von Christian Kirchner, 13. Mai 2025
Es ist Dienstag, der 18. März, kurz vor 19 Uhr, als Max Willen, Legal Counsel von Trade Republic, seine E-Mail an die „Dear Shareholders“ versendet. Betreffzeile: „Please read: Trade Republic – Extraordinary shareholders resolution 03/2025″. Anlagen: „Einberufung außerordentlichen Gesellschafterversammlung – Hurdle Ill.pdf. “ Nach kurzer Floskel („I hope this email finds you well“) kommt Willen gleich zur Sache, denn offenbar ist der Empfängerkreis bereits im Bilde. Übersetzt auf Deutsch: „Wie die meisten von Euch wissen dürften, hat das Board entschieden, ein neues Incentivierungs-Programm für Christian und Thomas aufzulegen“ – also für Christian Hecker, den CEO von Trade Republic, sowie für Thomas Pischke, einen der Mitgründer.
Es gehe darum, fährt der Rechtsberater fort, für das Duo einen Anreiz zu schaffen, Trade Republic als „Führungsfiguren“ weiterhin mit derselben „Hingabe“ zu führen, die das Unternehmen „dahin gebracht hat, wo es heute steht“. Und, äh, wie? Ahhhhhh!, mit Geld. Oder genauer: Mit Anteilen, sogenannten „Hurdle Shares“. Das sind Anteile, die nicht direkt an die Begünstigten gehen, sondern an eine Kommanditgesellschaft und dann erst unter bestimmten Bedingungen weitergereicht werden.
In der Startup-Welt sind „Hurdle Shares“ ein gängiges Mittel, um Gründer bei Laune zu – so gesehen also keine ungewöhnliche Transaktion. Was allerdings sehr wohl ungewöhnlich ist, das sind die Dimensionen, um die es in diesem Fall geht. Denn die Eigentümer von Trade Republic, sie gewähren den beiden Mitgründern laut exklusiven Finanz-Szene-Informationen nicht weniger als einen Wahnsinns-Deal.
Konkret sieht das Ganze so aus, dass Trade Republic seine Kapitalbasis per Ende März um rund 8% erhöht hat. Bis dahin hatte der Berliner Neobroker 451.887 Anteile ausstehen. Seither sind es 492.090 Anteile, also 40.203 Anteile mehr. Die neu geschaffenen Anteile liegen nun erst einmal bei einer ebenfalls neu aufgesetzten Zweckgesellschaft namens „TR BR19 UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG“ – bei deren Kommanditisten es sich wiederum neben der Bank selbst um Christian Hecker und Thomas Pischke handelt. Heißt: Treten in der Zukunft bestimmte Trigger-Events ein (erreicht Trade Republic also vorgegebene Zielmarken), dann wandern entsprechend Anteile aus der Zweckgesellschaft in den Besitz der beiden Gründer bzw. ihrer jeweiligen Beteiligungsgesellschaften.
Welche Zielmarken das genau sind – das ist unklar (uns jedenfalls). Trotzdem kann man sich dem mutmaßlichen potenziellen Wert des Anteilspakets rechnerisch zumindest grob nähern. Bekannt ist: Bei der bislang letzten großen Finanzierungsrunde im Juni 2022 wurde Trade Republic mit rund 5 Mrd. Euro bewertet. Und seitdem: Hat sich die Kundenzahl grob vervierfacht (auf zuletzt rund 8 Mio. Kunden) und sind die Erträge nach allem, was man weiß bzw. vermutet, mindestens mal genau so kräftig gestiegen. Das heißt nicht zwingend, dass Trade Republic heute mehr wert ist als vor drei Jahren. Plausibel wäre es allerdings schon. Doch selbst wenn man die mittlerweile drei Jahre alte Bewertung zugrunde legt, hätten die neuen Anteile einen theoretischen Wert von rund 400 Mio. Euro (wobei, nochmal, es lediglich um die Beteiligung am künftigen Unternehmenserfolg geht).
Das ist satt. Aber auch begründbar. Denn zum einen dürfte Trade Republic (auch wenn man das bei N26 nicht so gern hört) mittlerweile das wertvollste deutsche Fintech sein, und das ist nun mal in erster Linie der Verdienst der Gründer. Und zum anderen – sind die ursprünglichen Anteile der Co-Founder über die Jahre stark verwässert. So liegen bei den jeweiligen Beteiligungs-Gesellschaften von Christian Hecker und Thomas Pischke nur noch jeweils 2,6% der Anteile. Beim dritten Gründer wiederum, Marco Cancellieri (der nicht im Vorstand sitzt, als „Head of Mobile“ agiert und in dem neuen Programm nicht erwähnt wird), sind es 1,5%. Hintergrund der starken Verwässerung: Schon in der Frühphase ab 2015 (also bevor es so richtig losging mit Trade Republic) hatten Hecker und Co. mehr als Hälfte des Unternehmens abgegeben.
Wie es aussieht, wollen die heutigen Eigentümer die damaligen Verwässerungen also sozusagen nachträglich heilen. Denn tatsächlich ist der aktuelle „Hurdles Share“-Deal nicht die erste Maßnahme dieser Art, wie die Recherchen von Finanz-Szene zeigen. So wurde bereits 2020 ein ähnliches Beteiligungsvehikel namens „TR HU60 UG & Co. KG“ geschaffen, deren heutiger Anteil 3,5% beträgt. 2022 wurde dann ein weiteres „Hurdle“-Konstrukt aufgesetzt, diesmal mithilfe der „TK K040 UG & Co. KG“ (heutiger Anteil: 5,1%). Ansonsten dominieren das über 41 Investoren gestreute „Cap Table“ weiterhin die Private-Equity- bzw. Venture-Capital-Investoren Creandum, Founders Fund, Accel und Project A Ventures.
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