von Heinz-Roger Dohms und Christian Kirchner, 29. August 2023
In unserem Fintech-Ticker halten wir Sie über die (vor allem deutschen) Finanz-Startups auf dem Laufenden.
Hier unser Ticker mit sämtlichen Meldungen aus dem August:
–––––
Das auf Ärzte, Juristen und sonstige Kammerberufler spezialisierte Frankfurter Kredit-Fintech Captiq hat eine spektakuläre Funding-Zusage von der österreichischen Anadi Bank erhalten. Die einstige Hypo Group Alpe Adria (die sich nach Umbenennung und Neustart auf digitale Geschäftsmodelle fokussiert) stellt der erst 2021 gestarteten Plattform „ein Refinanzierungs-Kontingent von bis zu 150 Mio. Euro zur Verfügung“, wie es in einer am Dienstag verbreiteten Mitteilung heißt. Auf Nachfrage von Finanz-Szene unterstreicht Captiq-Chef Lorenz Beimler, dass das Commitment der Anadi Bank trotz der weichen Formulierung („bis zu“) „absolut reell“ sei. Heißt konkret, man habe sich zum Ziel gesetzt, das Kontingent in maximal 24 Monaten auszuschöpfen, so Beimler – der betont, dass die Anadi Bank das nötige Eigenkapital, um die 150 Mio. Euro zu unterlegen, bereits „reserviert“ habe. Soll heißen: Wir haben es hier nicht nur mit einer grellen Ankündigung zu tun. Sportlich ist die Nummer natürlich trotzdem. Schließlich wurden seit dem Start von Captiq vor zwei Jahren erst rund 17 Mio. Euro über die Plattform verliehen. So räumt Beimler denn auch ein, dass sein Unternehmen möglichst bald auch frische Eigenmittel benötigen dürfte, um Marketing, Vertrieb usw. auszubauen (und das große Rad überhaupt drehen zu können). Zu Jahresbeginn hatten die Frankfurter eine Runde „im hohen sechsstelligen Bereich“ verkündet. Aktuell befinde man sich wieder im Funding, so Beimler. Die Runde soll merklich größer werden.
––––––––––––––––––
Bei Compeon und Optiopay gehen die Gründer. Und 50 weitere Köpfe-News
… wer hinter dem neuen Online-Broker Traders Place steht, der seinen Sitz im bayerischen Freilassing hat und dieser Tage mit erstaunlichem Selbstverständnis („Traders Place hebt Wertpapierhandel auf neues Level“) seinen Launch verkündet hat? Also, kurz gesagt: 20% gehören dem Gründungs-CEO Ernst Huber. Und die übrigen 80%? Liegen bei der Bank Burgenland, einem hierzulande kaum bekannten österreichischen Geldinstitut, das zum Grazer Versicherungskonzern Grawe gehört und zuletzt auf eine Bilanzsumme von 4,8 Mrd. Euro kam – in etwa das Niveau der Sparkasse Langen-Seligenstadt. Was ausgerechnet diese Bank dazu prädestiniert, einen Neobroker zu bauen, der den Trade Republics, Scalable Capitals und FlatexDegiros die Kunden abjagt, entzieht sich zwar unserer Kenntnis. Aber das muss ja nichts heißen.
Was der M&A-Deal von Auxmoney über die großen Ambitionen des Fintechs verrät
… dass sich Fincite – also das mutmaßlich erfolgreichste Frankfurter B2B-Fintech – erstmals für externe Investoren geöffnet hat (und zwar schon vor einigen Monaten, auch wenn wir es abstiegsverdächtigerweise jetzt erst mitbekommen haben)? Konkret hält der hierzulande auch bei Captiq und Evergreen engagierte US-Investor Zais Group jetzt gut 10% an dem Wealth-Tech-Spezialisten. Weitere 4% liegen bei einem schwäbischen Family Office, wobei besagte Familie mit dem Gründer des besagten US-Investors irgendwie entfernt verschwippschwägert zu sein scheint. Daneben sind in geringerem Umfang auch Peter Schwicht (also der frühere J.P.-Morgan-Manager) und Dietrich Voigtländer (also der frühere WestLB-Manager) bei Fincite eingestiegen.
Showdown bei Creditshelf – deutliche Risse im Elgeti-Imperium
Das eigentlich auf Endverbraucher fokussierte Vergleichsportal Check24 tastet sich zaghaft ins unterste KMU-Segment vor. Zwar bieten die Münchner schon länger einen „Kreditvergleich für Selbständige und Freiberufler“ an. De facto handelt es sich bei den vermittelten Darlehen allerdings um Konsumentenkredite. Nun indes nimmt der Vergleichsriese nach Informationen von Finanz-Szene erstmals auch einen spezialisierten KMU-Kreditanbieter ins Sortiment auf – nämlich das deutsch-britische Fintech Iwoca.
Wie digitale Kreditsachbearbeitung das Baufi-Geschäft stützt: In der privaten Baufinanzierung nehmen Kreditplattformen wie Hypoport oder Interhyp eine immer stärkere Rolle ein. Dabei handelt es sich um ein weitgehend standardisiertes Geschäft– wären da nicht die nachgelagerten Prozesse, die bei vielen Banken noch nicht wirklich digitalisiert sind. Was lässt sich tun, um die Kreditsachbearbeitung effizienter aufzustellen? Eine Reihe von Handlungsempfehlungen: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Vermutlich haben wir es mit einer bloßen Koinzidenz zu tun. Und natürlich muss man die persönlichen Umstände berücksichtigen. Der eine (so klingt es jedenfalls) will sich persönlich noch mehr verwirklichen als ohnehin schon. Und die andere (würden wir mal vermuten) geht auch deshalb, weil sie bei ihrem neuen Arbeitgeber auf ihren früheren Chef trifft. Trotzdem fällt auf, dass innerhalb von nicht mal 48 Stunden nun gleich zwei Fälle publik werden, in denen ein während des H2/2021-Booms mit erheblicher medialer Anteilnahme verpflichteter Fintech-Kopf den Exit gesucht hat. Erst Georg Hauer, COO von Hawk AI (siehe unser gestriger Newsletter). Und nun Linda Urban, Managing Director von Liqid. Sie wechselt nach unseren Informationen zur Apobank, wo sie künftig für das Controlling nicht-finanzieller Risiken verantwortlich zeichnet – und auf CEO Matthias Schellenberg trifft, mit dem sie 2019/2020 schon gemeinsam bei Merck Finck gearbeitet hat.
… dass der frühere Deutschland-Chef von N26, Georg Hauer, das Fintech, für das er N26 vor zwei Jahren verlassen hat, nun auch schon wieder verlässt? Zur Erinnerung: Hauer heuerte damals beim Münchner AML-Fintech Hawk AI an (siehe hier). Und zwar nicht nur als COO/CFO. Sondern auch als Gesellschafter, der dem Vernehmen nach eine sechsstellige Summe investierte. Gestern nun der überraschende Abschied. Weil er „eine zwölfmonatige Auszeit von seinen Corporate-Aufgaben“ nehmen wolle, um sich „auf persönliche und unternehmerische Projekte zu konzentrieren“. Verstehe einer die jungen Leute.
Der zweitgrößte deutsche Baufi-Vermittler Hypoport hat am späten Montagabend seine Prognose fürs laufende Geschäftsjahr gekappt. Der Umsatz wird demnach um bis zu 15% fallen (bislang war Hypoport von 10% ausgegangen), das Konzern-Ebit bei „mindestens 10 Mio. Euro“ liegen (statt bislang prognostizierter rund 17,5 Mio. Euro). Bezogen aufs zweite Quartal stimmte Hypoport seine Aktionäre sogar auf ein negatives Ebit in Höhe von 2,5 Mio. Euro ein. Verantwortlich für die Gewinnwarnung ist nicht die eigentliche Kredit-Vermittlung (via Europace, Finmas und Genopace) – sondern das Segment „Immobilien-Plattform“, zu dem u.a. der Bewertungs-Spezialist Value AG sowie die wohnungswirtschaftlichen Aktivitäten der Gruppe gehören. Die Hypoport-Aktie krachte im nachbörslichen Handel um 9,8% auf 170,40 Euro.
CFOs wechseln wie wild. Und der KMU-Kreditmarkt teilt sich. Alle Fintech-News aus dem Juli
Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.
Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!