Vorjahr „bei rund 50%“. Höhere Kreditausfälle verzeichne man trotz der angespannten wirtschaftlichen Gesamtlage bislang keine.

Die Angaben Johnens sind in gleich mehrfacher Hinsicht bemerkenswert:

  1. Bislang kursierten im Markt nur grobe Vorstellungen zur Ertragskraft von Auxmoney; das Fintech selber gab sich immer auffallend bedeckt. Dass der Marketplace-Lender trotz drohender Rezession ausgerechnet jetzt konkrete Zahlen nennt, spricht für ein gewachsenes Selbstbewusstsein.
  2. Mit rund 100 Mio. Euro Umsatz gehört Auxmoney – auch das war nicht zwingend zu erwarten – zu den größten deutschen Fintechs. Deutlich über dieser Schwelle liegen (wenn man sich auf Fintechs aus dem Bankenbereich fokussiert) bislang überhaupt nur N26 (siehe hier) und das Vergleichsportal Smava (siehe hier) Die Solarisbank dürfte zwar in diesem Jahr auf angekündigte 120-140 Mio. Euro kommen – allerdings auch nur dank der Übernahme des britischen Wettbewerbers Contis, der schätzungsweise grob die Hälfte beisteuert. Bei Trade Republic (siehe hier) ist nicht sicher, ob die 100-Mio.-Euro-Grenze überhaupt schon geknackt wurde. Ansonsten ist unter den hiesigen Banking-Startups allenfalls dem Core-Banking-Anbieter Mambu (siehe hier) ein ähnlicher Umsatz zuzutrauen (wobei Auxmoney seinen Umsatz quasi komplett in Deutschland erwirtschaftet, während das hiesige Geschäft bei Mambu nur einen geringen Teil zu den Erträgen beisteuert).
  3. Obwohl Auxmoney in einem ähnlichen Geschäftsfeld wie Smava (oder auch Check24) unterwegs ist, vergleichen die Düsseldorfer keine Kredite – sondern stellen sie sozusagen selber her. Damit dürften die Umsätze auf einer ungleich tieferen Wertschöpfungskette basieren als bei den genannten Konkurrenten.

Der Unterschied zu Kreditech & Co.: Auxmoney macht langsam

Gerade dieser dritte und letzte Aspekt macht das Auxmoney-Modell interessant. Denn erfolgreiche Fintechs mit eigener Kredit- und Scoring-Kompetenz sind nicht nur hierzulande, sondern auch im globalen Maßstab bislang die Ausnahme. Zur Erinnerung: Das auf hochverzinsliche Konsumentenkredite spezialisierte Hamburger Finanz-Startup Kreditech (das sich irgendwann in Monedo umbenannte) war zwar jahrelang das umsatzstärkste deutsche Fintech – kämpfte aber stets mit üppigsten Ausfallraten und implodierte in der Corona-Krise endgültig.

Auch einstmals hochgewettete angelsächsische Marketplace-Lender wie Lending Club in den USA oder Funding Circle in Großbritannien konnten die in sie gesetzten Erwartungen nie erfüllen. Den Ausflug in den deutschen Markt zum Beispiel brach Funding Circle Anfang 2020 ab; die Kreditausfälle waren einfach zu hoch.

Im Vergleich dazu fällt auf, dass Auxmoney jahrelang eher unterdurchschnittlich gewachsen ist. So geht aus alten Geschäftsberichten hervor (die Konvolute wurden vergangene Woche nach jahrelanger Verzögerung endlich im Bundesanzeiger offengelegt): Obwohl die Rheinländer bereits 2007 gestartet sind, kamen sie 2017 später erst auf 28 Mio. Euro Umsatz. Zur Einordnung: Die später implodierte Hamburger Kreditech (2012 gelauncht) erreichte im gleichen Jahr rund 72 Mio. Euro. Es sieht also so aus, als hätte sich Auxmoney mit der Weiterentwicklung des eigenen Kreditmodells extrem viel Zeit gelassen und statt hoher Ausfälle lieber ein behäbiges Wachstum in Kauf genommen.

Zu dieser These passt auch ein fast schon grotesker Umsatzknick während der Corona-Pandemie. Denn wie sich den alten Berichten ebenfalls entnehmen lässt, sackten die Erträge 2020 um mehr als ein Drittel auf nur noch rund 34 Mio. Euro ab. Allerdings: Parallel senkte Auxmoney auch die Marketingausgaben, und zwar um 73%. Offenkundig fuhren die Rheinländer das Geschäft also für einige Monate regelrecht herunter, nur um es danach (zumal nach dem Einstieg des heutigen Mehrheitseigentümers Centerbridge im Herbst des gleichen Jahres) umso schwungvoller wieder anzuwerfen. So kam es 2021 nach Angaben Johnens beinahe zu einer Verdopplung der Umsätze auf  63 Mio. Euro und diesem Jahr nun zu dem schon erwähnten rund 50%-igen Anstieg auf fast 100 Mio. Euro.

Es sieht so aus, als begänne das Modell jetzt zu skalieren

Tatsächlich, sagt Johnen, sei man auch in den zurückliegenden Monaten angesichts der zunehmend düsteren Konjunkturaussichten „wieder ein Stück weit vom Gas gegangen“. Von einer Vollbremsung wie zu Pandemie-Zeiten kann allerdings diesmal keine Rede sein. Zumal ja auch Johnens Ankündigung, im kommenden Jahr „signifikant“ weiterzuwachsen, für eine robuste Geschäftsentwicklung spricht (auf eine Zahl will sich der Auxmoney-Chef nicht festlegen lassen. Wir würden aber vermuten, dass er mit „signifikant“ tendenziell eher 50% meint als, sagen wir, 5%). Vermutlich lässt sich die diesmal deutlich offensivere Gangart als noch vor 2020 vor allem mit zwei Faktoren erklären:

  • Seit dem Einstieg von Centerbridge investiert Auxmoney über eine in Irland ansässige Schwestergesellschaft (die Holding übrigens sitzt mittlerweile auch in Irland, aber das ist ein anderes Thema) auch selber in die Kredite auf der eigenen Plattform. Auxmoney schiebt das eigene Geschäft also selbst mit an – und da die irische Gesellschaft tendenziell (würden wir jedenfalls vermuten) die eher riskanteren Tranchen übernimmt, sendet man an externe Investoren klare Signale, dass die Ausfallraten auf der Plattform trotz Wirtschaftskrise kontrollierbar sein dürften …
  • … Ob das wirklich so ist? Das wird sich zeigen. Allem Anschein nach halten Centerbridge und die externen Plattform-Investoren (darunter inzwischen auch große Banken und Versicherer) das Kreditmodell von Auxmoney aber für mittlerweile derart ausgereift, dass das Neugeschäft trotz aufziehender Rezession weiterhin forciert wird.

Zum eigenen Kreditmodell will Johnen zwar nicht viel mehr sagen, als dass ein elementarer Bestandteil des Scorings die „Digital Account Check“-Technologie (also der Abruf von Kontodaten des Antragstellers). Und: Der Auxmoney-Chef betont sogar ausdrücklich, die Schufa sei „ein sehr wichtiger Partner“. Im Markt gilt allerdings als offenes Geheimnis, dass das Fintech bei der Bonitätsbewertung ohne Schufa-Score auskommt, von der Wiesbadener Auskunftei also lediglich Rohdaten zur Anreicherung des eigenen Modells bezieht. Gerade dieser allem Anschein nach relativ hohe Grad an Scoring-Autonomie könnte Auxmoney auf Sicht zu einer Gefahr für die Banken machen.

Interessant auch: Die knapp 100 Mio. Euro Umsatz dürften auf einem Kreditvolumen im allenfalls mittleren einstellen Milliardenbereich beruhen (zum Bestand sagt Johnen nichts; das Neugeschäft liege dieses Jahr bei knapp 1 Mrd. Euro). Sprich: Die Margen erscheinen schon jetzt beachtlich, zumal wenn man bedenkt, dass Auxmoney bislang fast ausschließlich von Provisionen lebt. Und so klingt es nicht allzu dick aufgetragen, wenn Raffael Johnen sagt: „Unser Modell ist sehr, sehr gut skalierbar.“ 2022 hat Auxmoney zwar nochmal Verluste geschrieben. Es könnte aber, glaubt man dem CEO, das letzte Mal sein: „Im nächsten Jahr wollen wir zum ersten Mal Gewinn machen.“

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