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Fast 100 Mio. € Umsatz! Hier kommen frische Zahlen von Trade Republic

Nun gibt es ja kaum ein Fintech da draußen, über das wir so viele (natürlich immer fundierte!) Spekulationen anstellen wie über Trade Republic. Etwa wenn es um die Ratio hinter den neuen 2%-Kampfzinsen geht (siehe hier). Aber vor allem, wenn darum geht, wie es um die Ertragslage bei dem Berliner Neobroker denn nun wirklich bestellt ist. 75 Mio. und 100 Mio. Euro Umsatz hatten wir für das Geschäftsjahr 2020/21 dereinst mal geschätzt. Und nun? Gibt der frisch publizierte Geschäftsbericht in der Sache Gewissheit: Trade Republic ist tatsächlich so stark wie vermutet. Hier das Zahlenwerk:

1.) Wie sieht’s mit der Ertragslage aus?

So:

in tausend Euro 2020 * 2021 * Delta Delta in %
Negative Zinserträge 0 -4.880 -4.880
Zinsaufwendungen -1.260 -17 1.243 – 99%
Provisionserträge 26.844 94.014 67.170 + 250%
Provisionsaufwendungen -9.514 -19.322 -9.808 + 103%
Sonstige betriebliche Erträge 45 1.525 1.480 + 3289%
Allg. Verwaltungsaufwendungen -29.573 -118.572 -88.999 + 301%
Abschreibungen -530 -712 -182 + 34%
Sonstige betriebl. Aufwendungen -583 -2.473 -1.890 + 324%
Erg. Norm.  Geschäftstätigkeit -14.572 -50.437 -35.865 + 246%
Steuern 4.396 15.217 10.821 + 246%
Jahresfehlbetrag -10.176 -35.220 -25.044 + 246%

* jeweils per Geschäftsjahresende 30.9.

2.) Wie sind die Zahlen zu bewerten?

Im November 2021 stellten wir die tendenziell bullische Prognose auf, dass Trade Republic im Geschäftsjahr 2020/21 zwischen 75 Mio. und 100 Mio. Euro umgesetzt haben könnte. Mit Provisionserträgen von 94 Mio. Euro (und ein paar sonstigen betrieblichen Erträgen on top) sind die Berliner nun also am oberen Ende der Spanne ausgekommen – imposant. Die Steigerung der Provisionserträge um ziemlich exakt 250% zeugt von einer Dynamik, wie sie zuletzt bei keinem anderen deutsches Fintech zu beobachten war.


3.) Wie viel Umsatz macht Trade Republic pro Kunde?

Zur Kundenzahl äußert sich der Abschluss nicht. Aus Verlautbarungen des Unternehmens lässt sich allerdings schließen, dass Trade Republic im Jahresmittel auf knapp 1 Mio. Kunden gekommen sein dürfte. Daraus ergäben sich Erlöse von rund 100 Euro pro Kunde – was wir so ungefähr auch schon für das Geschäftsjahr 19/20 errechnet hatten.


4.) Wie viel kostet Trade Republic ein akquirierter Kunde?

Dazu lässt sich keine belastbare Aussage treffen. Aber trotzdem mal ein bis zwei Gedanken hierzu:

Bei den „anderen Verwaltungsaufwendungen“ in Höhe von knapp 94 Mio. Euro handelt es sich dem Abschluss zufolge „im Wesentlichen um Aufwendungen für Marketing, Mieten, Softwaredienstleistungen sowie für Rechts- und Beratungsleistungen“ (wobei an einer anderen Stelle auch von Kosten für „Markterschließung“ die Rede ist, womit die Expansion in den österreichischen sowie den französischen Markt gemeint sein dürfte). Geht man davon aus, dass Trade Republic im Geschäftsjahr 2020/21 sehr grob geschätzt 750.000 Kunden gewonnen hat, veranschlagt man einfach mal die Hälfte der „anderen Verwaltungsaufwendungen“ (also 47 Mio. Euro) für Marketing – dann ergäben sich Akquisekosten von 63 Euro pro Kunde. Mag sein, dass es in Wirklichkeit ein bisschen weniger oder ein bisschen mehr war. Zwei Aussagen allerdings dürften sich treffen lassen: Ganz so billig wie im Jahr zuvor (da hatten wir einen groben Wert von 40 Euro errechnet) dürfte Trade Republic seine Kunden in 2020/21 nicht mehr gewonnen haben. Trotzdem dürften die Berliner weiterhin höhere Erlöse pro Kunde erwirtschaftet haben (siehe oben die 100 Euro), als die Akquise eines neuen Kunden verschlungen hat.


5.) Wie stand Trade Republic im Vergleich zu Flatex da?

Aus den Quartalsberichten lässt sich errechnen, dass FlatexDegiro zwischen Oktober 2020 und September 2021 auf Umsätze von 411 Mio. Euro kam – also immer noch gut das Vierfache von Trade Republic.

Bei der Anzahl der Trades dürfte sich der Abstand derweil signifikant verringert haben. Zwar lässt sich bei Trade Republic durch die Erweiterung der Produktpalette (z.B. Krypto im April 2021) nicht mehr ganz so leicht von den Provisionserträgen auf die Transaktionen schließen. Ursprünglich allerdings galt mal: Die Berliner setzen pro Trade irgendwas zwischen 2,25 Euro und 2,50 Euro um. Bezogen auf die Provisionserträge von 94 Mio. Euro ergäbe das knapp 40 Mio. Trades. Das hieße, Flatex wäre mit seinen 92 Mio. Trades im identischen Zeitraum noch grob 2,5-mal so groß gewesen wie Trade Republic


6.) Wie stand Trade Republic im Vergleich zu N26 da?

Das ist zwar ein bisschen Äpfel mit Birnen, da wir hier 1.) einen Neobroker mit einer Neobank vergleichen, 2.) der betrachtete Zeitraum nur zu drei Vierteln identisch ist und 3.) N26 ein paar Jahre früher gestartet ist als Trade Republic – aber sei’s drum:

Trade Republic (2020/21) N26 (2021)
Bruttoerträge* 96 182
Verwaltungskosten 119 270
Jahresfehlbetrag 35 172

* Zinserträge + Provisionserträge + Sonstige betriebliche Erträge


7.) Was sagt der Geschäftsbericht über die Entwicklung in 2021/22?

Nicht konkretes, so weit wir das beim Überfliegen feststellen konnten. Allerdings: Die Berechnungen, die der M.M.-Warburg-Analyst Marius Fuhrberg vor einigen Wochen zum Status quo von Trade Republic anstellte, gewinnen vor dem Hintergrund der jetzt offengelegten 2021er-Zahlen deutlich an Plausibilität. Darum verweisen wir einfach noch mal auf unseren diesbezüglichen Artikel:

Zehn (teils wilde) Thesen zur operativen Entwicklung von Trade Republic

 

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